Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
Marcus.
Der Mann sagte: »Ich bin Prajichetas, und das ist mein Freund Vajasiah. Nennt uns Praji und Vaja.«
Ghuda fragte: »Gehört Ihr zu den Söldnern?«
»Wäre das der Fall, hättet Ihr das schon gemerkt. Wir wollten hier nur über den Fluß setzen, und in den Krieg ziehen –«
»Krieg?« fragte Nicholas.
»Wer ist das?« wollte Praji von Ghuda wissen.
»Er ist der Hauptmann.«
»Der? Sieht wie ein Junge aus –«
Nicholas sagte: »Erzählt schon.«
»Er ist der Hauptmann«, sagte Harry.
Praji sagte zu Ghuda: »Ich würd ja glauben, er ist Euer Sohn, oder Euer Junge, oder Euer –«
Nicholas zog das Schwert und richtete es auf die Kehle des Mannes. »Ich bin der Hauptmann«, sagte er leise.
Praji sah ihn von oben bis unten an, dann schob er die Klinge vorsichtig zur Seite. »Jedenfalls, Hauptmann«, sagte er zu Nicholas, »wir wollten flußaufwärts in den Krieg ziehen –«
»In welchen Krieg?« unterbrach ihn Amos.
Der Mann wandte Amos unvermittelt den Kopf zu und legte wieder die Hand an die Stirn. Er schloß die Augen und sagte: »Das war keine gute Idee. Hat nicht irgend jemand etwas zu trinken?«
Nicholas sagte: »Tut mir leid, wir haben nur Wasser.«
»Dann muß eben Wasser reichen«, sagte Praji. Er nahm den angebotenen Wasserschlauch und trank. Anthony kam herüber und untersuchte Prajis bewußtlosen Freund. »Scheint nicht so schlimm zu sein«, meinte er. »Er trägt ein Kettenhemd. Das hat die Wucht des Treffers abgefangen.« Es gelang ihm, dem Mann den Bolzen aus der Schulter zu ziehen, und er stillte die Blutung mit einem Tuch aus seiner Tasche, die er zur Versorgung der zu erwartenden Verwundeten mitgenommen hatte. »Er wird es überleben.«
»Gut«, sagte Praji. »Wir haben schon zuviel zusammen durchgemacht, als daß der Halunke einfach ohne mich sterben dürfte.«
»Ihr habt von einem Krieg gesprochen«, erinnerte ihn Marcus.
Praji sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an und meinte: »Habe ich das?«
»Ihr wart flußaufwärts unterwegs«, ergänzte Amos.
»Und wir sahen uns nach einem Schiff um. Wir wollten zu einem Ort namens Nadosa, zwischen Lanada und Khaipur, an der Vedra. Bis hierher sind wir mit einem Wollhändler heraufgekommen. Wir wollten zum westlichen Oberlauf des Flusses – von dort fahren immer Wagenkarawanen nach Khaipur – jedenfalls sind wir auf diese lustige Bande von Gurgelschneidern und Clanjungen gestoßen, und als die richtig zu bechern anfingen, haben wir uns dazugesellt. Jemand hat eine Runde nach der anderen ausgegeben, und wenn’s Bier umsonst gibt, sag ich nicht nein.«
»Also gehört Ihr nicht zu dieser Truppe?« fragte Nicholas.
»Würden wir das, würden wir da drüben liegen.« Er zeigte auf die Leichen, die in der Nähe des brennenden Gasthauses ankohlten.
»Was ist passiert?« fragte Nicholas.
Der Mann seufzte. »Wir saßen herum und tranken mit einem Haufen dieser närrischen Kinder und einigen regelrechten Muttermördern, und der Kerl, der uns den ganzen Abend das Bier bezahlt hatte, kam herüber und flüsterte, er hätte Arbeit für uns und wir sollten zu den anderen Söldnern draußen auf dem Hof gehen. Wir mochten es nicht, wie er redete, deshalb gingen wir zwar raus, ließen uns jedoch ein wenig abseits von den anderen nieder. Plötzlich hörten wir Schreie, und Armbrustbolzen flogen durch die Luft. Vaja und ich sprangen über die Mauer und kamen hart auf. Ich sah, wie er getroffen wurde, und dann wurde auf einmal um mich herum alles schwarz.«
Er runzelte die Stirn und griff in sein Gewand. Dort tastete er herum und fand schließlich, wonach er gesucht hatte. Er brachte einen kleinen Beutel hervor. »Gut«, sagte er und öffnete das Band.
Er holte ein zusammengerolltes kleines Pergament, das kaum breiter als drei Zoll war, und ein sauber angespitztes Stück Holz heraus. Das spitze Ende des Holzes leckte er an. Nicholas sah, daß es geschwärzt war. Praji entrollte das Pergament. Er betrachtete einen Moment lang die gekritzelten Worte darauf, dann fragte er: »Schreibt sich Oberherr in einem oder in zwei Wörtern?«
Es gab nicht genug Holz für einen Scheiterhaufen, und aus diesem Grund ließ Nicholas am nächsten Morgen die Toten beerdigen. Als die Männer mit der Arbeit fertig waren und die Wagen geholt hatten, war es Mittag. Der Mann namens Vaja war eine Stunde, nachdem sie ihn gefunden hatten, wieder zu Bewußtsein gekommen, und er hatte Prajis Geschichte bestätigt.
Nicholas ließ die beiden Verwundeten ruhen und
Weitere Kostenlose Bücher