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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Casanovas Erinnerungen: Im Augenblick des schmerzhaften Todes dachte ich: Dieses gute Karma ist die ganze Mühsal nicht
     wert.

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    31.   KAPITEL
    Mein letzter Gedanke war: «An dieses Scheißsterben werde ich mich wohl nie gewöhnen.»
    Es folgte wieder die «Leben zieht an mir vorbei»-Nummer: Alex und Nina lachen gemeinsam über Pipimänner. Lilly kuschelt sich
     an mich. Alex gibt mir Stromschläge. Ich ruf: «Scheiß auf gutes Karma!» Ich gebe den Meerschweinchen ihre Namen. Ich stelle
     fest, dass Daniel Kohn keinen Gedanken an mich verschwendet. Und dass ein schlichter Trucker ein glücklicheres Familienleben
     hat als ich.
     
    |151| Dann kam das Licht.
    Ich fühlte mich wieder so wohl.
    So geborgen.
    So glücklich.
    Das Übliche halt.
     
    Das Übliche, das nie lange anhält.
     
    In dem Moment, in dem das Licht mich wieder abstieß, fragte ich mich schon, als was ich wohl diesmal wiedergeboren würde.
     
    Es gibt schönere Dinge, als festzustellen, dass man einen Euter hat.
     
    Es gibt auch schönere Dinge, als festzustellen, dass man in einem stinkenden Kuhstall gekalbt wurde. Aber wenn der Bauer dann
     noch «Fuck, this is a really shitty birth!» flucht und man so feststellt, dass man definitiv nicht in Potsdam ist, wird man
     richtig schlechtgelaunt.
    «Buddha!!!», schrie ich mal wieder, was für Außenstehende aber klang wie «Möhhh».
    Und wie auf Bestellung kam eine enorm dicke Kuh aus einer Ecke des Kuhstalles auf mich zugewackelt.
    «Hallo, Kim!»
    «Wo zum Teufel bin ich?»
    «Auf einem Bauernhof in Yorkton.»
    «Yorkton?»
    «Provinz Saskatchewan.»
    «Saskatchewan?»
    «Kanada.»
    «Kanada?!?»
    |152| «Nordamerika.»
    «Ich weiß, wo das beknackte Kanada liegt!!!»
    «Warum fragst du dann?», grinste Buddha, dessen Sinn für Humor meiner Meinung nach eindeutig zu wünschen übrigließ. Ich war
     so wütend auf ihn, dass ich mich gar nicht mehr unter Kontrolle hatte und Buddha an die Gurgel wollte, doch als frisch geborenes
     Kalb war ich so wackelig auf den Beinen, dass ich mich schon nach drei Schritten auf die Nase und ins Heu legte.
    «Warum hast du mich überfahren lassen?», fragte ich sauer, nachdem ich das trockene Heu ausgespuckt hatte.
    «Du bist selbst dafür verantwortlich, was in deinem Leben passiert. Ich bin nur für die Reinkarnationen zuständig.»
    Scheiße, dachte ich bei mir, ich bin also auch noch selbst schuld, dass ich überfahren wurde?
    «Und warum bin ich jetzt eine Kuh?»
    «Weil du gutes Karma gesammelt hast.»
    Ich war überrascht: Ich hatte gutes Karma gesammelt?
    «Aber   … aber, ich bin abgehauen und hab den Diabeteskranken absichtlich nicht geholfen.»
    «Du hast aber die Meerschweinchen gerettet.»
    «Ich wollte mich selbst retten.»
    «Und du hast den Meerschweinchen Namen gegeben.»
    Ich stutzte.
    «Und damit Selbstbewusstsein.»
    Ich wusste gar nicht, was ich erwidern sollte.
    «Und du hast nicht aus egoistischen Motiven gehandelt, sondern es aus reinem Herzen getan.»
    Er hatte recht.
    «Du bist doch kein so schlechtes Wesen», sagte Buddha.
    |153| «Sag ich doch die ganze Zeit, verdammt nochmal!» Ich scharrte auf dem Boden.
    «Dann mach weiter so», erwiderte Kuh-Buddha und führte erneut seinen patentierten «Ich löse mich in Luft auf»-Trick vor.
     
    Sofort überlegte ich, wie ich aus diesem verdammten Kanada nach Hause kommen konnte. Ich konnte als Kalb ja schlecht am Reiseschalter
     einen Economy-Flug «Saskatchewan   – Berlin» verlangen.
    Und je mehr ich nachdachte, desto klarer wurde mir: Ich komm hier nur weg, indem ich gutes Karma sammele und mal wieder sterbe.

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    32.   KAPITEL
    Kuh   – Regenwurm   – Kartoffelkäfer   – Eichhörnchen.
    Es war eine verdammt harte Zeit.
    So weit entfernt von zu Hause, vermisste ich Lilly. Und ich fragte mich, wann ich sie wohl wiedersehen würde. 16
    Aber das Heimweh war nicht mein einziges Problem. |154| Schon in meiner ersten Woche als kleines Kalb hatte ich Trouble mit dem Rancher Carl. Er sah aus wie einer Marlboro-Werbung
     entsprungen, war ständig schlechtgelaunt und kündigte sich durch seinen chronischen Raucherhusten schon aus einiger Entfernung
     an. Als er uns Jungtieren sein Brandzeichen aufdrücken wollte, jaulten die anderen Kälber verzweifelt auf. Er traktierte sie
     mit den glühenden Eisen, und ich konnte die Schmerzensschreie kaum ertragen. Als Carl dann mit dem heißen Ding auf mich zukam,
     entschloss ich mich zum Präventivschlag: Ich

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