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Mieses Karma

Titel: Mieses Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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wieder», weinte Lilly. Mein Herz schmerzte.
    «Hilf ihr!», bat Alex Nina. Die blickte nach oben. Der Aufstieg war ihr eindeutig zu riskant.
    «Ich hol Polizei oder Feuerwehr oder so etwas!», antwortete sie und hastete auf einen der Seitenausgänge zu.
    Casanova rannte ihr hinterher, er miaute und sprang ihr in den Weg. Wie wild. Er wollte sie aufhalten. Wegen Lilly?
    «Hau ab, du Mistvieh!», fluchte Nina. Aber Casanova ließ nicht locker.
    «Hau ab!» Sie verpasste ihm einen bösen Tritt, in den sie all ihre Wut auf Alex, mich und die Situation legte. 31 Casanova |272| flog ein paar Meter durch die Luft und knallte gegen eine Kirchenbank.
    Ich aber blickte wütend zu Nina. Da sah ich, dass über dem Seiteneingang, aus dem sie hinauswollte, ebenfalls ein Gerüst stand
     – ein noch viel instabiler wirkendes als das, auf dem Lilly saß. Und jetzt wusste ich auch, warum der Signore hinter ihr her
     war: Er hatte etwas gesehen, was Nina in ihrer Wut nicht bemerkt hatte: Es war extrem gefährlich, aus diesem Ausgang zu gehen!
     Würde Nina die Tür öffnen, würde sie damit gegen eine der wackligen Stützen schlagen und damit das Gerüst über sich zum Einsturz
     bringen. Es würde Nina unter sich begraben. Casanova wollte ihr Leben retten!
    Dies war der Augenblick, in dem ich Nina hätte warnen müssen!
    Doch stattdessen sausten mir jede Menge Gedanken durch den Kopf. Ein Teil von mir sagte: «Wenn Nina stirbt, ist Alex endgültig
     für dich frei.» Und ein weiterer Teil sagte: «Dann können wir unser Leben so leben, wie wir wollen.» Aber der dritte – skeptische
     – Teil gab zu bedenken: «Hallo, sie wird steeeerben!!!!!»
    «Schon», erwiderte der erste Teil seelenruhig. «Aber das ist gar nicht so schlimm.» Und der zweite Teil ergänzte: «Sie wird
     ja wiedergeboren.» Und der dritte Teil sagte bass erstaunt: «Hey, ihr habt ja recht!»
     
    Und Nina wäre ja auch nicht lange tot gewesen. Sie wäre ja wiedergeboren worden. Vielleicht als hübsches Karnickel oder als
     ein tolles Pferd – sie mochte ja Pferde. Und so viel Schlimmes hatte sie ja in ihrem Leben nicht getan, dass sie weiter unten
     auf der Reinkarnationsleiter landen würde. Oder? Dass sie einmal abgetrieben hatte, würde doch nicht |273| für den Ameisenhaufen reichen. Oder? Buddha war ja nicht wie der Papst. Oder   …?
    Oder?!?!?!?
    Ich wünschte niemandem so eine Ameisen-Versuchslabor-Reinkarnations-Tortur, wie ich sie durchgemacht hatte. Nicht mal Nina!
     Und wegen all der blöden Oder konnte ich mir nicht völlig sicher sein, dass sie nicht doch demnächst Gummibärchen durch die
     Gegend schleppen würde, wenn ich sie nicht warnen würde.
     
    «Nina!», schrie ich.
    «Halt’s Maul, fette Kuh!», rief sie. Sie war nur noch einen Meter von der Tür entfernt.
    Ich setzte meinen Körper in Bewegung und rannte los. Alex und Daniel blickten mir verwirrt nach, während ich im Hintergrund
     immer noch Lillys Schluchzen hörte.
    «Nicht die Tür öffnen!», japste ich.
    Nina ignorierte mich und legte die Hand auf die Klinke. Ich rannte schneller. Sie drückte den Griff runter.
    «Nein!», schrie ich und hatte sie nun fast erreicht.
    Aber genau in diesem Moment zog sie die Tür auf und stieß damit gegen die Stütze des Gerüsts. Es rumpelte, gleich würden die
     Trümmer auf sie stürzen. Ich sah Ninas erschrockenen Blick. Und mir war klar: Sie wird in einigen wenigen Momenten als Tier
     wiedergeboren, vielleicht sogar als Ameise   … wenn ich sie nicht rettete.
    Genau das tat ich auch, ohne weiter über die Konsequenzen nachzudenken. Ich riss Nina zu Boden und beschützte sie mit meinem
     massigen Körper. Die Bretter des Gerüstes knallten mir auf den Kopf, den Rücken, die Beine.
    Als der Staub sich legte, spürte ich, wie Nina unter meinem schweren Körper atmete.
    |274| Ich hatte ihr das Leben gerettet. Dank meines Fetts.
    Ich lächelte zufrieden.
    Und das war der Moment, in dem mein Herz versagte.
     
    29
    Aus Casanovas Erinnerungen: In diesem Palazzo ging ich einst als junger Mann ein und aus. Ich hatte hier viele hübsche Dinge
     verloren: einen wertvollen Ring, eine handgeschnitzte Pfeife aus Elfenbein, meine Unschuld   …
    30
    Aus Casanovas Erinnerungen: In Venedig gab es eine enorme Anzahl von Katzen, und eine besonders scheußliche hatte Lilly erspäht.
     Doch das hässliche Geschöpf wollte den Aufenthaltsort des Mädchens nur gegen einen Liebesdienst preisgeben. Mir war bewusst:
     Dies ist ein Moment, in dem ein Kater tun

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