Midleifcrisis
Kifferei geht mir auf die Eier und letztlich versteht auch er weder meine Beweggründe noch meine Sehnsüchte und Zweifel.
Andere Freunde, geschweige denn ein soziales Netzwerk, habe ich nicht. Mit Robert, meinem Halbbruder im Geiste, maile ich alle paar Wochen, der Rest meines ehemaligen Freundeskreises hockt in Köln oder Bonn, und wenn ich hier nicht ficke, dann hocke ich vor dem Laptop und sehe mich nach weiblicher Kundschaft um.
Richtige Freunde sind totale Fehlanzeige, bessere Bekannte ebenfalls. Es wird noch Jahre dauern, ehe der Totalschaden, den die Trennung von Elke in meinem sozialen Umfeld verursacht hat, repariert sein wird.
Ganz im Ernst: Als Typ, der für eine Jüngere seine tapfere Frau und die Kinder im Stich gelassen hat, bist du zumindest für den weiblichen Teil der verehelichten Welt so etwas wie Lepra. Was nicht weniger heißt als: aussätzig, ansteckend, die Inkarnation aller Albträume. Bei Kontakt mit ihrem Ehemann, so fürchten sie, käme am Ende auch ihr kleiner Cowboy auf die Idee, mal zu testen, wie kurz das Seil ist, an dem er vor der Doppelhaushälfte angepflockt ist, und das wissen sie zu verhindern.
Und sie haben nicht ganz unrecht, die Mädels.
Bei Ikea treffe ich zufällig auf Thorsten. Mit ihm, dem echt ganz netten Kerl von Elkes Freundin Gudrun, habe ich in friedvolleren Familientagen manchen Abend biertrinkend am Gartengrill verbracht. Jetzt fragt er mich, ob ich eigentlich eine Freundin habe. Auf mein lakonisches »drei bis fünf, das wechselt« kriegt er leuchtende Augen und möchte ein paar von meinen Fickgeschichten hören. Allerdings bimmelt kurz darauf das Handy, zu Hause wartet die Gattin auf das neue Badezimmerregal und er bittet mich, Elke nicht zu sagen, dass wir uns getroffen hätten, nachher würde die das Gudrun erzählen, und die wiederum würde ziemlich gallig, sobald sie meinen Namen höre. Aber ich könnte ihn doch vielleicht mal mitnehmen, wenn ich auf die Piste gehe, ich wisse schon, was er meine.
Was mir an Freundschaften bleibt, ist ein einziger Basketballkumpel aus alten Jugendtagen in Pinneberg, aber diese Tage sind nun auch schon um die 24 Jahre her. Fabian heißt er, er war unser Center, ein eher stiller Typ, der jetzt ein grundsolider Ingenieur für Aufzugstechnik und Familienpapa geworden ist. Bei ihm stoße ich mit meinen Frauengeschichten auf blankes Unverständnis, außerdem kriege ich Sehnsucht, wenn er von seinen Kindern und seiner Frau erzählt, und als er mich einmal zu seinem Geburtstag einlädt, komme ich mir angesichts so viel offensichtlichen Familienglückes noch viel einsamer vor.
Manchmal gehen Fabian und ich auch Billard spielen, doch in Wahrheit langweile ich mich. Kaum sind drei, vier Partien vorbei, erwische ich mich, wie ich auf dem Handy nach neuen SMS und E-Mails forsche, die mir irgendwelche Schnallen in der letzten Stunde geschickt haben könnten.
Sauber analysiert, sind das alles nicht nur Anzeichen von Vereinsamung, sondern auch von Abhängigkeit. Der gute alte LeiLa ist ebenso inkompatibel wie ficksüchtig geworden, und gleich einem Alkoholiker verspüre ich nur dann keine Entzugserscheinungen, wenn ich gerade auf einer neuen Mutti liege. Wobei ich gerade dort, auf dem Bauch der nächsten Frau, mächtig achtgeben muss, dass ich mich von meinen latenten Sehnsüchten nach Milde, Verständnis und Zuneigung nicht übermannen lasse. Schließlich bin ich Freiwild und habe als solches definitiv das Recht, mich von keiner verdammten Frau so einfach einfangen zu lassen.
Gesund ist dieses Leben zwischen Zwölf-Stunden-Job, Kindern und vervögelten Nächten allerdings nicht. Morgens tut mein ganzer verfickter Körper weh, mein Arzt hat mich neulich das EKG wiederholen lassen, weil er die Werte nicht glauben wollte, und wenn ich abends nicht mindestens zwei Coffein-Drinks einwerfe, dann schlafe ich beim Vorspiel ein.
Im Moment unterhalte ich freundschaftliche Beziehungen zu Doris, einer kohlrabenschwarzhaarigen Lehrerin von aparten 32 Jahren, die mir aus den digitalen Gegenden rund um Schwerin zugelaufen ist. Sie erschreckt mich beim ersten Sex damit, dass sie komplett unrasiert ist, offenbar hatte sie nicht eingeplant, dass ich sie sofort in die Kiste quatsche, und so verzichte ich darauf, sie zu lecken, denn so einen Urwald kannte ich bisher nur aus den alten Playboy -Nummern, die ich damals im Nachlass meines großen Bruders gefunden hatte. Immerhin bessert sich dies beim nächsten Date und inzwischen trägt sie einen ganz
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