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Miese Chefs

Miese Chefs

Titel: Miese Chefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan White
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haben Ihre Eltern, Großeltern, Ihr Kindermädchen oder der Wolf, der Sie im Dschungel großgezogen hat, Ihnen wahrscheinlich ein paar Geschichten vorgelesen. Das waren einfache, formelhafte Sagen von Helden und ihren Taten. Sie alle hatten wahrscheinlich etwas gemeinsam und gingen in etwa so:
    Plot für Identikit-Märchen
    Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin. Sie war jung, schlank, attraktiv und, das ist entscheidend, sie war keine Schlampe. Sie war nett zu Tieren und betrank sich nicht an den Wochenenden. Sie litt an einem oder mehreren der folgenden Gebrechen: böse Stiefmutter, böse Stiefschwester, ein Fluch, der sie nachts in eine hässliche Vettel verwandelte, Kraushaar oder allgemeiner Monsterismus. In jedem Fall führten eines oder mehrere dieser Gebrechen dazu, dass die Prinzessin in einer abgelegenen Burg mit äußerst unzureichenden Sanitäranlagen landete. Es ist unklar, wie der Cateringservice in der Burg war, doch es scheint plausibel, dass die Tiere aus dem Wald Beeren lieferten.
    Die Burg wurde von einem furchterregenden, feuerspuckenden Drachen namens Dargon oder Gordan oder Notker bewacht. Rückblickend wahrscheinlich doch nicht Notker, aber der Drache hieß niemals Simon oder Champ. Die Prinzessin steckte in einer schwierigen Lage, aber glücklicherweise hörte ihr ältlicher Vater oder ein vorüberziehender Einsiedler oder ein Tier aus dem Wald (Vogel, Eichhörnchen, Krabbe etc.) von ihrer ungünstigen Unterbringung und verbreitete die Nachricht an die örtlichen Prinzen. Auf der Straße sprach sich herum, dass derjenige, der die Prinzessin von besagtem übel beleumdeten Drachen retten konnte, mit ihr schlafen durfte und das Reich ihres Vaters erben würde. Wegen der Kinder wird der »mit ihr schlafen«-Teil normalerweise überblättert und stattdessen wird von »Ehe« gesprochen, aber wir alle wissen, was läuft. Im Wesentlichen spielte der alte König für seine Tochter den Zuhälter, um einen lästigen Drachen loszuwerden. Wirkt kaltschnäuzig, aber wir waren alle schon in derselben Lage.
    Die Prinzen erschienen alle in ungeeigneter, schwerer Rüstung und wurden von Notker dem Drachen gegrillt oder in Stücke gerissen. Schließlich trat ein junger Mann von unklarer Herkunft auf, dessen bisherige Aufgabe darin bestand, die königlichen Stallungen auszumisten (oder sonst ein ehrbares Handwerk), und machte sich auf, bewaffnet lediglich mit einem Besen und der neuesten Ausgabe von »Lanzenstechen leicht gemacht«.
    Er erschlug den Drachen mit einer gut ausgewogenen Kombination aus Witz, Stärke und Tapferkeit oder fand heraus, dass der Drache nur sauer war, weil ihn niemand mit seinem richtigen Namen – Simon – anredete. Die Prinzessin verliebte sich Hals über Kopf, der Junge erwies sich als verloren geglaubter Prinz und alle lebten glücklich bis an ihr Ende.
    Wir alle sind mit dieser Formel wohlvertraut. Sie dient als Metapher, die wir für den Rest unseres Lebens anwenden können. Die Leute tun Dinge nur aus einem von zwei Gründen, und beide kommen in unserem Märchenplot vor. Der erste Grund ist das Vermeiden von etwas Schlechtem, z. B. von einem Drachen gefressen zu werden. Ein Großteil der tatsächlichen Tätigkeiten, die unsere tapferen Prinzen auf sich nehmen (ob erfolgreich oder gegrillt), beinhaltet Lanzen, Schwerter, Herumrennen und Ausweichen in letzter Sekunde. All diese Aktivitäten werden durch die Gegenwart des Drachen ausgelöst.
    Ein Großteil von dem, was die Prinzen tun, ist mehr drachenorientiert als prinzessinnenorientiert.
    Wenn Sie die Prinzessin aus dem Bild entfernen, würden sie immer noch all das tun müssen, um nicht gefressen zu werden. Der zweite Grund dafür, etwas zu tun, ist, etwas Gutes zu bekommen, z. B. mit der Prinzessin schlafen, sorry, sie »heiraten«. (Denken Sie dran: Das ist eine heiße Braut, wenn sie hässlich wäre, würde das Ganze irgendwie den Glanz verlieren.) Ein kleiner Teil der Tätigkeiten, die unsere Prinzen auf sich nehmen, ist völlig prinzessinnenorientiert, z. B. dass sie sich überhaupt aufmachen, ein paar Snacks einpacken, das Pferd füttern, sich die Haare kämmen etc. Die entscheidende, tyrannische Wahrheit hierbei ist, dass mehr von dem, was die Prinzen tun, drachenorientiert als prinzessinnenorientiert ist. Und das gilt auch für das alltägliche Leben.
    Zu Beginn dieses Kapitels habe ich gesagt, dass die Peitsche stets über das Zuckerbrot siegt. Durch unser Märchen können wir das jetzt reformulieren: »Wenn Sie die

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