Midnight Breed 03 - Geschöpf der Finsternis-neu-ok-13.11.11
machen, wenn er es persönlich getan hatte?
„Niko sagte, Tegan kam aus
dieser brennenden Lagerhalle wie eine Gestalt aus einem Albtraum“, fuhr Tess
fort. „Und dann ging er ohne weitere Erklärung in die Nacht hinaus.“
Und von dort direkt zu ihrer
Wohnung, um nach ihr zu sehen, wie Elise jetzt erkannte.
„Komm, lass uns weiterreden,
während du etwas isst. Gabrielle wartet oben im Esszimmer auf uns.“
Die drei Frauen verließen die
Krankenstation, Tess’ kleinen Kläffer im Schlepptau, und gingen durch ein
verwirrendes Labyrinth von Gängen und Korridoren in das Herz des unterirdischen
Hauptquartiers des Ordens. Eben waren sie vor einem Fahrstuhl angelangt, als
irgendwo in der Nähe eine automatische Glastür aufglitt und tiefe Männerstimmen
den Gang erfüllten.
Elise konnte Sterlings Stimme
heraushören, aber er klang rauer als sonst, redete von nächtlichen Patrouillen
und seiner Abschussquote von Rogues, an der er noch arbeiten wollte, gerade so,
als wäre das Morden ein Sport für ihn.
Die andere Männerstimme hatte
einen exotischen, rollenden Akzent, der Elise an türkisfarbene Ozeanwellen und
goldene Sonnenuntergänge denken ließ. Das war Dante, erkannte sie, als die
beiden bewaffneten Krieger um die Ecke bogen, und der, der neben Sterling ging,
auf sie zugeeilt kam und Tess in einer festen Umarmung fast vom Boden hob.
„Hallo, mein Engel“, schnurrte
er und fuhr mit dem Mund an ihren Hals, während sie über diesen plötzlichen
verliebten Ansturm auflachte. In seinen Augen blitzte bernsteinfarben das
Begehren nach seiner Geliebten auf, und er gab sich keine Mühe, dieses Gefühl
zu verbergen.
„Du hast mir gefehlt“, flüsterte
sie und streichelte sein dunkles Haar. „Du fehlst mir immer.“
„Nun, jetzt bin ich daheim.“
Seine Worte klangen tief und heiser, als er sich zu ihr herunterbeugte und ihre
Hand umfasste.
Elise konnte die Spitzen seiner
Fangzähne sehen, als er seiner Stammesgefährtin ein langsames, schiefes Lächeln
zuwarf. „Und ich habe großen Durst nach dir, Tess.“
Ihr Lächeln war voller
Sehnsucht. „Ich wollte gerade los, mit meinen Freundinnen einen Bissen essen.“
Savannah lachte. „Ich glaube, da
hast du gerade etwas Besseres gefunden. Wir heben dir ein Sandwich auf. Weiß
Gott, das wirst du wahrscheinlich brauchen.“
Tess strahlte die anderen über
die Schulter hinweg an, als Dante sie davonführte. Das Paar entfernte sich,
ohne einen Zweifel daran zu lassen, was sie gleich in trauter Zweisamkeit
miteinander tun würden.
Tess’ kleiner Terrier fing zu
bellen an, als Dante ihm sein Frauchen entführte, und Savannah bückte sich und
nahm ihn hoch. „Komm mit, mein Kleiner. Für dich finden wir auch noch was
Feines.“ Sie sah zu Elise hinüber. „Ich schau nur schnell mal nach, was Gideon
in seinem Labor treibt. Bin gleich wieder da, ja?“
Elise nickte. Und als sie den
Kopf von Dante und Tess abwandte, die zusammen davongingen, erblickte sie
Sterling, der sie vom anderen Ende des Ganges her anstarrte. Sein Blick war
schneidend, als er ihre Erscheinung in sich aufnahm - ihren kurz geschorenen
Schopf, das blutbesudelte Sweatshirt, die Hosen und feuchten Winterstiefel. Die
Missbilligung, die in seinen Augen stand, war sogar noch deutlicher als Dantes
erste Reaktion auf sie. Elise sah, dass Sterlings Blick auf ihre Hände fiel, zu
ihren Fingern, die nervös mit dem Saum ihres Sweatshirts spielten. Er starrte
ihren Ehering an. In seiner stoppeligen Wange zuckte ein Muskel.
„Willst du mich denn nicht
einmal begrüßen?“, fragte sie in die unerträgliche Stille hinein. „Irgendwann
müssen wir doch miteinander reden, oder nicht?“
Aber Sterling sagte kein Wort.
Mit einem unbestimmten
Kopfschütteln drehte er sich einfach um, ging davon und ließ sie allein im
langen Korridor stehen.
Tegan verspannte sich, als über
dem unterirdischen Schwimmbecken des Hauptquartiers die Lichter ansprangen.
Zuerst hatte er den Dunklen Hafen in Berlin angerufen, dann war er
hierhergekommen, um die Einsamkeit zu suchen und etwas von dem Dampf
abzulassen, der sich nach all dem Stress in ihm angestaut hatte. Er war sauer,
dass Gideon nicht herausbekommen konnte, wer dieses FedEx-Päckchen abgeschickt
hatte, aber es überraschte ihn auch nicht weiter. Der andere musste über ein
riesiges Netzwerk von Lakaien verfügen. Wahrscheinlich war das Tagebuch wie
eine Stafette ein halbes Dutzend Mal von Hand zu Hand gegangen, bevor es in
Boston angekommen war, nur um
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