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Miese Chefs

Miese Chefs

Titel: Miese Chefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan White
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dass wir einen gewissen Grad an Tarnung brauchen, um zu verhindern, dass das ganze Ausmaß unserer Schrecklichkeit ans Licht kommt. Wir sollten uns wie Pilze verhalten: Sie wachsen zum Großteil unter der Erde, wobei nur der Fruchtkörper hin und wieder die Oberfläche durchbricht, um einige Sporen abzusondern. Hitler war kein Pilz. Hitler hielt nicht viel von Tarnung. Während der 1930er-Jahre, insbesondere in den späten 1930ern, als seine Armeen begannen, an den ersten strategischen Plätzen einzurücken, standen keineswegs alle Leute dem Nazi-Ansatz positiv gegenüber. Bis heute kann man sagen, dass sich Nazitum keineswegs universeller Popularität erfreut hat.
    Es war einfach zu viel von Hitlers Tyrannei an den Kult seiner Person gebunden; er war ein echter Tyrann, aber kein systematischer. Als er sich 1945 in Berlin erschoss, löste sich die nationalsozialistische Partei mehr oder minder sofort auf und Deutschland kapitulierte fast augenblicklich vor den Alliierten.
    Stalin war nicht weniger tyrannisch als Hitler. Er erreichte verblüffende Höhen der Macht, war völlig rücksichtslos, brachte Millionen von Menschen um. Der einzige Unterschied ist der, dass Stalin viel methodischer war und seinen Ehrgeiz in vernünftigen Grenzen hielt, wohingegen Hitler … nun, nur Gott weiß, was Hitler wirklich wollte, aber so, wie sich die Sache darstellte, können wir nur davon ausgehen, dass er die Welt beherrschen wollte. Stalin dagegen war zufrieden, Russland zu beherrschen (Papiere, die nach seinem Tod aufgetaucht sind, geben Hinweise darauf, dass er erheblich mehr wollte, aber es ist schwer zu sagen, ob er diesen Neigungen jemals gefolgt wäre). Das soll nicht heißen, er wäre kein Expansionist gewesen. Seit Iwan hat Russland nicht mehr so viel Territorium geschluckt wie während der Sowjetzeit, wobei ein Großteil Osteuropas unter den Einfluss Moskaus geriet. Stalin benutzte all die üblichen Tricks, um seine Rivalen unbarmherzig zu beherrschen, genau wie sein Volk und seine Handlanger. Er teilte und herrschte so effektiv, dass er es schaffte, einen fast konstanten Grad frenetischen Wettbewerbs aufrechtzuerhalten.
    Was Stalin gelang und Hitler nicht, war das Hinterlassen eines dauerhaften Vermächtnisses, einer Kultur des Schreckens.
    Doch was Stalin gelang und Hitler nicht, war das Hinterlassen eines dauerhaften Vermächtnisses, einer Kultur des Schreckens, die bis vor relativ kurzer Zeit im modernen Russland überlebt hat (manch einer würde sagen, es gibt sie noch heute) und der es noch Jahrzehnte nach seinem Tod überaus wohlerging.
    Er schuf eine Kultur der Geheimniskrämerei. Unter Stalins Führung wurde fast alles als absolut geheim betrachtet. Direktiven in den russischen Geheimarchiven zeigen, dass keine Entscheidung, die von irgendwelchen leitenden Komitees getroffen wurde, aufgezeichnet werden durfte. Denken Sie darüber mal einen Moment lang nach. Ein Land von der Größe und Komplexität Russlands, in dem kritische politische Entscheidungen nicht auf Papier festgehalten wurden. Plötzlich waren jene, die über Informationen verfügten, unglaublich mächtig und einflussreich. Und wer hatte die Informationen letztlich? Der Typ ganz oben, gefolgt von denen, die Zugang zu ihm hatten, und dann jene mit Zugang zu den Leuten, die Zugang zu denen hatten, und so weiter und so weiter.
    Das Leben gestaltet sich so, dass Informationen Macht bedeuten. Stalin – alias Tyrann – misstraute zu Recht seinen Handlangern und sah in ihnen die Bedrohung, die sie tatsächlich auch darstellten. Daher umgab er sich mit einer riesigen Leibwache. Er war vielleicht der am schwersten bewachte Führer in der modernen Geschichte. Schließlich wurde seine Leibwache zur herrschenden Partei, da die Nähe seiner Leibwächter bedeutete, dass in Wahrheit sie die Entscheidungsträger und Machthaber der Sowjetunion waren, privilegiert durch ihren Zugang zu den entscheidenden Faktoren: Informationen und dem Willen des »Chefs«.
    Stalin nahm sich als Leibwächter gewöhnliche Leute, die ihm phänomenale Loyalität entgegenbrachten, da er sie aus der völligen Bedeutungslosigkeit erhoben hatte. Dadurch folgte Stalin dem Vermächtnis (möglicherweise wissentlich) unseres Helden Iwan dem Schrecklichen. Iwan hatte 450 Jahre zuvor genau dasselbe getan und die Garde des Großfürsten war seitdem ein fester Bestandteil der russischer Oberschicht, selbst wenn sich die Nomenklatur mit der Zeit etwas verändert hat.
    Stalin beseitigte sämtliche

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