Midkemia Saga 05 - Gefährten des Blutes
halten mußte, das jetzt zwischen den beiden Booten lag.
Borric holte den behelfsmäßigen Spinnaker ein und übernahm das Ruder von Suli. Der Junge grinste ihn an, halb erfreut, halb geschockt. Sein Hemd war schweißgetränkt, und auch Borric mußte sich erst einmal die Stirn abwischen.
Borric brachte das Boot leicht gegen den Wind und sah, daß das Segel der Schaluppe noch weiter zurückgeblieben war, da das Riff sich in nordwestliche Richtung aufs Meer hinauszog. Er lachte.
Selbst mit dem Vorsegel, das die Mannschaft der Schaluppe jetzt setzte, würde die Barkasse einen großen Vorsprung gewinnen und sich überall hinwenden können. Ehe das andere Schiff den Vorsprung aufholen könnte, würde die Dunkelheit hereinbrechen, und zu diesem Zeitpunkt wollte Borric schon ganz woanders sein.
Die nächsten zwei Stunden verstrichen, ohne daß sich etwas ereignete, bis Suli seinen Platz am Bug verließ und zu Borric kam.
Unter den Füßen des Jungen platschte Wasser, und Borric sah, daß sich bereits eine ansehnliche Menge in der Bilge gesammelt hatte.
»Fang an zu schöpfen!« schrie er.
»Was, Meister?«
Der Junge wußte nicht, was der Prinz damit meinte, und deshalb erklärte Borric ihm: »Hol den Eimer aus der Kiste, fang das Wasser auf und schütt es über Bord.«
Der Junge drehte sich um, holte den Eimer und begann zu schöpfen. Eine Stunde lang schien der Junge mit dem eindringenden Wasser gleichzuziehen, doch nach einer weiteren Stunde ermüdender Arbeit stand ihm das Wasser schon bis zu den Knöcheln. Borric sagte ihm, sie sollten die Plätze tauschen, und übernahm den Eimer.
Nach einer weiteren Stunde war absehbar daß sich die Mühe, selbst wenn sie mit aller Kraft schöpfen würden, als hoffnungslos herausstellen würde. Früher oder später würde das Boot sinken. Die einzige Frage war nur, wann und wo.
Borric blickte in Richtung Süden; die Küste schwang sich mittlerweile in Richtung Südwesten von ihnen weg, und sie selbst hatten einen nordwestlichen Kurs auf die Straße der Finsternis zu eingeschlagen. Seiner Schätzung nach waren sie jetzt so weit sie nur konnten von der Küste entfernt, etwas nordöstlich von Ranom, wo sich die Küste nach Norden wandte. Borric mußte sich rasch entscheiden, ob sie nun nach Süden auf die Küste zusteuern sollten, oder ob sie, in der Hoffnung, das Boot lange genug seetüchtig zu halten, ihren gegenwärtigen Kurs weiterverfolgen sollten und dann irgendwo südlich von LiMeth herauskämen. Da die Entfernung zu beiden Orten an der Küste allerdings etwa gleich groß war, wäre das beste, mit möglichst hoher Geschwindigkeit den alten Kurs zu halten.
Während die Sonne im Westen wanderte, wechselten sich Borric und Suli immer wieder mit dem Schöpfen ab und hielten Kurs auf LiMeth. Kurz vor Sonnenuntergang sammelten sich im Norden Wolken, und der Wind drehte und wehte ihnen jetzt entgegen. Die Barkasse war stabil genug, um gegen den Wind zu segeln, doch ob sie lange genug durchhalten würde, um Land zu erreichen, falls es regnen würde, bezweifelte Borric. Während er noch darüber nachdachte, schlugen ihm die ersten Tropfen ins Gesicht, und in weniger als einer Stunde war aus diesen Tropfen ein dichter Regenschauer geworden.
Als die Sonne aufging, war ein Schiff vor ihnen. Borric hatte es schon vor einer Viertelstunde entdeckt, als es plötzlich aus der Dämmerung aufgetaucht war. Beide, der Prinz und Suli, waren vollkommen übermüdet, weil sie die ganze Nacht geschöpft hatten, und sie konnten sich kaum noch bewegen. Dennoch sammelte Borric die letzten Kräfte und stand auf.
Bei Sonnenuntergang hatten sie das Segel eingeholt, weil es ihm günstiger erschienen war, in der Dunkelheit ein wenig abzutreiben, als blind durch die Finsternis zu segeln. Das Grollen der Brandung hätte sie schon gewarnt, falls sie zu nah an die Küste gekommen wären. Nur hatte Borric keine Ahnung gehabt, wie die Strömungen in diesem Teil des Bitteren Meeres verliefen, und das hatte durchaus ein Problem dargestellt.
Das Schiff vor ihnen war ein kleiner Handelsdreimaster, mit Vierkantsegeln und einem Lateiner am Heck. Da es aus jedem Land am Bitteren Meer stammen konnte, könnte es sowohl ihre Rettung als auch ihren Untergang bedeuten.
Als das Schiff in Rufweite war, schrie Borric hinüber: »Was für ein Schiff?«
Der Kapitän kam an die Reling und befahl, beizudrehen und sich langsam Borrics sinkender Barkasse zu nähern, die in den Wellen hin und her schaukelte. »Der Gute
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