Midnight Angel: Dunkle Bedrohung (German Edition)
hatte keine Geldsorgen. Sie war kerngesund. Sie hatte Menschen, die sie mochten und sich um sie kümmerten. Lauter Gründe zum Feiern.
Während der ersten Woche im Krankenhaus, ihrer schwärzesten, hatte sie ernsthaft an Selbstmord gedacht. Sie wollte ihrem Leben ein Ende machen, egal wie. Ihr Vater fehlte ihr schrecklich und es schien ihr, als stünde ihr ein Leben in einem schwarzen Abgrund bevor. Doch sie hatte sich geirrt. Es gab Dinge, auf die sie sich freuen konnte. Bud und Claire würden heiraten, das stand nun fest, und Allegra sollte bei der Hochzeitsfeier singen. Im Hinterkopf stellte sie bereits die Auswahl der Lieder zusammen, wenn sie nicht gerade vor Glück weinte. Und Suzannes Kind. Wenn es ein kleines Mädchen würde, würden sie es alle drei mit Kleidern überschütten, während John Suzanne verrückt machte, weil er dem Kind nicht mehr von der Seite wich. Ein kleines Mädchen zum Verwöhnen. Douglas in ihrem Leben, in ihrem Bett. Eigentlich konnte das Leben doch ganz schön sein.
Allegra lächelte.
»Du kleines Miststück. Du wirst kriegen, was du verdienst. Ich sorge dafür, dass du stirbst, und dann wirst du in der Hölle schmoren « , tönte Corey Sandersons Stimme in ihr Ohr, und seine Hand hielt brutal ihren Arm gepackt.
Allegra kreischte mit voller Lautstärke.
15
Hormonregenerationstherapie.
Kowalski kicherte noch darüber, als er in seinem Büro saß. Jack Thompson war eins dreiundsiebzig groß, hundertfünf Kilo schwer, ein erstklassiger Gewehrschütze und behaart wie ein Bär. Er sah aus wie ein Wrestlingstar.
Der brauchte in nächster Zeit keine Hormonregenerationstherapie.
Hormonregenerationstherapie, ausgerechnet.
»Wir müssen die Robertson-Sache in den Griff bekommen .« John kam herein und blickte stirnrunzelnd auf ein Klemmbrett. »Verdammt, er will zwei Leibwächter, so schnell wie möglich. Ich schätze also, wir … « Er blickte auf und blieb abrupt stehen, mit offenem Mund.
Kowalski hatte bereits zwei Männer bestimmt, die den Verleger schützen sollten. Der brachte gerade die Memoiren eines ehemaligen weißen Rassisten heraus, der darin schonungslos auspackte, und hatte schon Morddrohungen von drei paramilitärischen Organisationen erhalten.
John hörte nicht auf, mit offenem Mund zu starren. »He, was starrst du denn so ?« Kowalski wedelte ungeduldig mit seinem Kugelschreiber.
»Du … lächelst .« John setzte sich auf die Schreibtischecke. »Das haut mich völlig um .«
Sofort zog Kowalski die Brauen zusammen. »Ich lächle nicht « , brummte er.
»Doch .«
»Nein .« Kowalski biss die Zähne zusammen. Das war wirklich zu albern.
John grinste von einem Ohr zum anderen. »Aber eindeutig. Ich habe dich seit 1999 nicht mehr lächeln sehen, und das war nur, weil dieses sadistische Arschloch Gannon sich beim HALO das Bein gebrochen hat .« Er schüttelte den Kopf. »Da musste ich selbst grinsen .« Er blickte Kowalski prüfend an. »Doch diesen Gesichtsausdruck habe ich bei dir noch nie gesehen. Du guckst wie ein Trottel, mein Freund. Wie ein Fisch mit einem Haken im Maul, der glücklich ist, dass er an Land gezogen wurde .«
John wich dem Buch mühelos aus, das Kowalski nach seinem Kopf warf, und lachte. »Der Haken steht dir aber nicht schlecht, Senior Chief. Ich frage mich, ob die Angel dieser hinreißenden Rothaarigen mit der tollen Stimme gehört .«
Kowalski beugte sich über den Bericht und tat, als läse er mit großem Interesse den Kostenvoranschlag für ein neues Computersystem, obwohl er kein Wort davon aufnahm. Im Stillen drängte er John, von seinem Schreibtisch aufzustehen und sich zu verziehen, doch John hatte einen genauso starken Willen und sah aus, als könnte er noch drei Tage da sitzen.
Kowalski erlebte etwas völlig Neues – er wurde für sein Liebesleben aufgezogen. Bisher hatte er kein Liebesleben gehabt, nur ein Sexleben, und dafür hatte ihn noch nie jemand aufgezogen, aus dem hervorragenden Grund, dass niemand davon wusste. Er war nie mit einer Frau im Arm zu Partys gegangen, hatte keine seinen Teamkameraden vorgestellt. Er hatte nie eine Zweierbeziehung gehabt.
Jetzthatteereine,wieihmgeradebewusstwurde.Erwarvonallemsoüberwältigtgewesen,dasseserstjetztinseinendickenSchädeleindrang.UndplötzlichkamihmderGedankeinallerKlarheit – erhatteeineFreundin.EineFrau,mitdererseineZeitverbringen,umdieersichkümmern,dieergernhabenkonnte.
Die Vorstellung war so absonderlich. Er wälzte sie hin und her.
Eine Zweierbeziehung. Sie waren ein
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