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Midleifcrisis

Midleifcrisis

Titel: Midleifcrisis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Lasse Andersson
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regionalen Baumarktkette. Hermann hatte mich mitgenommen, weil ein ordentlich gewaschener und gekämmter Local Hero am Tisch nicht schaden könne, wie er sich ausdrückte, und damit ich etwas lerne fürs Leben. Ich aber war nicht gewillt, artig am Tisch zu sitzen und die Klappe zu halten, und so ergriff ich ungebeten das Wort und hielt eine sorgfältig vorbereitete Ansprache, die ich später in Hunderten von Variationen wiederholt habe. Sie handelte vom Siegen. Und davon, dass nicht immer der Beste gewinnt, sondern oft auch der Mutige. Und am häufigsten derjenige, der bereit ist, Risiken einzugehen und zu kämpfen.
    Hermann verdrehte die Augen, aber in den anderen Gesichtern sah ich, dass es klappen konnte. Ich sah sie an meine Würfe denken, bei denen sie auf der Tribüne saßen, und ich sah in ihren Augen den Willen, jetzt auch mal die Nummer eins zu werden, und so machte ich weiter, bis Hermann mir sanft das Wort entzog und sagte: »Schön. Danke, Leif. Und aus all diesen Gründen, die Ihnen mein junger Kollege genannt hat, haben wir uns für folgenden markanten, mutigen und riskanten Vorschlag entschieden.«
    Noch heute habe ich meine erste Präsentationsmappe in der Schreibtischschublade, und ich wundere mich manchmal, mit wie wenig man viel verkaufen kann.
    »Nur was für Männer« hieß mein Slogan, und die Bilder zeigten Sportlertypen mit Motorsägen und Bohrmaschinen, denen nicht eben üppig bekleidete Frauen derart zujubelten, dass die Maschinen vor ihren Ärschen und Titten wie große Phallen wirkten. Klingt läppisch, war läppisch und statt einfallsreich war es lediglich recht vorwitzig für die Zeit, denn wir befanden uns in den Nachwehen jener Werbeepoche, in denen Dynamik bedeutete, dass Clementine Arielpakete unter den Arm klemmte und energisch guckte.
    »Wenn wir nach dem bescheuerten Auftritt den Etat kriegen, dann fresse ich einen Besen«, knurrte Hermann beim Rausgehen, doch eine Woche später saß ich vor seinem Schreibtisch, blickte auf die Nur-was-für-Männer-Unterlagen und er lächelte väterlich.
    »Sie fanden dich beeindruckend«, sagte er, »sie haben Sportsgeist gewittert sozusagen, hat nur noch gefehlt, dass sie Turnschuhe angezogen hätten für die Unterschrift.«
    »Unterschrift?«, echote ich und Hermann sprang auf, haute mir liebevoll auf die Schulter und sagte: »Ja, Junge, wir haben ihren ganzen verdammten Etat fürs nächste Jahr und eine Option auf eine Folgekampagne, und du setzt dich ab heute an die Entwürfe für den anderen Scheiß, Rasenmäher, Heckenscheren, Kreissägen, was weiß ich, frag sie, was sie verkaufen wollen, und sieh zu, wie du das mit Weibern drapierst. Und denk dran, dass wir auch Kinospots machen wollen, sprich mal mit Meyer, der kennt sich da aus. Und jetzt reden wir über deinen neuen Vertrag und über deine Provision für das Ding hier.«
    Die Kampagne funktionierte, genau wie ihre Nachfolgerin »Nix für Frauen«. Die Serien brachten uns sechsstellige Erlöse, jede Menge Ärger mit Feministinnen und dem Werberat sowie der Baumarktkette eine Steigerung ihres Bekanntheitsgrades in der Region um 42 Prozentpunkte, was gigantisch war.
    Auch später, als meine Ideen verschrobener wurden, sollten einige überraschenderweise funktionieren, und so begann mein Aufstieg bei Hermann & Friends und im Leben. Das erste, zehn Jahre alte Benz-Cabrio war das sichtbare Zeichen meines Aufstiegs, Elke schloss Freundschaft mit Hermanns Frau Doro, der Boss nahm mich zum Golfspielen mit und auf meiner Visitenkarte prangte bald der Titel »Creative Director (Vice)«, was nicht viel hieß bei dem kleinen Laden, aber Elke und mich mit Stolz erfüllte.
    Elke hatte sich wieder eingekriegt, wir versuchten uns weiterhin vergeblich im Kindermachen, ich verdiente inzwischen doppelt so viel wie sie, aber sie tat das Ihre, legte unser Geld an und organisierte neue Kontakte. Ich war glücklich, eine Zukunft voller Erfolg und Freude rollte sich gemächlich vor meinen Füßen aus, und das Leben war schön.
    Nur ein Schatten, und das hatte ich damals nicht verstanden, lag auf unserer Zukunft.
    Der Kleine hatte sich rettungslos in Elke verliebt. Aber Elke sich in den Cowboy.

Rosenbubi
    Die Irritationen, die sich in die Liebe zu Elke schleichen, sind so winzig, dass ich sie lange gar nicht wahrnehme.
    Elke mag ihn nicht besonders, den kleinen, verspielten Jungen, der immer mal wieder aus mir raushuscht, Elke mag den Benz, ihren Golf und den gottverflucht scheißcoolsten Typen der Stadt, und

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