Midnight Angel: Dunkle Bedrohung (German Edition)
ihr, wie es ist, wenn man einen Mann kennenlernt und sich von der besten Seite zeigen will? Man möchte, dass alles perfekt ist, und irgendwie gelingt das nie. Egal wie sehr man sich anstrengt. Jedenfalls habe ich mich gar nicht um Douglas bemüht. Zu unserem ersten Kuss kam es unter der Bühne in der Stiftung, als im Saal geschossen wurde und ich vor Angst zitterte. Er ist der erste Mann, mit dem ich zusammen war, seit … seit … « Ihre Stimme versagte, und Suzanne strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
»Wir wissen es, Süße .« Sie klang sehr weich vor Zuneigung und Verständnis. Auch etwas, das sie an Suzanne liebte, und an Claire ebenfalls. Sie verstanden sie immer genau.
»Wie auch immer « , sagte Allegra, als sich der Kloß in ihrem Hals aufgelöst hatte. »Was ich so unglaublich finde, ist, dass ich bei ihm immer völlig ich selbst bin. Ich fühle mich vollkommen frei, brauche mir überhaupt keine Gedanken zu machen, wie ich auf ihn wirke oder wie ich aussehe oder … oder dergleichen .«
Sie zwirbelte den Tischdeckensaum zwischen den Fingern, während sie nach Worten suchte, um ihren Freundinnen die Geheimnisse ihres Herzens mitzuteilen.
»Ich dachte, mein Leben ist vorbei, als ich blind aus dem Koma erwacht bin « , sagte sie schließlich leise. »Ich dachte ehrlich, ich könnte ebenso gut tot sein. Dass ich mich jemals wieder verlieben könnte, war unvorstellbar. Vor allem konnte ich mir nicht vorstellen, dass sich noch mal jemand in mich verliebt. Wer sollte mich schon wollen? Ich kann so vieles nicht allein tun, das ist für andere kein Spaß .« Kurz spielte sie mit dem Gedanken, ihnen von den Albträumen zu berichten, die sie mittlerweile selbst im Wachzustand bekam. Doch dann fand sie, das wäre zu aufwühlend, zu gruselig. »Ihr könnt euch also vorstellen, wie überrascht ich war, als dieser große, starke Mann, der alles tun oder haben kann, was er will, mich offenbar haben wollte – mich. Und er will sogar mein ungeschminktes, verletztes Ich. Er scheint an mir überhaupt nichts auszusetzen zu haben .« Sie wischte sich eine Träne weg. »Es kommt mir immer noch vor wie ein Wunder, und ich warte nur darauf, dass er mir sagt, ich sei ihm zu anstrengend. Aber bisher « , sie klopfte auf Holz, »bisher scheint er bleiben zu wollen. Es sind erst zwei Tage – noch nicht mal zwei Tage, und ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber schon diese kurze Zeit mit ihm hat mir geholfen, zu mir selbst zu finden. Bei ihm traue ich mich, ich selbst zu sein. Ich dachte, ich würde nie wieder glücklich werden, aber bei Douglas bin ich es. Es ist ein Riesenwagnis für mich, ihm mein Herz zu öffnen, aber ich habe das Gefühl, mein Herz ist bei ihm in guten Händen .« Sie drehte sich nach links, wo Suzanne saß. »Genau wie du bei John, weißt du ?«
Es war vollkommen still am Tisch.
»Ja, ich weiß « , sagte Suzanne dann und schnäuzte sich lautstark. Von ihrer Wimperntusche konnte nicht mehr viel übrig sein, dachte Allegra.
Rechts von ihr schniefte Claire. »Das ist wundervoll « , sagte sie mit Tränenstimme, dann rief sie aus: »Du meine Güte! Seht mal auf die Uhr! Ich muss vor der Nachmittagsvisite im Krankenhaus sein. Bud ist glatt imstande, die Schläuche zu ziehen und nach draußen zu humpeln, wenn ich nicht da bin. Oder er brät den Ärzten eins über. Suzanne, kannst du für mich mitbezahlen? Ich gebe es dir später zurück. Allegra, ich freue mich so für dich … Oh Gott, ich muss wirklich los !«
Nach hektisch hingehauchten Wangenküssen lief Claire aus dem Restaurant.
Suzanne bezahlte die Rechnung und lehnte Allegras Kreditkarte ab. »Steck sie wieder weg, Süße. Und ich werde auch von Claire kein Geld nehmen. Betrachte es als kleine Feier meiner Schwangerschaft. Lass uns aufbrechen. Der Himmel wird schon dunkel. Ich möchte dich nach Hause bringen und auch heimfahren, bevor John die Marines schickt, damit sie mich suchen .«
Allegra stand frierend vor dem Restaurant und wartete auf Suzanne, die ihren Wagen holen wollte. Sie spürte eine Schneeflocke an der Wange und hob das Gesicht in die kalte Luft, um tief einzuatmen. Dabei kehrte Friede in ihre Seele ein.
Es war ein Glück, dass sie Suzanne und Claire in ihrem Leben hatte. Nicht jeder hatte so gute Freunde.
Nicht jeder hatte einen Douglas.
Zum ersten Mal seit ihrer Erblindung wurde ihr bewusst, wie viel Glück sie eigentlich hatte. Beschämt gestand sie sich ein, dass sie das viel früher hätte sehen können. Sie
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