Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
und entdeckte einige weitere Wachen, die jene anhielten, welche versuchten, die Straße zu überqueren. »Auf dieser Straße ist ein bißchen zuviel los. Laßt uns sehen, ob wir einen anderen Weg finden.«
Ghuda folgte dem Prinzen und fragte: »Einen anderen Weg wohin?«
»Du wirst schon sehen«, erwiderte Borric.
»Ich hab befürchtet, du würdest genau das sagen«, antwortete Ghuda.
Borric ging am Rand der Prachtstraße entlang, die das riesige Plateau begrenzte, welches diesen Teil der Stadt schon ein paar Stunden nach Mittag in Dämmerung legte. Dort, wo die nächste Querstraße auf die Prachtstraße traf, fand Borric das, wonach er gesucht hatte. »Da!« sagte er und deutete mit dem Kopf darauf.
»Was?« fragte Ghuda.
»Dahinten, auf der anderen Seite, Krieger«, antwortete Nakor.
»Kannst du es nicht sehen?«
Auf der anderen Seite gab es einen offenen Eingang in das Plateau, vor dem keine Wachen standen, in den jedoch mehrere Diener hineineilten. Borric blickte sich in beide Richtungen um, dann duckte er sich unter dem Seil hindurch. Er eilte quer über die Straße, erwartete, angerufen zu werden, doch sein dunkler Harnisch mußte die anderen Soldaten, die sich einen halben Block entfernt befanden, davon überzeugt haben, er sei einer der ihren. Seine Gefährten waren nur einen Schritt hinter ihm, und es sah aus, als würde er sie eskortieren.
Sie betraten den riesigen Eingang und sahen vor sich eine Rampe, die in die Dunkelheit führte; vielleicht alle dreißig Meter war an den Wänden eine Fackel befestigt. Ghuda fragte: »Was machen wir jetzt?«
»Wir gehen in den Palast«, erwiderte der Prinz.
»Und wie machen wir das?« fragte Ghuda weiter.
»Ich komme mir wie ein Idiot vor, weil ich daran nicht schon früher gedacht habe. Folgt mir einfach, und was auch immer ihr macht, tut so, als wüßtet ihr genau, wo wir hingehen. Denn eine Sache weiß ich über diesen Palast und seine Diener: Diener wollen nichts wissen. Und das schließt sogar die Wachen ein.«
Er sah in einen Seitengang hinein, der sich vielleicht ein Stockwerk über dem Eingang befand, entdeckte jedoch niemanden.
»Wenn man sich irgendwo aufhält, wo man nicht hingehört, dann glotzt man dumm in der Gegend rum und sucht nach diesem oder jenem Weg, und für jemanden, der dazugehört, sieht man wie ein Fremder aus. Wenn man allerdings die Augen geradeaus richtet, aufrecht und zielstrebig geht, werden die Diener und Wachen annehmen, man wüßte, wo man hin will. Dann wird man von ihnen nicht angehalten und ausgefragt, weil ihnen ihr Instinkt sagt, man wäre in Ordnung; sie wollen schließlich keine Strafe riskieren, weil sie jemanden behindern, der dort ist, wo er hingehört.
Vor Offizieren und kleinen Beamten müßt ihr euch allerdings in acht nehmen. Die Offiziere halten wahrscheinlich jeden an, den sie nicht kennen – obwohl das, wo sich hier im Moment mehrere tausend Fremde aufhalten, doch wieder eher unwahrscheinlich ist.
Was uns gefährlich werden könnte, ist ein kleiner Beamter, der zu sehr von sich eingenommen ist und unbedingt beweisen will, wie wichtig er ist.«
Ghuda sagte: »Hört sich richtig gut an, Verrückter. Aber das tat die Idee mit den Dieben auch.«
Borric blieb stehen: »Sieh mal, ich bin jetzt im Palast, und wenn du so viel Angst hast, nach allem, was wir schon durchgemacht haben, warum gehst du dann nicht einfach zurück?«
Ghuda schien darüber einen Moment lang nachzudenken. »Ich habe sowohl die Innere Legion als auch die Diebe von Kesh auf dem Hals, und das habe ich dir zu verdanken, Verrückter. Ich bin soviel wie eine wandelnde Leiche. Also kann ich zurückgehen und warten, bis mich jemand entdeckt, oder ich kann mich auch hier schnappen lassen. Aber falls das Unmögliche eintreffen sollte und du noch etwas Richtiges machen solltest, könnte ich sogar überleben und mein Geld bekommen. Und genau deshalb bin ich immer noch hier.«
Borric sah sich um und blickte in den unterirdischen Gang zurück, als er den Hall entfernter Schritte hörte, die auf sie zukamen. »Suli?
Willst du uns lieber verlassen?«
Der Junge hatte Angst, aber er schüttelte den Kopf. »Ihr seid mein Meister, und ich bin Euer Diener. Ich werde mit Euch gehen.«
Borric legte dem Jungen die Hand auf die Schulter, dann sah er Nakor an. »Und was ist mit dir, Zauberer?«
Nakor grinste noch breiter als vorher schon. »Spaß.«
Ghuda blickte in Richtung Himmel und formte mit den Lippen das Wort »Spaß«, sagte es jedoch nicht
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