Midnight Angel: Dunkle Bedrohung (German Edition)
durchgemacht, der ein leerer, sinnloser Tag gefolgt wäre.
Suzanne war bei ihrem Mann und Claire bei Bud im Krankenhaus.
Allegra hatte viele Freunde, aber niemanden, den sie anrufen und bitten wollte, den Tag mit ihr zu verbringen. Und mit keinem hätte es so sein können wie mit Douglas.
Bei der Erinnerung an die heiße Nacht mit ihm wurde sie rot. Da hatte sie keine Albträume gehabt, war nicht in schwarze Löcher gefallen, nicht zutiefst einsam gewesen, sondern hatte leidenschaftlichen Sex erlebt.
Das war auch wie Fliegen gewesen.
»Es sind viele Leute unterwegs « , sagte sie. Sie hörte und spürte sie.
Da waren viele Stimmen zu hören: Gelächter schallte durch die kalte Luft, eine Mutter ermahnte ihr Kind, ein Paar stritt sich, Kinder spielten. Manche bewegten sich schnell – sie spürte die Luftbewegungen. Der Lawrence Square war nicht groß und an Sonntagen immer sehr belebt.
Doch niemand rempelte sie an. Es war, als ginge sie in einer schützenden Luftblase. Nun ja, das tat sie. Douglas erzeugte sie.
»Ja. Jeder scheint sich wohlzufühlen. Es ist nett hier .«
Allegra lächelte. »Ja, das stimmt. Im Sommer ist es hier großartig .«
Ob Douglas im Sommer noch bei ihr wäre? Sie kehrte ihm das Gesicht zu und wurde augenblicklich mit einem warmen Kuss belohnt.
Schon möglich.
Silberne Klänge wehten heran, und Allegra drehte sich eifrig danach um. »Da sind sie !« Sie hüpfte an Douglas’ Arm. »Lass uns hingehen. Die Gruppe steht meistens in der Ecke vor dem Café. Sie wird dir gefallen !«
Sie gingen geradewegs auf die Musik zu, die lauter und klarer wurde. Niemand hielt sie auf, sie brauchten um niemanden herumzugehen. Als wären sie völlig allein auf dem Platz. Wie machte Douglas das? Sie wurde nicht einmal von jemandem gestreift.
Douglas brachte sie sanft zum Anhalten. Dem Klang nach zu urteilen, standen sie jetzt vor den Sängern, vermutlich im Halbkreis mit anderen Leuten.
Allegra konzentrierte sich glücklich aufs Zuhören. Die Sänger waren wirklich gut. Es war eine junge Gruppe, erinnerte sie sich, drei Männer und vier Frauen mit ungewöhnlich klaren Stimmen. Sie sangen »Take Time While Time Doth Last « , ein leichtes, zartes Lied, das sie besonders gern mochte. Früher hatte sie es mit ihren Cousins gesungen, die dabei betrunken gewesen waren. Das hatte die Klangharmonie nicht beeinflusst, dachte sie liebevoll zurück. Es gab nichts, was ein Ennis gut machte, das er betrunken nicht besser konnte.
»Wunderbarer Sopran « , brummte Douglas. »Erstklassige Atemtechnik .« Allegra nickte. Sie erinnerte sich an die Frau. Groß, griechische Erscheinung, unbändige, schwarze Korkenzieherlocken. Ja, sie war ein guter Sopran und hatte eine sehr gute Atemtechnik. Was für eine Freude, ihnen zuzuhören. Und die Freude war umso größer, als sie es mit Douglas zusammen tat, der auch ein Musikliebhaber war.
Jetzt sangen sie Auszüge aus der »Feenkönigin « , ihrer Lieblingsoper.
Douglas stand hinter ihr, die Arme locker um ihre Taille gelegt, eine warme, starke Mauer.
Allegra stand mit geschlossenen Augen da, an ihn gelehnt, wiegte sich leicht zur Musik und genoss das Gefühl seiner starken Arme. Es war einfach perfekt – der Mann und die Musik und der ganze Tag. Wenn sie die Augen zuließ, konnte sie sich fast einbilden, ihr Leben sei wieder intakt. Mehr als intakt. Ein Leben mit einer neuen Liebe. Lächelnd dachte sie an das Lied, das sie gerade komponierte. Es spiegelte genau ihr Empfinden wider, diese köstliche, kribbelnde Erregung über eine neue Liebe, die Begeisterung, die freudige Erwartung, das Gefühl, diesmal könnte es der Richtige sein.
Da war Douglas, doch da war auch noch etwas anderes. Etwas Mächtigeres als Neuartigkeit. Sie hatte viele Flirts gehabt, wenn auch nicht viele Lover, und die Männer hatten alle etwas gemeinsam gehabt – sie hatte mit ihnen Spaß gehabt, aber, wie ihr jetzt klar wurde, auf die oberflächliche Art. Sie versuchte sich vorzustellen, wie Billy Trudloe oder Davis Cleaver einen Tag mit ihr verbracht hätte, nachdem sie blind geworden war. Das ging gar nicht.
Sie war für einen Mann kein Vergnügen mehr, das wusste sie. Wer mit ihr zusammen war, brauchte viel Geduld und musste sehr aufmerksam sein. Die Männer, die sie gekannt hatte, hätten vor ihr und ihren Problemen zurückgescheut, hätten wie die Ratten das sinkende Schiff verlassen. Sie brauchte den ganzen Tag über Hilfe, und das nervte.
Sie konnte nicht ins Kino, zum Ballett oder
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