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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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versetzte ihm einen heftigen Tritt gegen die Kniescheibe.
    Carl fluchte laut und näherte sich erneut mit dem glühenden Eisen. Ich forderte – wie der Affe mit der Metallplatte im Labor
     – die anderen Kälber auf, mir zu helfen. Es war ein wahrer Aufstand. Carl lief panisch aus dem Stall.
    Am nächsten Tag ließ er mich und die anderen Kälber einschläfern.
    Wie ich so gutes Karma gesammelt hatte? Nun, gar nicht. Es war schlechtes. Ich war für den Tod der anderen Kälber verantwortlich.
    Und dadurch sauste ich die Reinkarnationsleiter wieder nach unten.
     
    Ich wurde als Regenwurm in Irland wiedergeboren. Dort ringelte ich mich tagein, tagaus über feuchte Erde und erlebte, was
     es heißt, ein Zwitter zu sein. (Es gibt zum Beispiel keine Konflikte zwischen den Geschlechtern – was das Leben sehr erleichtern
     kann.)
    Ich erlebte außerdem, was es bedeutet, sich zu teilen, wenn einen ein Rasenmäher überfährt.
    Aber vor allen Dingen erlebte ich, was es bedeutet, sich absolut ohnmächtig zu fühlen. Ich konnte Nina nicht vertreiben |155| und hoffte daher inständig, dass Alex sie vielleicht von sich aus aus seinem Leben verbannte. 17
    Doch darauf konnte ich mich nicht verlassen. Ich riss mich zusammen und wollte nun wirklich gutes Karma sammeln. Meine einzige
     Hoffnung, dass ich irgendwann in der Nähe von Potsdam wiedergeboren würde. Also sammelte ich gutes Karma, in dem ich anderen
     Regenwürmern beibrachte, wie man sich Rasenmähern aus dem Weg ringelt.
     
    Als Kartoffelkäfer futterte ich auf Korsika mit anderen Artgenossen ein Kartoffelfeld leer. Ich traf dabei auf einen besonders
     kleinen, Französisch sprechenden Käfer, der in einem früheren Leben wohl Napoleon gewesen war. Und ich sammelte gutes Karma,
     indem ich ihn, unter Einsatz meines Lebens, daran hinderte, die Kartoffelkäfer in einen sinnlosen Vernichtungskrieg gegen
     Borkenkäfer zu führen.
     
    |156| Als Eichhörnchen merkte ich nahe der deutsch-holländischen Grenze, wie wunderbar es ist, von Baum zu Baum zu springen. Und
     ich sammelte gutes Karma, indem ich jeden Tag aus den Center-Parc-Bungalows in der Nähe Chips und Schokolade klaute. Damit
     rettete ich meine Artgenossen vor dem winterlichen Hungertod (und die Touristen vor erhöhten Cholesterinwerten).
     
    Und nach dieser Kuh-Regenwurm-Kartoffelkäfer-Eichhörnchen-Phase begann mein letztes Leben als Tier.
     
     
    16
    Aus Casanovas Erinnerungen: Zwei Jahre. So lange dauerte es, bis ich Madame Kim wiedersehen durfte. Durch meine heldenhafte
     Rettung Depardieus sammelte ich gutes Karma und wandelte fortan als Kater auf Erden. Als solcher lebte ich in der Nähe des
     Domizils von Monsieur Alex, in der steten Hoffnung, einen Blick auf Mademoiselle Nina zu erhaschen. Dieses bezaubernde Wesen
     verweilte jedes Wochenende bei dem von ihr geliebten Monsieur Alex. Und jedes Mal wenn ich sie sah, schlug mein betörtes Herz
     höher. So geriet ich in die wohl ungewöhnlichste Dreiecksliebe, in der ich mich je befand. Und das will was heißen, war ich
     doch schon in außerordentlich vielen ungewöhnlichen Dreieckslieben.
    17
    Aus Casanovas Erinnerungen: Als Kater beobachtete ich, wie Mademoiselle Nina eines Abends am lodernden Kamin von einem Lachen
     des Herrn Alex so ermuntert wurde, dass sie versuchte, ihm einen Kuss zu geben. Alex stieß sie voller Schreck von sich. Mademoiselle
     weinte darauf herzzerreißend, stürmte aus der Villa und fuhr in ihrer pferdelosen Kutsche in die Nacht. In den folgenden Tagen
     sprach Alex in seinem Wohnsalon immer wieder aufgeregt in eine kleine Schachtel. War er verrückt geworden? Oder war diese
     Schachtel irgendein Zaubergerät, mit dem man in die Ferne kommunizieren konnte? Was dieses Gerät auch war, eines verregneten
     Nachmittages stand Mademoiselle Nina wieder bei ihm im Salon. Die beiden blickten sich kurz an, dann küssten sie sich leidenschaftlich
     und   … ich wandte meinen Blick ab. Nicht aus Scham, hatte ich als Mensch doch oft genug andere beim Liebesspiel betrachtet (und
     dabei gerne unterstützend eingegriffen). Nein, ich wandte meinen Blick aus Schmerz ab, wusste ich doch, dass ich Mademoiselle
     Nina – zumindest vorerst – verloren hatte.

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    33.   KAPITEL
    Ich wachte erneut mit blinden Augen auf, aber als ich meinen Mund aufmachte und «Buddha» rief, kam diesmal kein «Fiep». Es
     gab eine Art Jaulen: «Rauuuuhhhhhh.» Und um mich herum winselten auch andere «Rauuuuhhhhhh». Ich war also kein

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