Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
Hosen und Hemden. Ghuda und Tuka nahmen an, daß die teuren Stücke von Reisenden, die ihre Zeche nicht bezahlen konnten, als Pfand zurückgelassen worden waren.
Nicholas ließ die gefundenen Kleidungsstücke waschen, damit sie nicht mehr nach Rauch rochen, und dann sollten die Männer baden, ehe sie die frischen Sachen anzogen. In der Hitze des späten Nachmittags trockneten die Kleidungsstücke schnell auf den Leinen die sie zwischen den Wagen gespannt hatten. Bei Sonnenuntergang hatten alle gebadet, sich rasiert oder die Barte getrimmt.
Marcus war erfreut, als zwischen den ganzen Waffen auch noch ein Langbogen auftauchte. Als alle sauber und fertig waren, kamen Amos und Harry an. Sie trugen eine verkohlte, mit Eisenbändern verstärkte Holztruhe. »Sieh nur, was wir gefunden haben«, sagte Amos.
Sie machten die Truhe auf: sie war mit kleinen Beutelchen gefüllt.
Nicholas öffnete eins und entdeckte Edelsteine. Die anderen enthielten Schmuck, Silber oder Gold. »Wir sind reich«, sagte Harry ehrfürchtig.
Nicholas nahm einen der Beutel und ging damit zu Praji und Vaja, die sich im Schatten der Wagen ausruhten. Beide Männer hatten gegessen und dösten nun vor sich hin. Praji stand auf, als Nicholas sich näherte, und Nicholas warf ihm den Beutel zu. »Für Euch.«
Praji hörte die Münzen darin klingeln und fragte: »Wofür?«
»Ich könnte zwei Männer gebrauchen, die wissen, wie man zur Stadt am Schlangenfluß kommt.« Er zeigte auf den Beutel. »Ihr behaltet das, weil Ihr soviel Arger hattet, und damit Ihr tun und lassen könnt, was Ihr wollt, doch wir sind eine neue Söldnertruppe und wir haben niemanden, der sich hier draußen auskennt, außer diesem kleinen Wagenführer. Und wir können immer Leute gebrauchen, die zu schlau sind, um sich umbringen zu lassen.«
Praji sah auf seinen Freund hinunter, der halb schlief, und sagte: »Nur, so wie es aussieht, sind wir für einen Fußmarsch nicht kräftig genug; Vaja wird vielleicht wieder gesund sein, wenn wir die Stadt mit den Wagen erreicht haben. Aber ich hätte da noch eine Frage …«
»Und die wäre?«
»Seid Ihr gegen den Oberherrn oder für ihn?«
Der Gesichtsausdruck des Mannes zeigte, wie wichtig ihm die Antwort auf diese Frage war. Nicholas sagte: »Weder noch. Wir müssen unsere eigenen Angelegenheiten erledigen. Da wir jedoch diesen Helm des Roten Kämpfers gefunden haben, würde ich davon ausgehen, daß wir uns vermutlich auf der anderen Seite befinden.«
Praji rieb sich das Kinn. »Nun, wir fahren mit Euch, und wenn wir die Stadt erreicht haben, verstehen wir uns vielleicht schon ein bißchen besser. Wir werden keinen Vertrag abschließen, ehe wir Euch nicht genauer kennengelernt haben. In Ordnung?«
»In Ordnung«, stimmte Nicholas zu.
Dann grinste Praji – und sein Grinsen war ein fürchterlicher Anblick – und sagte: »Jetzt, wo der Oberherr auf meiner Liste steht, kann ich niemandem mehr helfen, der für ihn ist, versteht Ihr?«
»Liste?« fragte Harry »Ja, ich habe da diese Liste, und wenn mir jemand Ärger macht, dann setze ich seinen Namen darauf. Ich würde zwar nicht behaupten, ich könnte mit allen darauf abrechnen, aber ich vergesse nie etwas.«
Harry wollte dazu gerade eine Bemerkung machen, als Calis plötzlich von Süden her ins Lager gelaufen kam. Er hatte den ganzen Tag gekundschaftet, und als er Nicholas erreichte, sagte er: »Wir haben Gesellschaft.«
»Wo?« fragte Nicholas.
»Vier, fünf Meilen flußabwärts. Ein Trupp Reiter, so weit ich zählen konnte, zweiundzwanzig Mann. Sie sind bis an die Zähne bewaffnet, und sie wissen, wie man Wachposten aufstellen muß. Es sind Soldaten, die schwarze Uniformen tragen und ein Banner mit sich führen, eine schwarze Flagge mit einer goldenen Schlange darauf. Es sieht aus, als würden sie ihr Lager abbrechen und bei Sonnenuntergang losreiten.«
Praji lehnte immer noch am Wagen. »Die gehören zum Oberherrn. Und sie sind verdammt weit von der Stadt entfernt.«
Nicholas machte Ghuda und den anderen ein Zeichen, sie sollten zu ihm kommen, und als Calis noch einmal von seiner Entdeckung berichtet hatte, fragte Nicholas den Söldner: »Was denkt Ihr?«
Ghuda zuckte mit den Schultern. »Ich habe in meinem Leben viele Leute gesehen, die ein doppeltes Spiel treiben, und die Hälfte davon in den letzten beiden Tagen; ich schätze, sie sind unterwegs, um die Wagen zu finden und die ›Schuldigen‹ zu töten, die Prinzessin zu retten und sie im Triumph nach Hause zu
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