Midnight Angel: Dunkle Bedrohung (German Edition)
Tod, spiegelte sich in den Fensterscheiben und tausendfach in Silber- und Kristallflächen.
Das Gesicht, das sich ihr zuwandte, war die pure Bosheit, kalte Augen und Berechnung. Sie konnte nirgendwohin rennen, sich nirgends verstecken. Eine rote Flut stieg an, bedeckte den cremefarbenen Teppich, leckte an den Tischbeinen, spritzte gegen die cremefarbenen Sofas. Der Geruch war unerträglich; es war der Gestank des Todes. Rot und weiß, rot rot rot …
Er watete durch das Blut. Es berührte ihn nicht. Eitel wie immer trug er einen hellgrauen Designeranzug. Seine Schritte machten kleine Wellen in die rote Flut, als er auf sie zukam, doch er ging so selbstverständlich hindurch wie über trockenen Boden. Kurz blickte er nach unten und machte ein angewidertes Gesicht.
Er schaute auf, seine Augen ein eisiges Hellblau, und begegnete ihrem Blick. Hinter diesen Augen schien kein Mensch zu sein, nur Bosheit und Berechnung.
Sie sollte fliehen, denn ihr Blut würde sich gleich mit dem roten Meer vereinen. Das war ihr absolut klar. Sie drehte sich um und wollte wegrennen, doch das Blut wurde zäh wie Morast. Sie konnte die Füße nicht bewegen. Ihr Herz schlug wild. Sie musste hier weg! Aber sie kam nicht vom Fleck. Sie öffnete den Mund, um nach Hilfe zu schreien, aber kein Laut kam heraus.
Näher, immer näher kam er, mit einer Eisscherbe in der Hand. Nein, kein Eis, Stahl. Ein scharfer Dolch blinkte silbern im Licht, fuhr in die Höhe, um gleich zuzustechen, kam immer näher … Der Angstschrei in ihrer Brust passte nicht durch die Kehle. Sie wollte rennen und konnte sich nicht bewegen!
Oh Gott, er war so nah, mit diesen eisigen Augen. Der Dolch war verschwunden, an seiner Stelle hielt er einen Baseballschläger. Er holte aus …
»He, he, Honey, wach auf !«
Allegra schrie und strampelte, um zu entkommen, aber sie hatte sich in weichen Falten verheddert, einem schrecklichen Tuch. Sie war eng eingewickelt in Laken und Decken, und sie hatte nichts, um den Baseballschläger abzuwehren. Das blendend weiße Licht war ausgegangen. Sie lag in stickiger Dunkelheit, wehrlos einem Mörder ausgeliefert.
Töte mich nicht, bitte! Die Worte waren in ihrem Kopf, passten aber auch nicht durch die enge Kehle, sie blieben stecken. Verzweifelt presste sie sich mit dem Rücken gegen das Betthaupt, eingehüllt in einen schweißnassen Lakenkokon, der ihre Bewegungen behinderte. Sie konnte nirgendwohin. Sie war gefangen im Dunkeln.
Eine große Hand fasste sie an. Sie schrie, schlug um sich, aber vergeblich.
»Nicht doch .«
Jemand zog sie an sich, jemand Großes. Starke Arme legten sich um sie, drückten nicht zu, hielten sie nur fest.
Ihre Gegenwehr bewirkte gar nichts. Es war, als kämpfte sie gegen eine Mauer. Sie zappelte und wand sich, schlug mit den Fäusten gegen seine Brust, doch er ließ sie nicht los. Er gab nicht mal einen Laut von sich. Keuchend hielt sie schließlich still.
Aber nicht, weil sie müde war. Sie hätte bis zum letzten Atemzug um ihr Leben gekämpft, wenn es nötig gewesen wäre. Sie hörte auf, sich zu wehren, weil das beherrschende Gefühl einer schrecklichen Bedrohung – von etwas Bösem, das sie packen wollte – weg war. Jetzt fühlte sie nur noch … beruhigende Stärke, die sie in der Dunkelheit umfing.
»Alles ist gut, Honey. Du hattest einen Albtraum .« Ruhige Worte. Tiefe Stimme.
Douglas.
Sicherheit.
Sie schluchzte, ihr Atem ging stoßweise. Sie bemühte sich, ruhiger zu atmen, um die Angst niederzuhalten, und konnte schließlich tief durchatmen. Die helle Angst war vorbei und hinterließ Verwirrung und ein wachsendes Gefühl von Einsamkeit und Verlassenheit.
Und Dunkelheit. Sie hasste die Dunkelheit, hatte sie schon immer gehasst, schon als kleines Mädchen.
Ein Kuss auf ihren Kopf, dann die tiefe, beruhigende Stimme. »Das war echt heftig. Möchtest du Wasser ?«
Noch immer atemlos lehnte sie die Stirn an seine Brust und versuchte, sich zu fassen.
Wasser? Sie schüttelte den Kopf. Nein, im Augenblick wollte sie Helligkeit.
Sie hob den Kopf. Es war so schrecklich finster. Das machte die Erinnerung an den Albtraum noch schlimmer, obwohl sie schon stark verblasst war. Aber Licht verscheuchte Albträume am besten. Das wusste jeder.
»Mach das Licht an, Douglas .« Sie rieb sich die Augen. Sie waren nass, obwohl sie sich nicht erinnerte, geweint zu haben. »Oh Gott, das war wirklich schlimm « , keuchte sie. »Ich brauche Licht .«
Er nahm sie fester in die Arme.
Es blieb dunkel.
Warum
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