Midnight Breed 04 - Gebieterin der Dunkelheit-neu-ok-14.11.11
langsam
rosa färbte. „Ihr Timing könnte nicht perfekter sein.“
Reichen trug
einen perfekt sitzenden Maßanzug und ein makellos gebügeltes weißes Hemd, am
Kragen offen. Mit seinem dichten kastanienbraunen Haar, das ihm lose auf die
Schultern fiel und dessen perfekte Wellen seine markanten Züge betonten, wirkte
Reichen so, als käme er gerade vom Fotoshooting eines angesagten
Designerlabels.
Er hob
unmerklich eine dunkle Augenbraue, als er Rios vernachlässigtes Äußeres
registrierte, blieb aber trotzdem der vollkommene Gentleman. Als Rio vom
Lastwagen geklettert war, hielt Reichen ihm mit einem Nicken die Hand hin. „Ich
hoffe, es gab auf der Fahrt keine Schwierigkeiten?“
„Keine.“ Rio
schüttelte dem anderen Vampir kurz die Hand. „An der deutschen Grenze wurden
wir kurz angehalten, aber sie haben den Laster nicht durchsucht.“
„Eine reine
Frage des Geldes“, sagte Reichen und lächelte liebenswürdig. Er sah an Rio
vorbei in den dunklen Anhänger, wo Dylan Alexander auf dem Boden lag. Sie hatte
sich auf der Seite zusammengerollt und schlief friedlich, den Kopf auf ihrem
Rucksack gebettet. „Ich nehme an, Sie haben sie in Trance versetzt?“
Rio nickte.
Etwa eine Stunde nach der Abfahrt hatte er sie außer Gefecht gesetzt, als ihre
endlosen, bohrenden Fragen und das Schlingern des Lasters ihm zu viel geworden
waren. Obwohl er früher am Abend schon Nahrung zu sich genommen hatte,
verlangte sein Körper nach mehr, er war einfach noch nicht wieder völlig auf
dem Damm. Von seinen anderen Problemen ganz zu schweigen.
Den Großteil
der über fünfstündigen Fahrt hatte er gegen Schwindel und Ohnmacht angekämpft.
Er konnte nicht riskieren, dass die Frau, die er gerade entführt hatte, seine
Schwäche bemerkte. Also hatte er sie für die Fahrt in einen leichten
Dämmerschlaf versetzt, bevor sie wieder auf den Gedanken kam, unterwegs zu
versuchen, ihn zu überwältigen und zu fliehen.
„Sie ist
attraktiv“, sagte Reichen, eine beiläufige Bemerkung, die der jungen Frau auch
nicht annähernd gerecht wurde. „Warum bringen Sie sie nicht rein? Ich habe oben
ein Zimmer für sie herrichten lassen. Auch für Sie. Dritter Stock, am Ende des
Korridors links.“
Als Rio
einige Dankesworte murmelte, winkte Reichen ab. „Natürlich können Sie bleiben,
solange Sie wollen. Wenn Sie etwas brauchen, fragen Sie nur. Ich komme mit
Ihren Sachen nach, sobald ich meinen tschechischen Freund für diesen Gefallen
entschädigt habe.“
Als der
Deutsche nach vorne zur Fahrerkabine des Lasters ging, um den Fahrer zu
bezahlen, kletterte Rio wieder hinein, um seine schlafende Gefangene zu holen.
Sie regte sich leicht, als er sie auf die Arme hob und nach draußen trug. Er
ging eilig auf das Anwesen zu und die wenigen Stufen der Eingangstreppe hinauf,
die in das opulent ausgestattete Foyer führte.
Keine
Bewohner des Dunklen Hafens waren zu sehen, auch wenn es um diese Zeit nicht
ungewöhnlich gewesen wäre, einigen der Zivilvampire oder ihren Gefährtinnen zu
begegnen, die das weitläufige Anwesen gemeinschaftlich bewohnten. Vermutlich
hatte Reichen dafür gesorgt, dass das Haus bei Rios Ankunft ruhig war und es
keine neugierigen Augen und Ohren gab. Ganz zu schweigen davon, dass die
Zivilisten davor geschützt werden mussten, von jemandem wie Dylan Alexander
identifiziert zu werden.
Einer
gottverdammten Reporterin.
Rio presste
beim Gedanken daran, welchen Schaden die Frau in seinen Armen anrichten konnte,
fest die Zähne zusammen. Mit nur einem Federstrich - oder ihrer
Computertastatur - konnte sie diesen Dunklen Hafen und die etwa hundert
anderen, die es in Europa und den Vereinigten Staaten gab, in schreckliche
Gefahr bringen. Wenn die Menschheit erst über handfeste Beweise verfügte, dass
Vampire unter ihnen lebten, waren ihnen Verfolgung, Unterwerfung und
letztendlich die vollständige Vernichtung sicher. Abgesehen von diversen
Vampirlegenden, die zumeist sachlich ungenau waren und heutzutage vom modernen
Menschen als Fiktion abgetan wurden, hatte der Stamm sich über tausende von
Jahren vor der Entdeckung verborgen gehalten.
Nur so hatte
er so lange überleben können.
Aber jetzt
hatte er all das vielleicht durch seine Fahrlässigkeit - seine Schwäche - in
einem einzigen unvorsichtigen Augenblick zunichte gemacht. Er musste es wieder
in Ordnung bringen, tun, was immer nötig war, um die blutende Wunde zu
versorgen, die diese Frau dem Vampirvolk mit ihrer Geschichte schlagen konnte.
Rio trug sie
durch
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