Midleifcrisis
bedeutet es, dass ich diese verbalen Gemetzel jeden fünften Tag führen muss. Allerdings entwickele ich auch eine gewisse Routine dabei.
»Du bist eine tolle Frau, aber ich bin einfach noch nicht so weit für eine richtige Beziehung«, rettet einem Mann durchaus zwei- bis dreimal den Arsch.
»Ich vermisse meine Kinder sehr, ich sehe sie so selten, seit ich dich kennengelernt habe«, ist ein noch deutlicheres Stopp-Schild, und wenn ihr das einmal aufgestellt habt, ist mindestens drei Wochen Ruhe.
Außer bei Valerija , Deutsch ist halt nicht ihre Muttersprache und die feinen Zwischentöne entgehen ihr häufig. Bei ihr hab ich’s der Deutlichkeit halber mit der Klartextversion von »Du bist der Hammer, echt, aber ich bin nicht in dich verliebt« versucht. Das Resultat war dramatisch, aber keineswegs konfliktberuhigend. Erst ließ sie das Essen stehen, um ergrimmt zischend abzuhauen, später klingelte sie am Handy Sturm, noch später hämmerte sie an meine Tür, um mich danach so derartig zu beißen, dass ich ihr beim Vögeln den Mund zuhalten musste, und das ist wirklich nicht besonders einfach, wenn man gerade versucht, komplett übermüdet zum Schuss zu kommen, und im Wohnzimmer das Handy fiept, weil Susi und Doris auch mal wieder drankommen wollen.
Echt, Jungs, überlegt es euch gut. So sieht es nämlich aus, das Leben eines erfolgreichen Singles, und vielleicht ist ja das der Grund, warum verheiratete Typen, statistisch gesehen, sieben Jahre länger leben als wir.
Ein bisschen reich!
In der Firma hellen sich die dräuenden Gewitterwolken überraschend auf. Die Reste meines Thinktanks haben den ersten Kunden am Haken, nachdem wir gut drei Jahre lang Geld verbrannt haben, kommt zum ersten Mal auch Kohle rein. Angesichts der fünf Millionen Euro Anlaufinvestitionen nur ein kleiner Tropfen auf einer verdammt heißen Herdplatte, aber eine halbe Million ist eine halbe Million, und jetzt können wir wenigstens darum kämpfen, dass es weitergeht.
Vorstandsboss Nottbohm macht mit mir einen langen Spaziergang um die Außenalster und willigt ein, das Projekt doch nicht zu kippen, am Ende stehen wir auf der Lombardsbrücke und er sagt in seinem seltsam militärischen Ton: »Sehen aus wie ein Gespenst, Andersson! Alles klar bei Ihnen?«
Ich schüttele den Kopf. Er will wissen, was los ist. Ich erwähne die laufende Scheidung, sage ihm, dass mir das Wasser Unterkante Oberlippe steht. Er sieht mich an und grummelt väterlich: »Junge, warum sind Sie nicht gleich zu mir gekommen?« Ich zucke mit den Achseln und murmele: »Betteln liegt mir nicht.«
Am Jahresende stehen mir zehn Prozent vom ersten Kunden zu, als Entschädigung für mein im Thinktank verschollenes Kapital. Nottbohm genehmigt die vorzeitige Auszahlung der 50 großen Scheine, und was mich wirklich überrascht, er sagt, dass ich bei der Bonuszahlung vor Weihnachten ebenfalls nicht leer ausgehen werde, er würde die Hälfte der letztjährigen Zahlung für angemessen halten, schließlich sei die dramatische Verschlechterung des Umfeldes ja nicht allein meine Schuld, wenngleich er damals schon seine Bedenken gehabt hätte, mich losstürmen zu lassen.
Mich erwartet ein unfassbarer Geldsegen, auch wenn ich den Scheiß noch versteuern muss, aber die Kohle wird mir für ein, zwei Jahre den Arsch retten, wenn ich sparsam bin. Und eines ist so was von klar: Von dem Geld wird Elke in 100 Jahren nichts erfahren, denn Elke ist eine rachsüchtige Kuh, vor drei Tagen habe ich ein neues Ultimatum ihrer Anwältin bekommen, die auf eine schnelle Einigung zu ihren Bedingungen drängt, andernfalls werde sie Klage auf Scheidung und Unterhaltszahlungen in Höhe von 4000 Euro monatlich einreichen. Nichts, was man gerne liest, wenn man gerade keinen Anwalt hat, denn nach Hannah und Hannahs Papa habe ich mich immer noch nicht ernsthaft auf die Suche gemacht.
Matze hat unser gemeinsames Refugium inzwischen verlassen, künftig muss Regina mit seinen Flatulenzen leben, er ist zu ihr gezogen und mir ist es eigentlich ganz recht. Ich überlege, ob ich mir per Annonce eine nette Mitbewohnerin suchen soll, die die halbe Miete übernimmt und sich möglicherweise als Zugabe noch ab und zu vögeln lässt, oder ob ich mich erneut auf die schwierige Wohnungssuche mache. Aber für heute ist eines sonnenklar: Ich will die 50 000 Piepen feiern, verdammt noch mal, und auf keinen Fall allein in der Bude hocken, also mache ich, was ich sonst nie mache: Ich nehme eine von den vielen Einladungen an,
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