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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Wahrheit darüber erfahren?
    Jedenfalls war nach dieser Ansprache klar, dass sich Marias Seele nun im Nirwana befand. Und das freute mich aufrichtig für
     sie.
    Ich blickte in die leuchtenden Augen von Deckelchen und fragte mich, ob ich ihm nicht die Wahrheit sagen sollte. Aber wenn
     ich ihm verraten hätte, dass ich Kim Lange bin, hätte er mich in die geschlossene Anstalt einweisen lassen, vorausgesetzt,
     er hätte das Geld für die Praxisgebühr gehabt.
    Und selbst wenn er mir glauben würde, dass seine große Liebe tot ist, wäre es richtig gewesen, ihm so das Herz zu brechen?
     Wie tödlich so ein gebrochenes Herz sein kann, hatte ich ja als Beagle erfahren müssen.
    «Was schaust du mich so traurig an?», fragte er mich besorgt.
    «Alles gut», antwortete ich und bemühte mich um ein Lächeln. Es war ihm anzusehen, dass er spürte, dass ich nicht aufrichtig
     war. Und so schaute ich schnell weg und ging hastig weiter.
    «Stopp», sagte er.
    Ich hastete weiter.
    «Mein Gott, Maria, du läufst an deinem Imbiss vorbei!»
    Ich hielt inne, drehte mich um und sah eine Bude mit der Aufschrift «Wurst-Hans». In ihr stand ein dicklicher älterer Mann
     mit Augen, gegen die die von Kim Jong-Il warmherzig wirken. Er trug einen weißen Kittel – wobei «weiß» ein verdammt relativer
     Begriff war, wenn man die vielen verkrusteten Ketchup- und Senfflecken betrachtete. Der Mann war offensichtlich Wurst-Hans
     persönlich, und ich dachte bei mir, |206| dass es ein hartes Schicksal sein muss, sein Leben mit dem Namen Wurst-Hans verbringen zu müssen.
    Noch härter war das Schicksal allerdings, wenn man für den Mann namens Wurst-Hans arbeiten musste.
    «Maria!», rief Wurst-Hans in einem rüden Tonfall. In Fernsehserien sind solche Männer wie Hans immer «Schnauzen mit Herz»,
     aber im echten Leben gibt es keine «Schnauzen mit Herz», sondern nur «Schnauzen». Dass auch diese Schnauze kein Herz hatte,
     wurde klar, als ich sagte: «Ich bin krank und kann nicht arbeiten. Gib mir einfach den Lohn für diesen Monat.»
    Er schaute mich so ungläubig an, als ob ich etwas völlig Verrücktes gesagt hätte, wie zum Beispiel: «Ich bin gar nicht Maria,
     sondern die verstorbene Talkshow-Moderatorin Kim Lange.»
    Dann erwiderte er nur: «Beweg deinen fetten Hintern her und pack endlich an, bevor ich zur rasenden Wildsau werde.»
    «Aber ich bin doch krank   …», versuchte ich weiterzuflunkern.
    Doch Deckelchen raunte mir zu: «Geh, sonst feuert er dich und behält auch noch deinen Lohn.»
    «Das wäre gegen das Gesetz», raunte ich zurück.
    «Hast du die Kohle, ihn zu verklagen?»
    Ich seufzte und begann meinen neuen Job als Frittenverkäuferin.

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    |207| 44.   KAPITEL
    Wenn man so durch den hektischen Fernsehalltag hetzt, von Konferenz zu Konferenz, von Sendung zu Sendung, von Intrige zu Intrige
     – da denkt man: «Hach, wäre es nicht schön, wenn man einen ganz einfachen Beruf hätte? Dann hätte man sicherlich ein stressfreieres
     Leben.» Aber wenn man dann mal so einen einfachen Job hat, so wie ich jetzt bei Wurst-Hans, dann denkt man über die damaligen
     Sehnsüchte nur eins, nämlich: «Bullshit!»
    In dieser Bude zu stehen war die Hölle: Meine Gelenke taten mir schon nach zehn Minuten weh, und ich fragte mich, wie Maria
     es geschafft hatte, das Tag für Tag durchzuhalten.
    Das Fett, das wir für die Pommes benutzten, war von vorgestern, und die Grillroste waren dermaßen dreckig, dass sich in ihrem
     Schmutz sicherlich schon intelligentes Leben entwickelt hatte. Ich stellte mir lieber nicht vor, wer hier alles als Bazillus
     reinkarniert wurde. Und natürlich war ich nicht dazu in der Lage, eine Wurst richtig zu grillen – schon die erste landete
     verkohlt im Abfall.
    «Wieso schmeißt du die Wurst weg?», fragte Wurst-Hans schnarrend.
    «Hmmm   … mal überlegen, weil sie fast schwarz ist?», antwortete ich mit leichter Ironie in der Stimme.
    «Leg die wieder auf den Grill!»
    «Wer die isst, bekommt Krebs!»
    «Weißt du, was mir das ist?»
    «Völlig wurscht?»
    «Genau. Und jetzt hol sie raus und tu sie auf den Grill.»
    «Wie heißt das Zauberwort?»
    «Zack, zack!»
    |208| «Das mit den Zauberworten müssen wir noch üben», sagte ich, fischte das eklige Ding aus dem Abfalleimer, warf es auf den Rost
     und fragte mich: «Wie unangenehm wird das hier wohl noch?»
     
    Etwas mehr als eine Stunde später bekam ich die Antwort. Ein circa fünfundzwanzigjähriger, glatzköpfiger

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