Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
seiner Selbst und des riesigen Universums ist für ein Geschöpf, welches nach menschlichem Ansehen schon uralt ist, ein Schock. In alten Zeiten wurden sie von anderen Arten unterrichtet.« Pug öffnete die Tür. »Es haben nur wenige der großen Drachen überlebt. Ryanas Mutter hat mir einmal sehr geholfen, und deshalb helfe ich ihrem Kind. Es wäre nicht gut, wenn die Menschen wüßten, daß unter ihnen welche sind, die keine Menschen sind.«
Nicholas sagte: »Vater hat mir gesagt, es würde eine Zeit kommen, in der ich Dinge erfahren würde, die ich anderen nicht verraten dürfte. Jetzt verstehe ich das.«
Pug sagte nichts mehr und schloß die Tür hinter sich. Nicholas legte sich wieder ins Bett, doch es sollte noch lange dauern, bis sich der Schlaf einstellte.
Crydee
Das Schiff ging vor Anker.
In Crydee herrschte geschäftiges mittägliches Treiben, während die Hafenmannschaft die Königlicher Adler vertäute. Nicholas betrachtete seine neue Heimat und sog alle Eindrücke in sich auf.
Auf der langen Reise hatte er erneut unter Heimweh gelitten, nur die Passage durch die gefährliche Straße der Finsternis hatte ihn etwas abgelenkt. Danach waren sie Richtung Norden an Tulan und Carse vorbeigesegelt und hatten schließlich Crydee erreicht.
Die Stadt war in den letzten zwanzig Jahren stetig gewachsen, und noch immer sah man überall die Zeichen ihrer fortwährenden Ausdehnung. Auf den fernen Hügeln im Süden erhoben sich neue Häuser. Nicholas mußte blinzeln, so stark warfen die weißen Fassaden die Sonne zurück. Er sah zwei Kutschen und zwei Lastkarren vor ein Gebäude ziehen, auf dem das königliche Banner wehte, offensichtlich das Zollhaus. Die Diener auf den Kutschböcken sprangen herunter und öffneten die Türen der Kutschen. Aus der ersten stieg eine große Frau, der ein noch größerer Mann folgte.
Nicholas erkannte in ihnen seine Tante und seinen Onkel.
Amos befahl, das Fallreep herunter zu lassen. Nicholas und Harry standen daneben und warteten darauf, von Bord gehen zu können.
Herzog Martin, Herzogin Briana und ihr Hof standen bereit, um den Prinzen und seine Begleiter willkommen zu heißen. Amos sah das Empfangskomitee und sagte: »Nun, dann wird wohl von Ylith eine Taube durchgekommen sein.«
In den achtundzwanzig Jahren seit dem Spaltkrieg war die Nachrichtenverbindung zwischen Krondor und der Fernen Küste mittels Kurieren oder Brieftauben niemals unterbrochen worden.
Doch aufgrund der plötzlichen Entscheidung, Nicholas nach Crydee zu schicken, war die Nachricht nur wenige Tage eher angekommen als das Schiff.
Während die Seeleute arbeiteten, sagte Harry: »Und wer sind diese Mädchen?«
Nicholas hatte die beiden Mädchen, die den Herzog begleiteten, ebenfalls bemerkt und antwortete: »Ich nehme an, die eine wird meine Cousine Margaret sein. Ich weiß nicht, wer die andere ist.«
Harry grinste. »Das werd ich schon herausfinden.«
Das Fallreep war heruntergelassen, und Amos wandte sich an Nicholas und sagte förmlich: »Euer Hoheit?«, womit er andeuten wollte, daß Nicholas als erster von Bord gehen sollte.
Harry machte einen Schritt vorwärts, doch sofort hielt ihn Amos zurück und sagte betont: »Dem Rang nach, Junker.«
Harry errötete und trat einen Schritt zurück.
Nicholas ging zum Kai hinunter, und ein großer Mann kam auf ihn zu. Martin, der Herzog von Crydee, lächelte Nicholas warm an, während er sich formell vor seinem Neffen verneigte. »Euer Hoheit, wir sind erfreut, Euch in Crydee willkommen zu heißen.« Martin ähnelte Arutha ziemlich, doch er war größer und schwerer. Sein Haar war fast durchgehend ergraut, und auf seinem Gesicht hatten Sonne und Alter tiefe Furchen hinterlassen, was der kräftigen Erscheinung jedoch keinen Abbruch tat. Dieser Mann war nicht die Sorte Adliger, die nur herumsitzen, Wein trinken und den Dienern Befehle erteilen.
Dieser Mann verbrachte ungeachtet seines Alters immer noch Nächte unter freiem Himmel und trug erlegtes Wild auf dem eigenen Rücken nach Hause.
Nicholas lächelte und sagte, von der Zeremonie ein wenig in Verlegenheit gebracht: »Onkel, ich bin froh hier zu sein.«
Amos ging als zweiter von Bord. Er sagte »Euer Gnaden!« und klopfte Martin hart auf die Schulter.
Damit war alle Förmlichkeit verschwunden, und Martin fiel Amos in die Arme. »Du alter Pirat«, meinte er lachend. »Es ist so lange her.« Sie klopften sich gegenseitig auf die Schultern und schüttelten die Hände. Amos deutete mit dem Kopf auf
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