Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
zu und bewegte sich gleichmäßigen Schritts weiter, vermied aber jede Eile, die nur die Aufmerksamkeit auf sie ziehen würde. Für alle Wachen wäre er nur ein Seemann, der mit einem Jungen spricht.
Und dann kamen tatsächlich zwei Wachen um eine Ecke und näherten sich ihnen. Augenblicklich sagte Suli: »Nein. Du hast gesagt, ich würde bei dieser Reise meinen vollen Anteil bekommen. Ich bin schon erwachsen. Schließlich muß ich auch die Arbeit eines Erwachsenen machen! Was kann ich dafür, wenn die Netze kaputtgehen? Das war Rastas Schuld. Er war betrunken –«
Borric zögerte nur einen Moment, dann erwiderte er mit barscher Stimme: »Ich hab gesagt, ich würde drüber nachdenken. Hält’s Maul, oder ich laß dich hier stehen, ob du mein kleiner Bruder bist oder nicht! Dann kannst du noch einen Monat in Mutters Küche arbeiten, während ich weg bin.« Die Wachen warfen den beiden einen kurzen Blick zu und gingen weiter.
Borric widerstand der Versuchung, sich umzudrehen und nachzusehen, ob sich die Wachen noch um sie kümmerten. Er würde schon merken, wenn sie mißtrauisch würden. Der Prinz wandte sich von Suli ab und stieß unversehens mit einem anderen Mann zusammen. Einen kurzen Moment lang sah ihm der Fremde drohend murmelnd in die Augen, und sein nach Alkohol riechender Atem schlug Borric ins Gesicht, doch dann wandelte sich die Miene des Mannes von betrunkener Verwirrung in mörderischen Haß. »Du!« sagte Salaya und griff nach dem Dolch in seinem Gürtel.
Borric reagierte im selben Augenblick, versteifte die Finger seiner rechten Hand und stieß Salaya die Spitze so heftig er konnte vor die Brust, genau unter die Rippen. Als seine Hand dort auf die Nerven traf, blieb Salaya die Luft weg. Der Mann rang nach Atem, sein Gesicht wurde rot und seine Augen verdrehten sich. Borric schlug ihm hart vor den Kehlkopf, zog ihn vorwärts und hieb dann so stark er konnte auf das Genick des Sklavenhändlers ein. Sodann nahm er Salaya am Arm, ehe der Mann zu Boden fiel, und falls die Wachen etwas von dem Kampf mitbekommen hatten, dann nichts Verdächtigeres als einen Mann und einen Jungen, die einen Freund, der zuviel getrunken hatte, nach Hause brachten.
Auf dem halben Weg die Straße hinunter kamen sie an einer Gasse vorbei, bogen ein und zogen den bewußtlosen Mann wie einen Sack mit verfaultem Gemüse hinter sich her. Borric legte ihn auf einen Abfallhaufen und nahm ihm rasch seinen Geldbeutel ab. In dem kleinen Ledersäckchen klingelten eine Menge Münzen des Kaiserreichs und des Königreichs. Borric ließ den Beutel in seinem Hemd verschwinden. Er zog dem Mann Messer und Scheide aus dem Gürtel und wünschte sich, der Kerl hätte auch ein Schwert bei sich gehabt. Wahrend Borric noch überlegte, was er als nächstes tun sollte, streifte Suli Salaya die Ringe, insgesamt vier, von der Hand und zwei weitere von den Ohren ab. Dann zog der Junge dem Sklavenhändler die Stiefel aus und versteckte sie. »Wenn wir irgend etwas von Wert zurücklassen, wird es verdächtig aussehen.« Er machte einen Schritt rückwärts und fügte hinzu: »Jetzt könnt Ihr ihn töten, Meister.«
Borric zögerte. »Ihn töten?« Plötzlich begriff er. Er hatte während seiner Zeit im Sklavenpferch andauernd davon geträumt, sich an diesem Schwein rächen zu können, doch er hatte dabei eher an ein Duell gedacht, oder er hatte ihn vor Gericht stellen wollen. »Er ist bewußtlos.«
»Um so besser, Meister. Da wird es keinen Kampf geben.« Er bemerkte Borrics Zögern und fügte hinzu: »Rasch, Meister, ehe uns jemand sieht. Die Stadt wird bald erwachen, und dann wird diese Gasse bevölkert sein. Irgend jemand wird ihn bald finden. Wenn er nicht stirbt …« Er sprach nicht aus, welche Folgen das haben würde.
Borric machte sich bereit und zog das Messer, das er Salaya abgenommen hatte. Doch plötzlich stellte sich ihm ein völlig neues Problem: Wie sollte er es angehen? Sollte er dem Mann das Messer in den Magen stoßen, ihm die Kehle durchschneiden, oder was?
Suli sagte: »Wenn Ihr einen Hund nicht töten wollt, Meister, laßt es Euren Diener für Euch tun, aber es muß jetzt geschehen! Bitte, Meister.«
Der Gedanke, den Jungen töten zu lassen, war Borric noch widerwärtiger, also holte er aus und trieb dem Sklavenhändler das Messer in die Kehle. Salaya bewegte sich nicht im geringsten. Borric starrte ihn erstaunt an, schließlich lachte er verbittert und sagte: »Er war schon tot! Der letzte Schlag muß ihm das Genick gebrochen
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