Mika, Bascha
der
Gleichberechtigung. Ganz sicher passt das manchen Frauen nicht, aber sie machen
es mit. Freiwillig. Stolpern in die Rollenfalle und wundern sich hinterher.
Dabei fällt dieses Schicksal doch nicht vom Himmel, hier werden Entscheidungen
getroffen — auch von den Frauen. Anfangs sind sie vielleicht noch erleichtert,
den Druck des Berufs loszuwerden und sich nur um das geliebte Kind kümmern zu
können, aber was auf sie wartet, sind Zwänge und Abhängigkeit.
Kinder
brauchen Zeit. Viel Zeit. Und die kommt zum allergrößten Teil von den Müttern.
Die schneiden ihre Existenz auf Kinder zu - meist so absolut und
ausschließlich, als wären Kinder ein Programm für das gesamte Leben und nicht
längst nur ein Lebensabschnittsprogramm angesichts des hohen Alters, das wir
inzwischen erreichen können.
Ratzfatz
leben wir wieder wie unsere Eltern und Großeltern.
Und sind
gefangen. Mutterpflichten sind eine sanfte Tyrannei. Gerade mit ihrer Hilfe
können Männer sich leicht gegen uns durchsetzen. 19
Die
Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken, die sich in ihrer Arbeit intensiv
mit dem deutschen Frauen- und Mutterbild beschäftigt hat, polemisiert deshalb
gern gegen die Idee der Vollzeitmutter. »Hierzulande glaubt man, die
intellektuelle Stimulanz, die finanzielle Autonomie und das damit einhergehende
Selbstwertgefühl aufgeben zu müssen, um Mutter zu werden.« 20 Eine
Radikalkur, die sie nicht nur für überflüssig, sondern für schädlich hält.
Eine
durchschnittliche Mutter im Westen Deutschlands arbeitet auch zehn Jahre nach
der Geburt ihres letzten Kindes nur rund fünfundzwanzig Stunden pro Woche. 21 Anders gesagt: Einmal raus aus dem Job — nie wieder richtig reingekommen.
Gewollt oder ungewollt. Entsprechend bleiben diese Frauen in ihrer beruflichen
Entwicklung und auch bei ihrem Einkommen drastisch hinter ihren Männern
zurück. 22
Kein
Wunder, dass inzwischen vor allem die gut ausgebildeten Frauen ein massives
Unbehagen bei dieser Aussicht verspüren. Seit Jahren geht im Land das Gespenst
der kinderlosen Gesellschaft um, denn immer mehr Akademikerinnen verweigern
sich. Sie haben einfach keine Lust, sich den Beschränkungen zu unterwerfen,
die hierzulande an die Mutterrolle gekoppelt sind, und schieben ihren
Kinderwunsch immer weiter nach hinten — oder verzichten auf den Nachwuchs.
Darunter
gibt es sicher auch einige Paare, die nicht auf die Idee kommen, Spermien und
Eizelle zu verschwenden - solange nicht das top eingerichtete Kinderzimmer
parat ist, die auf Jahre im Voraus gebuchte Kita und der Platz an der
einzig-in-Frage-kommenden Schule.
Doch weder
die Zögerlichen noch die Planungswütigen sind gegen den Sog der traditionellen
Rolle resistent. Denn kaum sind die Kinder da, richten auch sie sich massenhaft
in Konstellationen ein, bei denen die Frau ganz und gar in die Mutterrolle
schlüpft.
Wenn die
Kinder klein sind, sollen sie zu Hause betreut werden, fordern die deutschen
Väter. Fast zwei Drittel von ihnen wollen, dass dafür ein Elternteil
zurücksteckt. Das ist in ihren Augen die beste Methode, um Familie und Beruf zu
vereinbaren - wobei sie allerdings immer stillschweigend voraussetzen, dass es
die Frauen sind, die sich einschränken.
Doch die
sind von der Idee nicht besonders begeistert. Nur ungefähr halb so viele Mütter
wie Väter meinen, dass die Kleinen die ersten Jahre unbedingt zu Hause
verbringen müssten. 23 Vehement - und zu Recht - verweisen Frauen
dann immer auf die katastrophale Betreuungssituation im Land. Doch ist es
wirklich nur der fehlende Kita-Platz, der die große Mehrheit dazu bringt, sich
den alten Mutterschuh anzuziehen?
An dem
strukturellen Desaster lässt sich nichts entschuldigen. Verantwortlich sind
Politik und Unternehmen, und die haben auf ganzer Linie versagt, seit
Jahrzehnten. Selbst die Pläne des Familienministeriums, bis zum Jahre 2013 für
fünfunddreißig Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Kita-Platz zu
schaffen, sind schier lächerlich.
Aber warum
ist denn so wenig passiert? Warum glauben die Politiker, ihre Wählerschaft
derart ignorieren zu können? Doch wohl auch, weil der gesellschaftliche Druck
fehlt. Weil es ein großer Teil der Bevölkerung - und selbstverständlich sind
das auch Frauen - gar nicht für wünschenswert hält, das Ideal der
Vollzeitmutter zu schleifen und das Klischee aufzubrechen. Zwar lässt sich an
vielen Stellen der gesellschaftlichen Praxis dieses Muster in reiner Form nicht
mehr aufrechterhalten, denn
Weitere Kostenlose Bücher