Midleifcrisis
scheiß Leben!
Reservebank
Die Sache mit Karen hat mich ziemlich aus den Schuhen gehauen. Ich weiß sehr wohl, wer in dieser Angelegenheit das Arschloch war. Aber auch diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass sogar traurige Arschlöcher manchmal ficken müssen. Nach drei Wochen, in denen ich reumütig warte, ob Karen doch noch auf eine meiner SMS antwortet, vögele ich wieder durchs Internet.
Nicht, dass mich die Fickerei auch nur im Ansatz aufheitern könnte, aber irgendwie ist es ohne noch viel deprimierender. Ich brauche einfach den Geruch einer Frau, einen Haarschopf, in dem ich mein Gesicht vergraben kann, das Gefühl von immer anderen Titten, Mösen und Ärschen in meinen Händen. Und ich brauche, das ist das Merkwürdigste daran, die Spannung vor dem nächsten Date. Nur wenn ich weiß, dass ich in Kürze eine neue Frau klarmachen kann, scheint das durch meine Adern rauschende Testosteron jede depressive Verstimmung zu vertreiben.
Nach den Dates ist es weniger schön.
Alles in allem pendelt sich meine Erfolgsquote bei etwa 30 Prozent aller First Dates ein. Die anderen 70 Prozent bedeuten eine glatte Fehlinvestition in Zeit, Essen und Drinks sowie eine mäßig gut gelaunte Heimfahrt und teilen sich in folgende Kategorien auf:
1. Frau hat bei den Fotos beschissen und ist fett, hässlich oder zehn Jahre älter.
2. Frau ist so langweilig, dass sogar der Cowboy gähnt.
3. Frau will nicht mit mir ins Bett, sondern unterzieht mich einem Beziehungstauglichkeitstest, bei dem ich leider durchfalle.
4. Frau findet mich arrogant, überheblich oder zum Kotzen, womit ihr, dies nur gerechterweise erwähnt, eine treffende Einschätzung meiner Person gelungen ist.
Aber auch wenn ich zum Schuss komme, fühle ich mich danach nur selten wirklich gut.
Während die Damen der erfreulicheren 30 Prozent nach dem Sex in unterschiedlichen Tonalitäten schnurrend vor mir auf dem Bauch liegen und sich den Rücken streicheln lassen, weiß ich, dass sie von unserer Zukunft träumen, wohingegen sich meine Hoffnungen darauf beschränken, sie innerhalb der nächsten Stunde loszuwerden.
Absurd erscheint es mir, wenn sie sich verschämt in Laken hüllen und ins Bad schleichen, damit mir die kleinen Makel an ihren Körpern nicht auffallen, was gar nicht notwendig wäre, denn eigentlich könnte ich auch sagen: »Lass mal, die Dellen habe ich schon gesehen, als ich dich von hinten gefickt habe. Macht mir nichts, wirklich nicht, sobald ’ne Hübschere kommt, mach ich eh mit dir Schluss.«
Mein WG-Kumpel Matze schwankt zwischen Neid und Heldenverehrung, manchen Abend verbringen wir zusammen vor dem Rechner, wo ich mich bemühe, sein Internetprofil etwas aufzumöbeln. Ein hoffnungsloses Unterfangen, jedenfalls solange ich keine Lust habe, ihm auch noch die gesamten Mails zu diktieren.
Er vögelt inzwischen häufiger mit Regina, einer 43 Jahre alten, etwas fülligen Postbeamtin, die auch mir manchmal kokette Blicke zuwirft, wenn sie in Unterwäsche Größe 42 durch unsere Küche tappt, um sich einen Schluck Wasser zu holen.
Weil ich nett sein will, beglückwünsche ich Matze zu seinem Erfolg an der Front, während ich froh bin, dass ich doch noch eine Liga höher spiele, und wenn ich mir Reginas halb nackten Arsch angucke, der sich zur nächsten Runde auf seiner inzwischen ebenfalls mit einem Laken bezogenen Matratze aufmacht, denke ich mit Schaudern an die Zeit, in der auch ich nicht mehr in der Altersklasse zwischen 25 und 35 fischen werde und so etwas wie seine Postfrau bumsen muss.
Doch im Moment läuft die Marketingmaschine rund. Alles in allem umfasst meine Reservebank an guten Tagen ein halbes Dutzend Frauen, von denen ich akut mit der Hälfte schlafe, mehr schaffe ich einfach nicht, schließlich habe ich noch zwei Kinder und einen Job.
Bewegung kommt in die Besetzungsliste ungefähr alle zwei bis vier Wochen, sobald es vielversprechende Neuzugänge gibt, die auch mal in mein Bett eingewechselt werden wollen, oder sobald sich eine, die sich vorher sittsam zeigte, dann doch entschließt, mir Herz und Beine zu öffnen.
Allerdings, und das ist einfach paradox, vereinsame ich trotz der vielen Frauen zusehends.
Matze schläft jetzt immer häufiger auf seinem Postamt, wie er die Bude von Regina nennt, um dort ein paar Briefe zu stempeln, und ich hocke allein in der vermüllten St.-Pauli-Höhle. Joachim schaut ab und an vorbei, manchmal jagen wir einen Abend gemeinsam, aber mehr als die Fickerei verbindet uns nicht, seine dauernde
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