Midnight Breed 06 - Gesandte des Zwielichts-neu-ok-16.11.11
auf.
Seine schöne, außergewöhnliche Claire. Nach heute Nacht würde sie endgültig
frei von Roth sein. Dafür würde Reichen sorgen. Nach heute Nacht würde sie in
Sicherheit sein, ganz gleich, was er dafür tun musste. „Ich muss los“, sagte er
erneut.
Beschwörend sah sie zu ihm auf. „Andre...
versprichst du es?“
„Pass auf dich auf, Claire. Ich liebe dich.“
Er schloss sich Tegan und den anderen Kriegern
an und schaute nicht zurück.
Claire blieb eine ganze Weile stehen und sah
erstarrt zu, wie der Wald Andreas und die anderen Krieger verschluckte. Sie
hatte ihre tapfere Fassade länger aufrechterhalten, als sie erwartet hatte.
Aber jetzt, wo er fort war, fühlte sie sich schwach und etwas wacklig auf den
Beinen. Sie zuckte zusammen, als ihr eine Hand auf die Schulter tippte.
„Hey.“ Es war Dylan, ihr Blick war sanft und
mitfühlend. „Komm zum Rover. Da drin ist es wärmer.
Rio und ich leisten dir Gesellschaft, bis das
hier vorbei ist.“
Sie ließ sich zu dem wartenden Fahrzeug
zurückführen, wo sie feststellte, dass auch Renata sich den Kriegern
angeschlossen hatte. Im Wageninneren stand Rio in Funkkontakt mit sämtlichen
Teilnehmern des Einsatzes, auch mit Andreas. Diese Verbindung zu ihm, wenn auch
nur elektronisch, tröstete sie ein wenig. So konnte sie zumindest hin und
wieder seine Stimme hören und wusste, dass er noch bei ihr war. Noch am Leben.
Sie weigerte sich, über die vielen furchtbaren
Möglichkeiten nachzudenken, wie diese Nacht ausgehen konnte. Stattdessen
klammerte sie sich an die Wärme von Andreas' Umarmung, seinen
leidenschaftlichen Kuss und seine liebevollen Worte.
Er musste zu ihr zurückkommen.
Er musste überleben.
Während sie diese Gedanken an sich presste wie
einen Schild, ertönte aus dem Empfänger über dem Armaturenbrett des Rover
Tegans Stimme.
„Scheiße, ich glaube, wir haben was hier
draußen.“
Im Hintergrund war das Geräusch von Stiefeln zu
hören, die vorsichtig durchs Laub raschelten. „Oh, verflucht, ja... wir haben
allerdings was. Verfallene Scheune, etwa vier- oder fünfhundert Meter
nordöstlich vom Rover.“
„Verstanden“, kam Brocks knurrender Bass. „Wir
kommen.“
Claire wechselte einen ängstlichen Blick mit
Dylan, als weitere Krieger meldeten, dass sie sich sternförmig der Stelle
näherten, die Tegan durchgegeben hatte.
„Ein paar Lakaien sind davor postiert,
bewaffnet mit halb automatischen Gewehren“, ergänzte Tegan.
„Reichen und ich kümmern uns um sie. Alle
anderen bilden die Nachhut.“
Einige Sekunden später dröhnten Schüsse aus dem
Wald.
29
Wilhelm Roth wandte sich von den Monitoren der
in der alten Scheune versteckten Videoüberwachungskameras ab, nachdem der Orden
die Handvoll Lakaien niedergemäht hatte, die am ebenerdigen Eingang zum Labor
als Wachen postiert gewesen waren. Die Lakaien waren entbehrlich, nichts weiter
als ein kleines Hindernis, um die Sache glaubwürdiger zu machen. Schließlich
wäre der Orden misstrauisch geworden, wenn er und Dragos ihnen zur Begrüßung
den roten Teppich ausgerollt hätten. Sollten sie ruhig denken, dass sie sich
ein bisschen anstrengen mussten, um ans Ziel zu kommen. Sollten sie sich nur in
der Sicherheit wiegen, dass sie alles unter Kontrolle hatten - auch wenn sie
die ganze Zeit über erwartet wurden und man ihrer Ankunft sogar etwas
nachgeholfen hatte.
Da sich inzwischen alle Zugang zu der
unterirdischen Einrichtung verschafft hatten, konnte es nur noch wenige Minuten
dauern, bis der Trupp von Kriegern und Andreas Reichen den Weg hinunter durch
die Erdkatakomben des Bunkers ins Herz von Dragos' Zentrale gefunden hatten.
Und noch ein paar Minuten, bis sie erkannten, dass sie in die Falle gelaufen
waren, und begriffen, dass es kein Entkommen gab.
Nur eine Frage von Minuten, bis Roth das
besondere Vergnügen vergönnt war, sie allesamt auf einen Schlag zu töten.
Er lächelte mit ehrlicher Schadenfreude, als er
sich an das halbe Dutzend Gen-Eins-Killer wandte, das sich mit ihm im
Kontrollraum versammelt hatten.
„Zwei von euch kommen mit mir“, befahl er. Ihm
war egal, welche der von Dragos gezüchteten und erstklassig trainierten Killer
ihn begleiteten, schließlich waren sie alle für das Tötungshandwerk gezüchtet
worden. „Der Rest von euch geht hoch und bewacht den Eingang. Sorgt dafür, dass
keiner herein- oder hinauskommt.“
Als vier von ihnen sich in Bewegung setzten, um
seinen Befehl auszuführen, verließ Wilhelm Roth den Kontrollraum,
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