Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
sie an und schickte einen Lichtstrahl voran in den
dunklen Höhleneingang.
Geh rein,
mach ein paar Fotos von der Gruft und der merkwürdigen Wandbemalung, und dann
nichts wie wieder raus.
Nicht dass
sie Angst hatte. Warum sollte sie auch? Das war nur eine alte Grabstätte - und
sie war schon vor langer Zeit aufgegeben worden. Absolut nichts, um sich zu
ängstigen.
Genau das
sagten sich die ahnungslosen Schauspielerinnen in Horrorfilmen auch immer, und
eine Sekunde später kam etwas auf sie zu und verwandelte sie in Hackfleisch ...
Dylan schalt
sich innerlich. Schließlich war es doch das wirkliche Leben. Die Chancen, dass in
der Dunkelheit dieser Höhle ein Irrer mit der Kettensäge oder ein
menschenfressender Zombie auf sie wartete, standen in etwa so gut wie die
Möglichkeit, sich Auge in Auge mit dem blutsaugenden Monster zu finden, das
Vaseks Großvater gesehen haben wollte. Mit anderen Worten, sie lagen bei null.
Hinter ihr
rauschte sanft der Regen, und Dylan trat zwischen die schmalen Felswände und
zwängte sich vorsichtig in die Höhle hinein, dem Lichtstrahl ihrer Taschenlampe
nach. Als sie einige Meter weit gekommen war, verbreiterte sich der Eingang in
eine tiefere Dunkelheit.
Dylan
schwang den Lichtstrahl einmal rund herum, an der Höhlenwand entlang. Sie war
genauso von Ehrfurcht ergriffen wie gestern.
Die
aufwendigen Wandverzierungen und der Steinquader im Mittelpunkt der Höhle waren
wirklich eindrucksvoll.
Den Mann,
der verdreht auf dem Boden lag und alle viere von sich streckte, sah sie erst,
als sie fast über ihn stolperte.
„Huch!“
Sie atmete
erschrocken ein und prallte einen Schritt zurück. Der Lichtstrahl ihrer Taschenlampe
zuckte wild in der einen Sekunde, die sie brauchte, um sich von dem Schock zu
erholen. Vorsichtig näherte sie den Lichtstrahl wieder der Stelle, wo er lag
... und fand nichts.
Aber dort
hatte er doch gelegen. Vor ihrem inneren Auge konnte sie immer noch den Kopf
mit dem zottigen dunklen Haar sehen und seine staubigen, zerschlissenen
schwarzen Kleider. Wohl ein Landstreicher.
Vermutlich
war es gar nicht so unüblich, dass die Obdachlosen dieser Gegend sich in diesen
Höhlen niederließen.
„Hallo?“,
sagte sie und ließ den Lichtstrahl hastig über den leeren Höhlenboden gleiten.
Dort lagen in einem morbiden Durcheinander ein paar uralte Schädel und Knochen
verstreut, aber das war auch schon alles. Keine Spur von einem Lebewesen - und
das nach Dylans Schätzung schon seit über hundert Jahren nicht mehr.
Wo war er
hin? Sie warf einen Seitenblick auf den riesigen offenen Steinsarg etwa einen
Meter neben ihr.
„Hören Sie,
ich weiß, dass Sie da drin sind. Es ist okay. Ich wollte Sie nicht
erschrecken“, fügte sie hinzu, obwohl es ihr doch etwas absurd schien, dass sie
es war, die ihn beruhigte. Der Typ musste an die zwei Meter groß sein, und
obwohl sie ihn nur kurz gesehen hatte, waren ihr seine muskulösen Arme und
Beine nicht entgangen. Aber so erschöpft und kraftlos, wie er dort am
Höhlenboden gelegen hatte, musste er Schmerzen haben, und irgendwie hatte er
verzweifelt gewirkt. „Sind Sie verletzt? Brauchen Sie Hilfe? Wie heißen Sie?“
Keine
Antwort. Kein auch nur irgendwie geartetes Geräusch.
„Dobry
den?“, rief sie und versuchte es mit den paar kümmerlichen Worten
Tschechisch, die ihr zu Gebote standen. „Mluvíte anglicky?“
Kein Glück.
„Sprechen
Sssie Deutsch?“
Nichts.
„Tut mir
leid, aber das ist alles, was ich zu bieten habe. Es sei denn, Sie wollen, dass
ich ein paar Brocken von meinem alten Highschool- Spanisch ausgrabe und mich
damit komplett blamiere.“ Sie ließ ihren Lichtstrahl weiterwandern und richtete
ihn nach oben, um den oberen Teil der Höhlenwände abzusuchen. „Irgendwie glaube
ich nicht, dass ¿Como esta usted? uns jetzt weiterbringt, oder was
meinen Sie?“
Als sie sich
langsam drehte, erfasste der Lichtstrahl einen Felsvorsprung hoch über ihrem
Kopf. Etwa drei Meter über ihr ragte der Sandstein weit vor und bildete eine
Plattform. Unmöglich, dass jemand es da hinaufschaffte.
Oder ...?
Kaum hatte
sie diesen Gedanken gedacht, begann der dünne Lichtstrahl, der zu dem
Felsvorsprung hinaufleuchtete, zu flackern und wurde zunehmend schwächer. Und
dann war es plötzlich stockdunkel.
„Scheiße“,
flüsterte Dylan. Sie schlug die Taschenlampe ein paarmal gegen ihre Handfläche
und versuchte dann, zunehmend hektischer, das verdammte Ding wieder anzudrehen.
Bevor sie die Staaten verlassen hatte,
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