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Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (German Edition)

Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (German Edition)

Titel: Miese Stimmung: Eine Streitschrift gegen positives Denken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Retzer
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Ritalin ® in den Handel gebracht. Den Handelsnamen verdankt Methylphenidat der Frau des Erfinders: Rita. Sie benutzte Methylphenidat im Selbstversuch wohl auch als Erste schon als Doping. Sie steigerte unter Ritalin ® ihre Leistung im Tennisspiel. Nachdem Methylphenidat zunächst rezeptfrei erhältlich war, unterliegt es seit 1971 dem Betäubungsmittelgesetz. Seinen medizinisch begründeten Absatzmarkt hatte Ritalin ® zunächst für Kinder, bei denen ein sogenanntes Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) diagnostiziert wurde. Methylphenidat steigert die Wachheit, verbessert die Aufmerksamkeit und verkürzt die Reaktionszeit. Es verbessert nicht die Stimmung oder die Gedächtnisleistung.
Modafinil (Vigil ® ) : Die genauen chemischen Wirkmechanismen sind nicht bekannt. Modafinil wird eine wachmachende Wirkung zugeschrieben. In Studien zeigen sich leichte Verbesserungen von Wachheit und Aufmerksamkeit. Bei starker Leistungseinschränkung durch Schlafdefizit und Müdigkeit kann Modafinil die negativen Wirkungen aufheben.
    Zu den Substanzen, von denen erwartet wird, dass sie miese Stimmung vertreiben, gehören die verschiedenen unter dem Sammeletikett Antidepressiva zusammengefassten Substanzen oder solche, die als sogenannte Stimmungsaufheller gelten. Antidepressiva sind seit den 1950er Jahren auf dem Markt und werden nicht, wie der Name nahe legt, nur bei Depressionen eingesetzt. Sie haben sich inzwischen ein weites Anwendungsfeld erobert, so unter anderem bei Ängsten, Panik, Zwängen und Schlafstörungen. Zu den verbreiteten älteren Antidepressiva zählen Saroten ® und Ludiomil ® , die immer noch in Gebrauch sind. Inzwischen sind neue Antidepressiva hinzugekommen. Die bekanntesten sind die Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. Zu diesen gehört das in den USA berühmt gewordene Präparat Prozac ® . Bei Menschen, die nicht depressiv sind, verbessert keiner dieser chemischen Substanzen die Stimmung, doch kommt es zur Verschlechterung der Schlafqualität; Wachheit und Aufmerksamkeit können abnehmen, und die Reaktionszeit kann sich verlängern.
    Nicht viel besser sieht es allerdings mit der Wirkung von Antidepressiva bei Menschen aus, die als depressiv diagnostiziert werden. Die erwarteten Effekte der Antidepressiva sind häufig nicht sehr viel stärker als die von Zuckerpillen (Placebo). [152]   Nur die Nebenwirkungen sind natürlich sehr wohl stärker als die von Zuckerpillen.

Reboxetin oder wie der Deal abgewickelt wird
    Dies ist die Geschichte der Substanz Reboxetin, die unter dem Handelsnamen Edronax® von der Firma Pfizer verkauft wird. Reboxetin wird als Antidepressivum gehandelt, als sogenannter selektiver Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, aber außerdem bei Panikstörungen, bei Angst und Konzentrationsstörungen eingesetzt. In den USA ist Reboxetin aufgrund von Studien, die zu negativen Erkenntnissen kamen, nicht zugelassen.
    Anfang 2002 stieß das »Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen« (IQWiG) im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bei den Recherchen zu Reboxetin auf bisher nicht veröffentlichte Studien. Reboxetin war in wenigstens 16 Studien mit 4600 Teilnehmern untersucht worden. Veröffentlicht waren aber nur Ergebnisse zu 1600 Patienten. Nach massivem öffentlichem Druck gab der Hersteller Pfizer die fehlenden Daten heraus. Die Daten von 3033 Patienten (74% aller untersuchten Patienten) waren unter Verschluss gehalten worden. Ergebnis: Von der früher angenommenen positiven Wirkung von Reboxetin blieb nichts mehr übrig. Auch potentielle Nebenwirkungen wurden durch die selektive Publikation unterschätzt. Der G-BA schloss im September 2010 Reboxetin von der Erstattungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenkassen aus.
    Aber: Der Deal geht weiter!
    Die Firma Pfizer blieb nicht untätig. Sie ist (verständlicherweise!) weiterhin bestrebt, Ärzten und Patienten Reboxetin für bestimmte Situationen als erstattungsfähige Behandlungsoption zu erhalten. Begründung: Für einen kleinen Kreis von Menschen, die an einer Depression leiden, stelle Reboxetin eine wirkungsvolle Behandlungsoption durch den betreuenden Arzt dar; die Behandlung von Depressionen sei komplex, das Krankheitsbild vielschichtig und erfordere daher oftmals exakt auf den Einzelfall abgestimmte Therapievarianten und -kombinationen. Pfizer hat diese Begründung im März 2010 dem Gemeinsamen Bundesausschuss so dargelegt. Ergebnis: Der Gemeinsame Bundesausschuss kommt zu dem Schluss,

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