Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
soll er sonst beschuldigen?«
Ghuda lachte: »Egal, wie weit man auch reisen mag, manche Dinge ändern sich nie.«
»So ist das«, meinte Nakor, der dazugekommen war. »Also ist es doch wahrscheinlich, daß dieser kluge Mann sehr dankbar wäre, wenn man ihm sein Eigentum wiederbeschaffen würde.«
Tukas Augen begannen wild zu leuchten. »Würde ein Hauptmann, der so mächtig wie Ihr ist, so einen Auftrag von jemandem, der so niedrig steht wie ich, übernehmen?«
Ghuda schüttelte kaum wahrnehmbar den Kopf, und Nicholas antwortete: »Nein, das würde ich nicht, aber ich würde ihn von deinem Meister oder einem von ihm Ermächtigten annehmen.«
»Wei, wei«, machte Tuka niedergeschlagen. »Ihr macht Euch einen Spaß mit dem armen Tuka, Encosi. Ihr wißt, das kann ich nicht. Ich kann vielleicht die Beschuldigungen und die Strafen der Bruku aushalten, vielleicht werde ich rausgeworfen und darf niemals wieder einer ehrlichen Arbeit nachgehen, doch ich kann im Namen meines Meisters keinen Vertrag abschließen, nein, nein.«
Nicholas rieb sich das Kinn, da er nicht so recht wußte, was er als nächstes sagen sollte. Ghuda meinte: »Nun, ich denke, wir könnten diese Banditen einfach verfolgen und ihnen das abnehmen, was sie deinem Meister gestohlen haben.«
Jetzt war Tuka völlig entsetzt. »O mächtiger Hauptmann, wenn Ihr das tun solltet, würde ich abermals entlassen und in den Fluß der Hoffnungslosigkeit geworfen. Nein, wir müssen irgendeine Art von Abmachung treffen.«
Amos, der bis jetzt schweigend dabeigestanden hatte, mischte sich ein: »Nun, die Regeln über Bergungen sind überall ungefähr die gleichen.«
Nicholas wandte sich zu ihm um und sagte: »Zur See vielleicht, doch in – doch dort, wo wir herkommen, hängt man Männer, die sich gestohlene Güter beschaffen, weißt du nicht mehr?«
Amos seufzte. »Die Annehmlichkeiten der Gesetze der Zivilisation; ja, da hatte ich nicht mehr dran gedacht.«
Nicholas sagte: »Ich schlage vor, wir überlegen noch einmal, was wir tun können, wenn wir herausgefunden haben, wo sich diese Banditen aufhalten, und wenn wir etwas zurückholen können, verlangen wir den normalen Anteil.«
Auf Tukas Gesicht machte sich so etwas wie Hoffnung breit.
»Wie viele Krieger stehen unter Eurem Befehl, Encosi?«
»Dreiunddreißig«, antwortete Nicholas.
Tuka zeigte auf Brisa. »Mit dem Mädchen?«, fragte er.
Anscheinend versuchte er noch weiter zu handeln.
Zwischen seinen Füßen steckte plötzlich ein Dolch, der von der Wucht des Wurfes zitterte. Brisa lächelte ihn so bösartig an, wie sie konnte. »Mit dem Mädchen«, sagte sie.
»Kriegerinnen«, sagte Tuka und lächelte gezwungen. »Ich bin ein fortschrittlicher Mann. Dreiunddreißig Krieger und Ihr, Encosi. Für den Weg von hier bis zur Anlegestelle von Shingazi hättet Ihr ein Anrecht auf Sechsundsechzig Khaipur Cerlanders, und –«
Ghuda ließ den Mann nicht ausreden, sondern packte ihn am Kragen und zog ihn zu sich heran. »Du willst uns betrügen!«
»Nein, freundlichster Meister, ich wollte nur gerade alle Vergünstigungen aufzählen.« Der Mann wurde blaß. »Ich meinte, Sechsundsechzig Cerlanders für jeden Tag, dazu Essen und Trinken, und ein Zuschlag, wenn wir Shingazis Anlegestelle erreichen.«
Nicholas schüttelte den Kopf. »Wenn wir die Stadt am Schlangenfluß und deinen Meister erreichen, willst du sagen.«
Tuka wurde noch blasser. »Nun, falls es dem Encosi gefällt, wird auch mein Meister damit sicherlich einverstanden sein.«
Ghuda ließ den Mann los, und Nicholas sagte: »Oh, dem Meister wird schon einverstanden sein, wenn er seine Waren zurückbekommt.«
Tuka sah aus, als müßte er auf heißen Kohlen tanzen. Schließlich sagte er: »Abgemacht!«
Ghuda meinte: »Ich hole Calis.«
Nicholas nickte. An Marcus gewandt sagte er: »Das hohe Gras soll noch einmal durchsucht werden. Vielleicht haben wir etwas Nützliches übersehen.« Tuka fragte er: »Gibt es zwischen hier und Shingazis Anlegestelle einen Ort, wo die Männer die gestohlenen Sachen von den Wagen in Boote geladen haben können?«
»Nein, Encosi. Es waren nur kleine Boote. Wenn sie große Flußboote haben, dann nur an Shingazis Anlegestelle.«
»Also werden wir dorthin aufbrechen«, sagte Nicholas.
Sie hatten nunmehr einen Bogen, fünf Schwerter und ausreichend Messer und Dolche, um die anderen zu bewaffnen. Alle, die das Schiffsunglück überlebt hatten, waren kampferprobt; entweder als Soldaten oder als
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