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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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ziehen.
    Noch am Morgen wären mir dazu jede Menge Phantasien gekommen, die mir allesamt kein gutes Karma eingebracht hätten: Ich hätte
     Martha im Treppenhaus ein Bein gestellt oder die Eltern der anderen Mannschaft dazu bewogen, ihr zu zeigen, was echte Blutgrätschen
     sind.
    Doch jetzt hatte ich gar keine negativen Gefühle mehr. Ihr Verhalten rührte mich (okay, vielleicht nicht, dass sie kleine
     Kinder «Flachwichser» nannte). Und ich hatte sogar das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich ihr etwas zu verdanken
     hatte.
    Ich musste also einen Weg finden, meine Mutter auf nette Art und Weise für eine Weile aus dem Verkehr zu ziehen.
     
    «Oma, wenn du schon im Tor stehst, musst du dich auch hinwerfen! Wie Olli Kahn!»
    «Ich bin aber nicht Olli Kahn. Ich kann nicht so gut halten. Aber dafür seh ich besser aus!», motzte meine Mutter, die kaputt
     wirkte. Anscheinend hatte sie schon jede Menge Bälle halten müssen.
    Ich ging auf unseren Garten zu und sagte: «Hallo!» 23
    «Was machen Sie denn hier?», fragte meine Mutter überrascht.
    «Ich habe gestern gesehen, dass Sie hier wohnen. Und ich wollte nochmal mit Ihnen sprechen. Allein.»
    |242| Meine Mutter wandte sich an Lilly: «Geh doch mal bitte rein und hol uns Wasser.»
    «Ich hab aber keinen Durst!»
    «Auch nicht auf eine Cola?»
    «Cola? Super!» Lilly rannte los. Kinder sind nun mal wie italienische Behörden: Wenn man etwas von ihnen will, muss man sie
     bestechen.
    «Was wollen Sie?», fragte Martha misstrauisch, als Lilly außer Hörweite war.
    «Sie haben in den letzten Jahren viel durchgemacht», sagte ich.
    «Wäre mir so nicht aufgefallen», erwiderte Martha lakonisch.
    «Schon mal über Urlaub nachgedacht, um sich etwas zu erholen?»
    «Oft», seufzte sie. «Die Stiefmama von der Kleinen hat sogar ein Reisebüro. Wissen Sie, wo ich mal hin will?»
    «Sie werden es mir sicher gleich sagen.»
    «In die Dominikanische Republik.»
    «Und warum machen Sie da dann keinen Urlaub?»
    «Wer soll denn dann auf Lilly aufpassen? Die Eltern arbeiten beide.»
    «Och, ich hätte Interesse daran», grinste ich.
    «Aber Sie arbeiten doch im Vereinsheim.»
    «Ach, da habe ich gekündigt», spann ich die Vereinsheim-Notlüge weiter.
    «Ich weiß nicht», zögerte Martha. «Ich lass die Kleine nur ungern allein.»
    «Ist ja nur für eine kurze Zeit.»
    Martha war noch nicht völlig überzeugt.
    «In der Dominikanischen Republik soll es schöne Strände geben», machte ich ihr die Sache schmackhaft.
    |243| «Und hübsche Männer», lächelte Martha nun.
    «Und hübsche Männer», lächelte ich zurück.
    Ja, wir beide lächelten uns tatsächlich an.
    Das erste Mal seit   … ich weiß nicht, wann.
     
    23
    Aus Casanovas Erinnerungen: Ich sah von meinem Baum aus wieder die dicke Dame. Aber sie war mir gleichgültig. Ich war viel
     zu sehr damit beschäftigt, Gedichte über meinen Liebeskummer zu verfassen. Sie hießen: «Qual», «Unendliche Qual» und «Nenne
     mich Tantalus».

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    54.   KAPITEL
    Nina und Alex waren überrascht über die Urlaubspläne meiner Mutter, aber Martha ließ sich durch nichts davon abbringen. Ich
     hatte sie zuvor in einem längeren Gespräch überzeugt, dass ihr so ein Urlaub guttäte, und gönnte ihn ihr auch von ganzem Herzen.
     Sie hatte in ihrem Leben viel durchgemacht und sich jetzt die Belohnung für ihren neuen Lebenswandel mehr als verdient.
    Natürlich waren Nina und Alex zögerlich, eine Frau als Babysitterin zu engagieren, die keine Referenzen hatte, und lehnten
     erst mal ab, mich einzustellen. Stattdessen setzten sie eine Anzeige in die Zeitung. Auf die meldeten sich unter anderem:
     eine nicht Deutsch sprechende Frau nicht definierbarer Nationalität, ein Mathematikstudent im siebenundzwanzigsten Semester
     und eine Frau, die als vorherigen Beruf «Revuetänzerin» angab.
    Plötzlich war die dicke Maria eine ziemlich gute Alternative.
    Die nächsten vier Wochen war ich Lillys neue Babysitterin. Vier Wochen, die ich also Zeit hatte, Nina und Alex’ Ehe zu zerstören!
    Dann, so mein Kalkül, hätte ich die Chance, meine Familie wiederzuerobern. Ich hatte schon lange meine Gefühle für Alex wiederentdeckt
     und fand es mittlerweile gar nicht mehr so unwahrscheinlich, dass sich Alex in mich verlieben |244| konnte, wenn Nina erst einmal weg war. Wenn es selbst bei so einem Mann wie Daniel Kohn geklappt hatte   …
     
    Eine Ehe zu zerstören ist natürlich nicht unbedingt etwas, mit dem man gutes

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