Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
er wäre letzten Monat an der Küste von Kesh gewesen. Es muß jemand anders gewesen sein.«
Nicholas schüttelte den Kopf. »Gibt es vielleicht noch einen Kannibalenpiraten mit blauen Augen? Nein, er war es!«
Patrick wandte sich an Amos. »Käpt’n Trenchard, du und deine Mannschaft seid in der Probezeit. Ihr könnt euch in der Stadt frei bewegen, doch sollte einer deiner Männer Ärger anfangen, nehmen wir dein Schiff und verkaufen deine Mannschaft als Galeerensklaven nach Queg. Du hast die Macht über deine Männer. Du kannst jederzeit wieder vor den Rat treten, und solltest du vier der Kapitäne, die hier sitzen, überzeugt haben, daß deine Geschichte wahr ist, wirst du wieder in die Gemeinschaft der Kapitäne aufgenommen.«
Amos sagte nichts, nickte nur, drehte sich um und ging. Die anderen folgten ihm. Als sie die Eingangstreppe hinuntergingen, flüsterte Amos Nicholas zu: »Das war gut.«
Ghuda sagte: »Ja, jetzt wird er bestimmt versuchen, uns zu töten.«
Nicholas meinte: »Genau das erwarte ich auch.«
Wieder auf der Straße meinte Amos: »Die Kapitäne glauben, wir würden hier noch einen Monat lang bleiben, aber in dem Moment, in dem wir wissen, wo die Gefangen sind, machen wir uns davon.« Zur Harry sagte er: »Du gehst an Bord und gibst Bescheid, daß alle außer der Wache Erlaubnis zum Landgang haben. Sag ihnen, sie sollen sich benehmen und ihre fünf Sinne beieinander halten. Alle sollen auf Gerüchte hören. Du findest uns in dem Wirtshaus mit dem roten Delphin, an dem wir auf dem Hinweg vorbeigekommen sind.« Harry lief davon. Zu Anthony sagte Amos: »Ihr könnt einkaufen gehen.«
Anthony brach ebenfalls auf. Mit einem Nicken bedeutete Amos Ghuda, er möge dem Magier in einigem Abstand folgen. Als sie gegangen waren, sagte der Kapitän: »Jetzt wollen wir ins Wirtshaus gehen und sehen, wie lange wir Nick noch lebendig unter uns haben.«
Das Wirtshaus zum Roten Delphin war bescheiden und ziemlich ruhig. Amos hatte sich ein Hinterzimmer geben lassen, und Nakor saß an der Tür, die einen Spalt offenstand, damit er sehen konnte, wer sich näherte. Amos sagte: »Wir können die Kapitäne nicht einen nach dem anderen überzeugen. Wenn man Render abzieht, müssen wir vier von sechsen auf unsere Seite ziehen.« Er trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Und ich glaube, noch einer von ihnen war dabei.«
»Wieso?« fragte Marcus.
Amos erklärte: »Zu viele Dinge passen immer noch nicht zueinander. Hast du die Schiffe im Hafen gesehen?« Marcus nickte.
»Da mußte jemand Söldner von irgendwo holen, dann mit der Überfallsflottille an Land bringen. Da braucht es schon ein bißchen Planung, und vor allem einen Haufen Männer. Ich glaube, sie hatten wenigstens zwei seetüchtige Schiffe, vielleicht drei, und das bedeutet, mindestens einer der anderen Kapitäne war noch mit von der Partei.«
Nicholas meinte: »Dann müssen wir uns beeilen.«
Amos erwiderte: »Wir haben vielleicht eine Woche, ehe jemand von der Mannschaft einen Fehler macht und wir uns unseren Weg hier raus erkämpfen müssen.«
Nicholas setzte sich neben ihm an den Tisch, während Marcus hinter Amos stand. Nicholas sagte: »Sollten die Gefangenen noch hier sein, müssen wir sie finden, ehe sie wieder verschleppt werden.«
Amos schüttelte den Kopf. »Sie sind mit Sicherheit nicht mehr hier.«
»Warum?« fragte Marcus.
Nakor drehte sich um und sagte: »Weil Käpt’n Render alle angelogen hat. Er sagte, es hätte keinen Überfall gegeben. Trotzdem hat er die Gefangenen hierhergebracht, sagt Pug. Zu viele Lügen.«
Amos nickte. »Was bedeutet, wer immer Renders Überfall gedeckt hat, hat auch die Gefangenen zur Seite geschafft. Und zwar schnell.« Er nahm seinen Hut ab und wischte sich über die Stirn.
»Ich habe vergessen, wie schwül es hier ist.« Er seufzte. »Jetzt, wo ich sehe, wie groß Frihaven geworden ist, kann ich verstehen, weshalb Render diesen Überfall vor den anderen Kapitänen verbergen will.«
Mit einer vagen Handbewegung fuhr Amos fort: »Es gibt Dutzende kleiner Inseln, die man mit einer halben Tagesfahrt von hier aus erreichen kann, und die ihm als Ausgangspunkt gedient haben könnten. Er könnte bei Sonnenuntergang losgesegelt sein und behauptet haben, er wolle an der Küste von Kesh Beute machen. Und dann ist er dorthin gefahren, wo die anderen warteten, hat sie mit ihren Beibooten eingeladen, ist bis kurz vor Crydee gesegelt, wo er die Beiboote wieder ausgeladen und seinen Überfall auf
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