Midnight Man (02) – Gefährliche Mission
Dank hatte Suzanne ihr Handy in Reichweite gehabt.
Der Kerl war kein Amateur. Die Interloc-Anlage und die Telefonleitung gebrauchsunfähig zu machen, erforderte einiges an Wissen. John rechnete trotzdem nicht mit nennenswerter Gegenwehr. Schon im Flur hörte er, dass der Kerl inzwischen in Suzannes Wohnzimmer war. Er polterte herum wie ein Bär im Wald.
Die S IG schied aus. John wusste nicht, ob der Killer eine kugelsichere Weste trug. Ein zweifacher Schuss in den Hinterkopf war ebenfalls keine Option – er wollte den Typen schließlich noch identifizieren können. Er wollte das Gesicht von dem Schweinehund sehen, der seine Frau bedrohte.
Blieb das KA-BAR.
John konnte im Dunkeln ausgezeichnet sehen. Er bewegte sich flink und lautlos durch das Büro in den nächsten Raum. Eine Küche. Leer. Suzannes Wohnung war genauso angelegt wie seine. Vier Zimmer. Das Schlafzimmer war der hinterste Raum, hatte sie gesagt. Also hatte er noch einen vor sich.
John schlich schneller, ging durch die nächste Tür und … da war er! Mit gezogener Waffe, die andere Hand am Knauf der Schlafzimmertür, noch immer völlig ahnungslos, dass jemand nach ihm ins Haus gekommen war.
Er starb mit dem Gesicht am Boden und dem Messer im Hals.
John schaltete das Licht ein, sowie der Mann auf dem Boden lag. Zwei, drei Sekunden lang trommelte er mit den Füßen, und das Blut quoll und spritzte heraus. John sah kalt zu, wie der Killer auf dem Parkett verblutete, dann auf die unmissverständliche Weise erschlaffte. Eine Sekunde lang betrachtete er ihn und überlegte.
Neben dem Sofa lag das Telefonbuch von Portland. Es gab zwei ganze Seiten mit Morrisons, aber nur einen Tyler Morrison. Er wählte die Nummer auf seinem Mobiltelefon.
»Morrison.« Obwohl es mitten in der Nacht war, klang Bud hellwach. Selbst wenn man ihn aus dem Tiefschlaf riss, klang er so. Das wusste John aus Erfahrung.
»Bud, hier John. Huntington.« John sprach leise.
Bud vergeudete keine Zeit mit Höflichkeiten. »Was ist los, John? Bist du in Schwierigkeiten?«
»Könnte man sagen. Habe gerade einen Mann getötet.« John hörte Bettzeug rascheln und eine leise Frauenstimme im Hintergrund. Ihm fiel ein, dass Suzanne gesagt hatte, Bud sei mit einer ihrer Freundinnen zusammen. »Tut mir leid, dass ich dich aus dem Bett hole, Bud, aber ich muss das melden. Ich bin im Haus von Suzanne Barron in der Rose Street. Ein Mann ist bei ihr eingebrochen. Bewaffnet. Ich hab ihn erledigt. Du kommst besser mit deinen Leuten her. Es ist kein schöner Anblick.«
Bud legte die Hand über die Sprechmuschel, und John hörte gedämpfte Beschwichtigungen. Dann sagte Bud zu ihm: »Bin gleich da.« Bettfedern quietschten. »Ich mache Meldung und fahre direkt zu Suzannes Haus. Die anderen werden in einer Viertelstunde da sein.«
»Die Tür steht offen«, meinte John. »Der Kerl hat die Alarmanlage zerstört. Und ihr könnt mit Sirene kommen, er kann nicht mehr weglaufen. Warte mal eine Sekunde, Bud.«
John ging neben dem Toten in die Hocke.
Die Spurensicherung würde gleich kommen, und er hatte nicht vor, etwas zu verändern, aber was er vom bloßen Hinsehen erfuhr, war eine schlechte Neuigkeit. Die Waffe, die der Täter mitsamt der Taschenlampe fallen lassen hatte, als er sich an den Hals fuhr, war ein schallgedämpfter .22 Colt Woodsman. Und das raue Rechteck an der Seite sagte alles. John biss die Zähne zusammen.
Der Colt Woodsman war eine von Killern bevorzugte Waffe.
John ballte die Faust bei dem Gedanken, was das Geschoss aus der .22er bei Suzanne angerichtet hätte. Das waren Unterschallgeschosse, perfekt für Schalldämpfer. Damit konnte man aus nächster Nähe arbeiten. Die Kugeln durchschlugen den Körper nicht in gerader Bahn, sondern prallten mehrfach ab und wechselten die Richtung, sodass sie furchtbare Verletzungen anrichteten. Er ließ die Vorstellung, was ein Kopfschuss angerichtet hätte, gar nicht erst aufkommen, und sagte ins Telefon: »Ich denke, wir haben einen Profi erwischt, Bud.«
»Ja? Wieso?«
»Er hat einen Colt Woodsman mit rausgefeilter Seriennummer und Schalldämpfer. Die nimmt man nicht mit, wenn man das Silber klauen will.« John klopfte gegen die Brust des Toten. Er hatte recht gehabt. »Und er trägt eine schusssichere Weste. Ist bei Einbrechern auch nicht üblich.« Plötzlich kribbelte es ihm im Nacken. Er kannte das Kribbeln und konnte sich darauf verlassen. Das war nicht gut. »Beeil dich, Bud.«
»Bin schon unterwegs, Kumpel.«
John legte auf,
Weitere Kostenlose Bücher