Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
Seeleute.
Nicholas besprach mit Amos verschiedene Pläne, jedoch eher, um etwas gegen seine Nervosität zu tun, denn der junge Mann kannte die Kriegsführung nur aus der Theorie. Darin wußte er zwar besser als jeder andere der Anwesenden Bescheid, doch im Kampf war er so gut wie unerfahren. Marcus hatte bereits mit seinem Vater gegen Goblins gekämpft, und selbst Harry hatte schon einmal Banditen gejagt, ehe er nach Krondor gekommen war.
Calis kehrte am Nachmittag zurück. Er stützte sich auf seinen Bogen und sagte: »Ghuda beobachtet sie. Bei den Waren muß auch Wein oder Bier gewesen sein –«
»Guter Branntwein«, ergänzte Tuka.
»Nun, die mit den Wagen werden vermutlich das meiste ausgetrunken haben, ehe sie sich mit den anderen Kerlen an der Anlegestelle treffen. Sie sind von der Straße abgebogen und legen sich mächtig ins Zeug.« Er winkte Nicholas beiseite und fuhr fort:
»Und da ist noch etwas. Sie haben Gefangene.«
»Gefangene?«
»Frauen.«
Nicholas dachte einen Moment lang nach, dann zog er mit einer theatralischen Geste sein Schwert. Er ging auf Tuka zu, und der wurde kreidebleich, als er den rauh aussehenden jungen Mann auf sich zukommen sah. »Encosi?« krächzte der kleine Mann.
Nicholas setzte Tuka die Schwertspitze an die Kehle. »Was sind das für Frauen?«
Tuka fiel auf die Knie und wimmerte. »Verschont mich, Meister, denn ich wäre ein Narr, wenn ich einen so erhabenen Hauptmann wie Euch anlügen würde. Ich sage Euch alles, was Ihr wissen wollt, doch laßt mich atmen, bis Lady Kal mein Leben nimmt.«
»Rede!« verlangte Nicholas und gab sich Mühe, besonders bedrohlich auszusehen.
Dabei war er offensichtlich überzeugend, denn Tuka rasselte alles herunter. Es handelte sich um die Tochter eines Adligen, deren Titel Randschana lautete, was Nicholas nichts sagte, und deren vier Zofen.
Sie stammte aus der Stadt Kilbar und war zu jemandem unterwegs, den Tuka den Oberherrn, den Herrscher der Stadt am Schlangenfluß, nannte. Sie sollte seine Frau werden. Sein Meister, Andres Rusolavi, hatte viel Geld bekommen, um die Heirat zu vermitteln und die Braut sicher von Kilbar zur Stadt am Schlangenfluß zu bringen.
Tuka wollte einen Eid darauf schwören, daß diese Banditen angestiftet worden waren, zwischen dem Oberherrn und seinem Meister, Andres Rusolavi von der Dhiznasi Bruku – die Nicholas für einen Handelsbund hielt – Zwist zu säen.
»Aber wer hätte daran ein Interesse?« fragte Ghuda.
Tuka wirkte verwirrt. »Der Oberherr hat viele Feinde, oder kommt Ihr von soweit her, daß Ihr das nicht wißt? Höchstwahrscheinlich ist es das Werk des Radsch von Maharta, mit dem der Oberherr zur Zeit im Krieg liegt.«
Nicholas meinte: »Wir kommen aus einer sehr weit entfernten Stadt.«
»Mein Meister und seine Teilhaber haben dem Oberherrn auch Geschenke geschickt, um sein Wohlwollen zu erlangen.«
Ghuda sagte trocken: »Und sie haben dem Radsch vielleicht ebenfalls Geschenke geschickt.«
Tuka grinste: »Mein Meister ist als ein Mann bekannt, der alle Möglichkeiten bedenkt, Sab.«
Nicholas kannte das Wort Sab nicht, aber offensichtlich bedeutete es soviel wie Meister. »Wenn wir also das Mädchen und ihre Gefährtinnen retten, werden wir sowohl von deinem Meister als auch vom Oberherrn belohnt werden.«
Tuka erwiderte: »Nur von meinen Meister, höchstwahrscheinlich, Encosi, denn der Oberherr …?« Er zuckte mit den Schultern. »Er hat bereits viele Frauen.«
Calis meinte: »Der Überfall wird nicht schwierig werden.«
»Aber die Mädchen unversehrt da herauszuholen«, sagte Amos.
Nicholas hockte sich auf den staubigen Boden. »Wie haben sie sich aufgestellt?«
Calis zeichnete es mit dem Dolch in die Erde. »Es sind vier Wagen, und sie sind sehr überzeugt davon, nicht auf Schwierigkeiten zu stoßen, denn sie haben keine Wagenburg gebildet.« Er malte vier lange Striche in den Boden, die die Wagen darstellen sollten. »Die Mädchen sind im zweiten Wagen.«
»Wie viele Männer sind es?«
»Vier auf jedem Wagen, und alle sind gut bewaffnet.«
»Wie nahe können wir herankommen?«
»Das Gras ist dort sehr hoch. Ich glaube, fünf oder sechs von uns könnten bis auf ein Dutzend Schritte herankommen.«
Nicholas dachte nach. »Wie viele könnt Ihr aus dieser Entfernung töten?«
»Alle, wenn ich genügend Pfeile hätte. Auf jeden Fall kann ich drei oder vier niedermachen, ehe die anderen mitbekommen, was vor sich geht. Und noch mehr, wenn sie betrunken genug sind.«
»Ich
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