Midnight Man (02) – Gefährliche Mission
will nicht sterben.
Wie weit war John noch weg gewesen? Drei Blocks? Wie schnell konnte er hier sein, wenn er auf die Tube drückte? Parkte er gerade? Rannte er aufs Haus zu?
Eines wusste sie sicher: John würde so schnell fahren wie nur irgend möglich, und wenn sich etwas tun ließe, um sie vor dem Killer zu schützen, würde John es tun.
Es gab niemanden auf der Welt, von dem sie sich lieber retten lassen würde.
Wo war der Killer jetzt? Ihr Wohnzimmer war ebenfalls reichlich mit Möbeln bestückt, zwei Sofas, Sessel, mehrere Tischchen und Fußschemel. Dazu kamen diverse Bodenvasen. Wollte er leise sein, würden ihn die Dinge beträchtlich aufhalten.
Wenn nicht, würde er schnell vorankommen. Hatte er inzwischen das Licht angemacht, weil er es leid war, sich im Dunkeln zu stoßen? Wenn er wusste, dass sie zu Hause war, dann wusste er auch, dass nur ein Zimmer übrig blieb, in dem sie noch sein konnte. Wenn er wollte, konnte er innerhalb einer Minute die Schlafzimmertür und die Schranktür eintreten und sie erschießen.
Was für ein Geräusch war das? Sie spannte alle Muskeln an und stieß den Atem aus. Ihr Mund war staubtrocken.
Es war entsetzlich, im Dunkeln zu kauern wie ein Fuchs im Bau, vor dem die Hunde bellten. Ihr Herz klopfte so laut, unmöglich, dass das keiner hörte. Es würde ihr Versteck sofort verraten.
Sie wischte sich das Gesicht am Ärmel ab. Egal was passierte, sie wollte etwas sehen können. Und sei es auch die Pistole, die ihr Leben beendete. Sie trocknete sich die Augen und kaute auf den Lippen, befahl sich, nicht mehr zu weinen. Nicht mehr zu zittern. Sie klemmte die Hände zwischen die Knie.
Sie hatte nicht gewusst, dass sie solch ein Feigling war. Woher auch? Sie war noch nie in Gefahr gewesen, in ernster Gefahr, mal abgesehen von der, in der sich jede allein lebende Frau täglich befand.
Ich will nicht sterben, dachte sie wieder und lehnte die Stirn gegen die Knie. Eine Träne fiel und rollte an ihrer Wade hinunter.
Sie wartete endlos.
Ihre Uhr lag auf dem Nachttisch. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seit sie den Killer entdeckt hatte. Seit sie John angerufen hatte. Zehn Minuten? Zwei Minuten? Eine halbe Stunde? In dem dunklen Schrank verlor man das Zeitgefühl, außer man zählte die Sekunden.
Hatte sie John in den Tod geschickt? Er hatte nicht mal gezögert, sondern sofort Gas gegeben. Hätte sie doch besser die Polizei angerufen? Vielleicht würde sie noch jemanden mit in den Tod reißen. Einen guten Mann. Einen Mann, der sich für sie bereitwillig in Gefahr stürzte.
In diesem Augenblick konnte er blutend da draußen liegen. Vielleicht verbluten …
Das wäre das Schlimmste von allem.
Abrupt richtete sie sich auf. Da war eindeutig ein Geräusch gewesen. Etwas Schweres war umgekippt. Ein Sessel? Ein … Mensch? Es war aus dem Wohnzimmer gekommen, direkt vor der Tür zum Schlafzimmer. Jetzt war es still. Sie horchte angestrengt.
Da, wieder ein Geräusch, es klang metallisch.
Jemand war dabei, das Schloss zu knacken.
Suzanne wischte sich erneut die Augen trocken. Die nächsten Sekunden wollte sie mit klarem Blick erleben.
Kratzen … der Stuhl wurde zur Seite geschoben. Licht fiel durch die Lamellen der Schranktür. Eine Silhouette zeichnete sich davor ab.
Suzanne wartete mit trockenen Augen und ruhig atmend, versuchte irrsinnigerweise, sich gegen die Kugel zu wappnen. Sie rutschte noch einen Zentimeter zurück, presste sich gegen die Holzlatten und wünschte, sie könnte sich hindurchdrücken.
Die Schranktür ging auf. Ein Mann füllte den Türrahmen aus. Die breiten Schultern stießen fast dagegen. Er hatte das Gesicht eines Killers – schmale Wangen, kalte, finstere Augen, einen harten Mund – und hielt eine große schwarze Pistole in der Hand.
Mit einem erleichterten Aufschrei stürzte Suzanne in seine Arme.
7
John schloss sie heftig in die Arme.
Suzanne zitterte am ganzen Körper, hielt mit aller Macht die Tränen zurück und atmete in unregelmäßigen Stößen. Gott sei Dank, sie war am Leben.
John legte die rechte Hand an ihren Hinterkopf und den linken Arm um ihre Taille und hielt sie fest an sich gedrückt.
Sie hatte Todesangst ausgestanden, und er ebenfalls. Er konnte sich nicht erinnern, schon mal solche Angst gehabt zu haben. Nicht im heftigsten Gefecht.
Um sich selbst hatte er keine Angst gehabt. Der Zugriff war glatt abgelaufen, eine SEAL-Operation wie aus dem Lehrbuch. Dass John da war, wusste der Gegner erst, als er
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