Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
Herz gefahren war, die er im Crimson-Labor
getötet hatte. Er hatte sich an ihrer Todesqual geweidet, als sich das Titan
durch ihren Blutstrom fraß und sie von innen heraus zum Kochen brachte.
Während er vor langer Zeit
gelernt hatte, seine eigenen Gefühle von sich abzuspalten, hatte er keine
Kontrolle über die übersinnliche Gabe, die er besaß. Wie alle Stammesvampire
hatte er zusätzlich zu den vampirischen Eigenschaften von der väterlichen Seite
auch die individuelle übersinnliche Fähigkeit der Menschenfrau geerbt, die ihn
geboren hatte. Für Tegan bedeutete das, dass er nur jemanden zu streifen
brauchte - ob Mensch oder Vampir -, und schon wusste er, was der andere
empfand. Er musste nur jemanden berühren, und schon absorbierte er dessen
Gefühle. Von dieser Verbindung nährte er sich wie ein Blutegel am Blut seines
Wirtes.
Seine Gabe war ihm das ganze
Leben sowohl Waffe als auch Fluch gewesen; jetzt war sie sein privates Laster,
dem er so selten frönte wie irgend möglich. Aber wenn er es tat, dann mit
absichtsvoller, sadistischer Freude. Es war besser, Genuss aus dem Schmerz und
der Angst von anderen zu ziehen, als zuzulassen, dass seine eigenen Gefühle in
ihm aufstiegen und ihn beherrschten, so wie sie es früher immer getan hatten.
Aber heute Abend hatte er den
Funken einer inneren Befriedigung gespürt, als er den Rogues und den paar
Lakaien den Tod brachte, die offenbar rekrutiert worden waren, um die
Produktion von Crimson fortzusetzen. Als keiner von ihnen mehr am Leben war,
der Betonboden des alten Lagerhauses rot von Blut und glitschig von dem
stinkenden Matsch der Rogues, die er mit Klingen und Kugeln ins Jenseits
befördert hatte, hatte Tegan noch mehr gebraucht.
Aus Gründen, über die er selbst
jetzt nicht weiter nachdenken wollte, hatte er inmitten der Überreste seines
Gemetzels gestanden und nichts weniger gewollt als die totale Zerstörung.
Feuer, Asche und glimmende,
rauchende Trümmer. Er hatte das Crimson-Labor dem Erdboden gleichmachen wollen,
sodass von ihm nur noch ein schwarzer Aschefleck auf der leeren Parzelle übrig
bleiben würde.
Ob er es nun zugeben wollte oder
nicht, wusste er doch, dass diese Zerstörungswut etwas mit Elise zu tun hatte.
Ihr Gesicht war es gewesen, das er vor sich gesehen hatte, als er das Gebäude
in Brand setzte. Der Gedanke an ihren Kummer war es gewesen, der ihn dazu
gebracht hatte, den Tod jedes einzelnen Rogue besonders zu genießen.
Tegan rammte die Fäuste in die
Manteltaschen, stemmte sich gegen den Wind und nahm eine Abkürzung über eine
Hintergasse in South End. Wohin er ging, wusste er nicht genau, obwohl er das
eigentlich hätte wissen sollen. Denn er erkannte Elises erbärmliches Viertel,
noch bevor er in die Straße einbog, die direkt auf ihren Block zuführte.
Immer noch konnte Tegan nicht
begreifen, warum sie in solch armseligen Umständen hauste. Als Witwe eines
hochrangigen Regierungsbeamten des Vampirvolkes musste Elise doch mehr als nur
finanziell abgesichert sein. Sie hätte sich die exklusivsten Vampirreservate
aussuchen können, ohne dass es ihr an etwas gemangelt hätte, unabhängig davon,
ob sie sich einen neuen Gefährten erwählte oder nicht. Dass sie sich
stattdessen dafür entschieden hatte, ihr altes Leben aufzugeben, um unter
menschlichem Abschaum zu leben, überraschte ihn. Als er sie vor etwa vier
Monaten kennengelernt hatte, war sie ihm so behütet und zerbrechlich
vorgekommen. Sie heute Abend so zu sehen, bespritzt mit Lakaienblut und
bewaffnet wie ein Stammeskrieger, hatte ihm einen Schock versetzt.
Aber ungeachtet ihrer
Todesverachtung und ihrer Entschlossenheit war Tegan nicht entgangen, dass
Elise erschöpft war. Sie war müde und ausgelaugt bis auf die Knochen gewesen,
auf eine Art, die tiefer zu gehen schien als die normale körperliche Müdigkeit
nach einer größeren Anstrengung. Und das war der eigentliche Grund dafür, dass
er jetzt schon wieder vor ihrer Wohnung stand.
Er wollte nicht zur Haustür
hinein. Es war spät, wahrscheinlich schlief sie schon. Und solange es draußen
dunkel war, war seine erste Priorität der Orden.
Eigentlich hätte er einfach
weitergehen sollen. Aber nun schlüpfte Tegan zwischen Elises Mietshaus und dem
Nachbargebäude zur Rückseite des Hauses hindurch. Von außen waren die Fenster
ihrer Erdgeschosswohnung pechschwarz, aber die akustischen Dämmplatten aus
Schaumstoff ließen vermutlich auch gar kein Licht durch. Trotz der
Schallisolierung konnte Tegan die tiefen
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