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Miese Chefs

Miese Chefs

Titel: Miese Chefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan White
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erschossen wurde. Stalin sah sich die Aufzeichnungen über Bukharins Prozess persönlich an und stellte sicher, dass das, was die Welt für Bukharins letzte Worte hält, seiner, Stalins, Version der Geschichte entsprach.
    Stalin merzte weiterhin erbarmungslos Zehntausende politische Gegner, mögliche politische Gegner, Revolutionäre der alten Schule, aufrührerische Armeekommandanten, ihre Frauen und Bekannten aus. Die meisten wurden erschossen oder in Arbeitslager (Gulags) im hohen Norden verbannt. Ihre Zahlen wurden weiter durch Hunderttausende Kleinkriminelle verstärkt, Leute, die man politische Witze hatte erzählen hören, und solche, die das uralte Verbrechen, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, begangen hatten. Man vermutet, dass über 1,6 Millionen Menschen ihren Weg in die Arbeitslager fanden und der UdSSR unbezahlte physische Arbeit lieferten.
    Die Zahlen der Arretierten spiegelten keineswegs die antistalinistischen Tendenzen im Land wider, sondern waren abhängig von den geplanten Meisterwerken ziviler Ingenieurskunst. Die Gulag-Insassen wurden tatsächlich auf Bestellung festgenommen. Stalin sorgte dafür, dass die unterschiedlichen Fraktionen der kommunistischen Partei einander an die Kehle gingen, sowie für einen gesunden Umsatz an politischen Opponenten, sodass die Konkurrenz in Sowjetrussland sich stets bester Gesundheit erfreuen konnte. Ebendieser Grad angespannten, theatralischen Wettbewerbs verlieh seiner Diktatur Sinn und sorgte dafür, dass ihn niemand infrage stellte. Sogar 1956, sechs Jahre nach seinem Tod und nach der Aufdeckung der Gulags und noch schlimmerer Dinge, hielt Winston Churchill eine Rede vor dem House of Commons, in der er sagte:
    »Es war Russlands großes Glück, dass es in den Jahren seiner schwersten Prüfungen an seiner Spitze ein Genie und einen unnachgiebigen militärischen Führer wie Stalin hatte.«
    Stalin kam nicht nur damit durch, einer der rücksichtslosesten, diktatorischsten und mörderischsten Staatslenker aller Zeiten zu sein – er wurde dafür auch noch gelobt.
    Wie Sie sehen, kann Tyrannei unter den richtigen Bedingungen durchaus aufblühen. Schauen Sie sich um und denken Sie darüber nach, wie unsicher und konkurrenzgeprägt Ihre Arbeitsumgebung ist. Reflektieren Sie über Ihr Team, Ihre Abteilung, Ihre Firma, Ihre Industrie, die ökonomische Perspektive Ihres Landes. Ist sie sicher und stabil oder unsicher und konkurrenzgeprägt? Richtig! Sie sieht unsicher und konkurrenzgeprägt aus, nicht wahr? Und zwar heute höchstwahrscheinlich noch viel mehr als seit vielen Hundert Jahren. Infolgedessen sollte tyrannische Führung Sinn machen, womit wir uns einer unangenehmen Wahrheit gegenübersehen: Warum gibt es nicht mehr Alleinherrscher?
    Es gibt viele, verstehen Sie mich nicht falsch, und sogar noch mehr, die aktiv versuchen, ihr ureigenes, angeborenes Tyrannentum anzuzapfen, aber ich habe immer noch den Eindruck, dass es in einer derartig reifen Situation mehr Tyrannen als Weichei-Chefs da draußen geben sollte und nicht umgekehrt. Der Grund, warum dem nicht so ist, ist einfach: Gewöhnung. Wir haben uns schlicht an diesen Grad von Unsicherheit und Konkurrenz, der unser Leben prägt, gewöhnt.
    Von Jugend an stehen wir in offenem und aktivem Wettbewerb zu unseren Klassenkameraden um die besten Noten, die besten Plätze in Schulen, Stipendien, Sportauszeichnungen etc. In Japan arbeitet ein durchschnittlicher 15-Jähriger etwa 14 Stunden am Tag. In England treibt der Konkurrenzkampf um Stipendien für gute Schulen die Kinder dazu, zwei Instrumente, eine Fremdsprache und mehrere Sportarten zu lernen, gute Noten in jedem Fach zu schreiben, und all das mit elf Jahren. Kein Wunder also, dass wir, sobald wir erwachsen sind, uns an einen Grad von Konkurrenzdruck gewöhnt haben, bei dem unsere Vorfahren mit den Ohren geschlackert hätten. Und das ist nur Konkurrenzdruck!
    Angesichts der überreifen Situation sollte es mehr Tyrannen als Weichei-Chefs da draußen geben.
    Nie zuvor haben wir uns solcher Unsicherheit hinsichtlich der Zukunft ausgesetzt gesehen. In den 1960er-Jahren genossen die Diktatoren die Unsicherheit und Angst, die der Kalte Krieg erzeugte, da dieses Klima ihnen erlaubte, ihre teuflische Seite voll auszuspielen. Heute sind wir durch das Internet und 24-Stunden-Nachrichtenkanäle wesentlich besser vernetzt, sodass wir uns alle selbst mit einem wahren Sammelsurium von Unsicherheiten einseifen können: internationaler Terrorismus, globale

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