Mika, Bascha
schon die alleinerziehenden Mütter konterkarieren
das Ideal, aber als moralisch-ideologisches Druckmittel taugt es allemal und
lebt hartnäckig weiter.
Wie
gesagt, die Mehrzahl der Väter sind an vorderster Front dabei, wenn es darum
geht, die Hausbetreuung der Kinder zu propagieren. Doch wer ist es tatsächlich,
der sich beruflich zurücknimmt und fast die gesamte Betreuung übernimmt — und
zwar freiwillig? Männer jedenfalls nicht, wie sich allenthalben zeigt. Dabei
können sie außer Gebären und Stillen doch alles genauso gut.
Da gibt es
seit ein paar Jahren das vom Familienministerium eingeführte neue
Elternzeitmodell. 24 An dem, heißt es, beteiligen sich die Väter
begeistert. Diese Behauptung ist kaum mehr als ein großer Schwindel. Der reicht
zwar, um der Politik einen Marketingauftritt zu bescheren, hat aber nichts mit
einer wirklichen Änderung der Verhältnisse zu tun. 23
Im ersten
Lebensjahr betreuen achtzig Prozent der Eltern ihre Kinder selbst. Aber unter
denen, die das staatliche Elterngeld beanspruchen, sind noch nicht einmal ein
Viertel Väter beteiligt. Das heißt im Umkehrschluss: Drei Viertel der Mütter
kümmern sich allein um das Kind.
Von den
betreuenden Vätern nehmen knapp drei Viertel nur die zwei Partnermonate, die
notwendig sind, um vierzehn statt zwölf Monate Elterngeld zu erhalten. Weil sie
ja nichts verschenken wollen, sagen sie bei Befragungen. Dabei sind diese acht
Wochen von der Politik eigentlich als Einstiegsdroge gedacht: Damit sich Väter
wenigstens kurzzeitig zur Familienarbeit hinreißen lassen und die Unternehmen
begreifen, dass auch Männer Kinder kriegen.
Doch
selbst dieser Kurztherapie setzen sich Väter nur ungern aus. Über die Hälfte
der Männer in Elternzeit nehmen ihre Partnermonate parallel zur Elternzeit
ihrer Frau. So bleibt für zwei Monate die ganze Familie zu Haus, und endlich
werden mal der Bastelkeller aufgeräumt und schon lange fällige Reparaturen
erledigt, oder womit Männer sich sonst noch beschäftigen, wenn sie mal Zeit
haben. Das ist ihnen zwar zu gönnen, hat nur nicht viel mit dem Kind zu tun.
Letztendlich
sind es nur sehr wenige Väter, die für acht Wochen allein die Verantwortung
für ihre Sprösslinge übernehmen. Und eine noch winzigere Zahl spielt etwas
länger den Hausmann. 26 Ist das Engagement der Väter wirklich mehr
als ein Tropfen im Ozean der Zeit, die Kinder auf ihre Eltern angewiesen sind?
Der Staat
schafft zu wenig Kitas und entlastet sich, indem er die Verantwortung auf die
Bürger abschiebt. Die Arbeitgeber kümmern sich weder um Betriebskindergärten
noch um familienfreundliche Arbeitszeiten und entlasten sich, indem sie die
Verantwortung auf die Arbeitnehmer abschieben. Der Bürger und Arbeitnehmer in
Gestalt von Mann und Vater entlastet sich und schiebt die Verantwortung ab auf
die Frau und Mutter. Und an ihr bleibt dann alles kleben, als eine persönliche
Herausforderung in den häuslichen vier Wänden.
So werden
Staat, Arbeitgeber und die Gesellschaft von Pflichten entlastet. Das Problem
ist individualisiert: Es hat sich ja eine Dumme gefunden, die die Verantwortung
nicht mehr weiterdelegieren kann.
Die Getriebenen
»Dann
kommen die Frauen und fragen: Wie viel Zeit bleibt mir noch... Jetzt bin ich
über dreißig... In einem halben Jahr könnte ich die Pille absetzen... Jetzt bin
ich über fünfunddreißig ... Nein, jetzt geht es nicht wegen des Jobs... Jetzt
bin ich achtunddreißig, neununddreißig... Wie lange kann ich noch schwanger
werden... Jetzt hab ich endlich den richtigen Mann gefunden, bin aber schon
zweiundvierzig...«
Edith
Beckmann erlebt es als Ärztin für Frauenheilkunde ständig, wie sehr Frauen die
Kinderfrage aufwühlt. Sie kennt die Torschlusspanik aus ihrer täglichen Praxis
und auch die Fantasien der Frauen. »Ganz erstaunlich ist, wie viele Frauen,
auch die etwas älteren, eine Idylle vor Augen haben, wenn es um ihren Nachwuchs
geht. Sie träumen von: Mama, Papa, Kind — und alles immer sehr romantisch.« 27
Auch die
Therapeutin Rosemarie Leinemann beobachtet solche Mechanismen: »Frauen
verklären oft ihre Situation, wenn ein Kind kommt. Sie denken nur: Jetzt sind
wir eine kleine Familie, jetzt sind wir eine kleine Einheit!« Die Idealisierung
von Familie und Mutterschaft stehe aber in harschem Kontrast zu dem, was
nachher passieren könne. »Beispielsweise, dass sich der Partner nur als
Lebensabschnittspartner entpuppt und die Frauen mit ihrem Kind, mit ihren
Träumen
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