Midkemia Saga 04 - Dunkel über Sethanon
In gewisser Weise haben sie mich zu ihrem Werkzeug gemacht, ich weiß nur nicht, zu welchen Zweck.«
»Aber wahrscheinlich vermutest du doch irgend etwas?«
»Ja, nur werde ich diese Vermutungen mit niemandem teilen, auch nicht mit dir, solange ich mir nicht vollkommen sicher bin.
Ich habe viel gelernt, doch ich muß noch mehr lernen. Eins ist klar - und das ist das dritte, was ich in Elvardein erfahren habe -, beide Welten stehen der größten Bedrohung seit den Chaoskriegen gegenüber.« Pug erhob sich und sah Tomas in die Augen. »Wir müssen aufbrechen.«
»Aufbrechen? Wohin?«
»All das wird sich schon finden. Wir sind schlecht gerüstet, um in den Kampf einzugreifen. Wir wissen wenig, und es ist schwierig, mehr zu erfahren. Also müssen wir aufbrechen und nach neuem Wissen suchen. Und du mußt mit mir kommen. Sofort.«
»Wohin?«
»Dorthin, wo wir vielleicht etwas erfahren können, das uns einen Vorteil bringt: zum Orakel von Aal.«
Tomas studierte Pugs Gesicht. In den ganzen Jahren, die sie sich schon kannten, hatte er den jungen Magier nie so ernst gesehen. Leise fragte Tomas: »Zu anderen Welten?«
»Deshalb brauche ich dich. Deine Künste sind mir fremd. Ich kann einen Spalt nach Kelewan bewerkstelligen, doch keine Reise zu Welten, die ich nur aus jahrtausendealten Büchern kenne ... Nur wir beide zusammen haben eine Chance. Hilfst du mir?«
»Natürlich. Ich muß nur mit Aglaranna sprechen -«
»Nein.« Pug klang, als dulde er keinen Widerspruch. »Ich habe meine Gründe dafür. Vor allem einen: Hinter alldem vermute ich etwas weit Bedrohlicheres, als wir uns vorstellen können. Und wenn ich mit dieser Vermutung richtig liege, darf niemand außer uns beiden wissen, was wir unternehmen. Sollten wir das Wissen um unsere Suche mit einem dritten teilen, könnte das den Ruin von allem bedeuten. Diejenigen, die du beruhigen möchtest, würden dabei nur vernichtet. Es ist besser, wenn du sie eine Zeitlang im Ungewissen läßt.«
Tomas dachte über das nach, was Pug gesagt hatte. Eins wußte der Junge aus Crydee, der zum Valheru geworden war: In diesem Moment sprach er mit einem der wenigen Lebewesen dieses Universums, denen er voll und ganz vertrauen konnte. »Ich begrüße das zwar nicht, doch ich nehme deine Bedingung an. Wie wird es nun weitergehen?«
»Um den Kosmos oder sogar den Strom der Zeit zu durchqueren, brauchen wir ein Reittier, welches nur du beherrschen kannst.«
Tomas sah zur Seite und starrte in die Dunkelheit. »Es sind ... Zeitalter vergangen. Wie die früheren Diener des Valheru, von denen du gerade erzählt hast, sind auch die anderen während der Jahrhunderte eigenwilliger geworden und werden den Dienst womöglich verweigern.« Er dachte nach und erinnerte sich an Bilder lange vergangener Zeiten. »Dennoch werde ich es versuchen.«
Tomas stellte sich in die Mitte der Lichtung, Schloß die Augen und erhob die Arme weit über den Kopf. Pug sah ihm schweigend zu. Eine Weile lang bewegten sich die beiden Männer nicht. Dann wandte sich der Jüngere in Weiß und Gold an Pug. »Eine einzige Antwort, aus großer Entfernung. Doch sie kommt mit großer Geschwindigkeit näher. Bald.«
Die Zeit verstrich, die Sterne über ihren Köpfen folgten ihren Bahnen. Dann ließen sich aus der Ferne mächtige Flügelschläge vernehmen. Bald war das Geräusch lauter als das Rauschen des Windes, und vor den Sternen zeichnete sich ein gigantischer Schatten ab.
Auf der Lichtung landete eine mächtige Gestalt. Ungeachtet ihrer Größe kam sie dem Boden schnell und geschickt näher. Die Flügel waren zu jeder Seite mehr als dreißig Meter ausgebreitet, und der Koloß, größer als jede andere Kreatur auf Midkemia, setzte sanft auf. Das silberne Mondlicht tanzte funkelnd über die goldenen Schuppen, als sich der Große Drache auf der Erde niederließ. Ein Kopf, so groß wie ein Wagen, senkte sich zu den Menschen herab. Riesige rubinrote Augen starrten sie an. Und dann sprach die Kreatur.
»Wer ist es, der es wägt, mich zu rufen?«
Tomas antwortete: »Ich, der ich einst Ashen-Shugar war.«
Die Kreatur zeigte deutlich, was sie empfand: eine Mischung aus Verwirrung und Neugier. »Glaubet Ihr denn, Ihr könntet mir Befehle erteilen, wie Ihr einst meinen Ahnen Befehle erteilt habt? So nehmet denn zur Kenntnis, wir, die wir vom Geschlecht der Drachen sind, haben an Macht und Geschick gewonnen. So sollen wir niemals mehr einem Meister dienen. Tretet Ihr dem entgegen, und wollt Ihr diesen Satz
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