Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
nahm Calis, Marcus und Harry mit, um die Gegend schnell zu durchsuchen. Wer immer diese Söldner und Clanleute getötet hatte, der hatte jedenfalls gründliche Arbeit geleistet.
Als sie zurückkehrten, begrüßte Nakor sie mit einer guten Nachricht. Der größte Teil des Lagerraums, von dem ihnen Tuka erzählt hatte, war vom Feuer verschont geblieben. Nicholas führte eine Gruppe von Männern in die immer noch rauchenden Trümmer des Gasthauses und entdeckte die Falltür. Obwohl sie verkohlt war, konnte man sie noch öffnen. Der Prinz ließ sich nach unten hinab, und ihm folgten Tuka, Ghuda, Nakor und Marcus.
Harry reichte Marcus Fackeln hinunter und kam dann nach.
Nicholas drehte sich um und wäre fast über die Leiche eines Mannes gestolpert. Sie war nicht verbrannt, doch das Gesicht war zu einer Maske des Schmerzes verzerrt. Tuka betrachtete es und sagte:
»Shingazi. Er muß versucht haben, sich hier unten zu verstecken, als das Feuer ausbrach.«
Nakor untersuchte die Leiche. »Er ist am Rauch erstickt. Nicht gerade angenehm.«
»Gibt es denn überhaupt eine angenehme Art zu sterben?« fragte Harry.
Nakor grinste. »Verschiedene. Es gibt Gifte, die töten, doch in den letzten Minuten erlebt man eine Ekstase, die über alles hinausgeht, was man sich vorstellen kann, und dann kommt eine besonders hübsche Frau –«
»Genug«, sagte Nicholas. »Seht, ob ihr hier etwas Brauchbares finden könnt.«
Sie suchten, und plötzlich sagte Marcus: »Seht euch das mal an.«
Nicholas ging in die Kellerecke, in der sein Cousin wartete, und entdeckte eine Waffenkammer. »Scheint so, als wollte unser Gastgeber eine Armee ausstatten.«
Nicholas sah Stapel von Kettenhemden, Schilde ohne Wappen, Schwerter jeder Art, Bögen verschiedener Größe, Pfeile, Bolzen und Messer. Nicholas sagte: »Holt ein paar Männer her, die das Zeug nach oben schaffen sollen.«
Ghuda machte ein Faß auf und griff hinein. Er zog etwas getrocknetes Fleisch heraus und probierte es. »Ein bißchen verraucht, doch nicht schlecht.«
Nicholas sah sich um. »Alles soll nach oben gebracht werden, dann können wir es in Ruhe begutachten.«
Er kehrte zu der Falltür zurück, und Harry half ihm nach oben.
Als er aus dem abgebrannten Gasthaus trat, hörte er von den Wagen her Stimmen. Mit einem Blick zum Himmel fluchte er. Eine Stimme gehörte der Randschana.
Nicholas erreichte die Wagen, wo die junge Adlige vor Amos stand und ihn mit in die Hüften gestemmten Händen wie eine verletzte Katze anschrie. »Was soll das heißen, keine Boote? Ich soll in zwei Wochen in der Stadt am Schlangenfluß ankommen –«
Nicholas fragte: »Was ist los?«
Eine Wache, die neben ihnen stand und ein frisch zerkratztes Gesicht aufwies, sagte: »Ich habe versucht, sie nicht aus dem Wagen zu lasse, Ho-, äh, Hauptmann, doch sie hatte gehört, das Gasthaus sei zerstört worden –«
»Und da wollte ich nur nachsehen, in was für eine Lage Ihr Dummköpfe mich gebracht habt«, beendete sie den Satz.
»Wir haben lediglich«, sagte Nicholas, und seine Geduld war langsam am Ende, »Euer Leben, Eure Jungfräulichkeit und Euren Schmuck gerettet. Und jetzt hört auf mit diesem Unfug … Ihr geht sofort zurück in den Wagen !« Die letzten Worte hatte er vor Wut geschrieen.
Das Mädchen wandte sich trotzig ab und ging davon, wobei sie das Kinn in die Höhe reckte. Als sie den zweiten Wagen erreichte, drehte sie sich um und sagte: »Wenn der Oberherr erfährt, was ich in den Händen dieser schmutzigen, groben und barbarischen Söldner erleiden mußte, werdet Ihr wünschen, Ihr wärt als Sklave geboren worden!«
Nicholas sah sie an und wandte sich danach Amos zu.
»Schmutzig?«
Amos grinste. »Du riechst nicht gerade nach Lavendel, Nicky. So wie keiner von uns.«
Nicholas betrachtete seine Truppe; seine Männer sahen tatsächlich aus wie verfilzte, dreckige Schurken. Er fuhr sich mit der Hand übers Kinn. Der Bart, den er sich zuletzt auf der Raubvogel rasiert hatte, war ein wildes Gestrüpp.
Er blickte sich um und meinte: »Nun, dann sollten wir vielleicht alle ein Bad nehmen.«
Amos grinste. »Wenn du das sagst, Hauptmann.« Angewidert stöhnend schob er sich an Amos vorbei und rief den Männern, die die Vorräte aus dem Keller schafften, zu: »Seht, ob ihr nicht etwas Seife findet!«
In dem Keller hatten sie auch einen Haufen Kleidungsstücke gefunden, die sie gegen die zerrissenen Lumpen eintauschen konnten, die sie am Leibe trugen. Das meiste waren einfache
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