Mika, Bascha
weil es für alle Beteiligten ganz
individuell das Beste so war.
Wie wär's,
wenn wir einfach die Verantwortung für uns übernehmen?
Jutta
Allmendinger hat eine Idee. Sie glaubt, wenn Frauen lernen, ihr Leben von
hinten zu denken, wären sie einen riesigen Schritt weiter. Von hinten denken?
»Es geht darum, sich klarzumachen, was mich Entscheidungen denn in der Zukunft
kosten. Angenommen, in bin dreißig, schwanger und überlege, ob und für wie
lange ich aus dem Beruf aussteige. Dann stelle ich mir vor, ich bin jetzt
fünfzig, die Kinder gehen aus dem Haus. Viele Aufgaben und viele Bezugspunkte
sind plötzlich weg. Der Mann ist in seinen sogenannten besten Jahren und auf
der Höhe seiner Karriere. Voll beschäftigt, mit wenig Zeit für mich. Vielleicht
hat er bereits eine andere Frau gefunden, vielleicht sogar weitere Kinder
bekommen. Was mache ich dann? Ohne Job und ohne Unterhaltsansprüche?... Ich
glaube, wenn Frauen anfangen würden, so zu denken, würden viele Entscheidungen
anders ausfallen.« 40
Und dann
würde sich wohl auch gesamtgesellschaftlich endlich mal etwas ändern. Denn
solange sich Frauen einen Ernährer zum Vater ihrer Kinder suchen und alle
damit rechnen, dass die Ehe eine Versorgungsanstalt bleibt, geraten weder Politik
noch Wirtschaft unter Druck. Die antiquierte Förderung des
Alleinversorgermodells bleibt dann ebenso unangetastet wie das rudimentäre
Kita-Angebot und die familienfeindlichen Arbeitszeiten.
Hilde
Ich heiße
Hilde. Von Beruf bin ich Bankerin. Ich habe fünf Kinder, einen Mann, ein Haus,
einen Garten und einen Kater. Ganz jung bin ich nicht mehr, vor kurzem war mein
achtundsiebzigster Geburtstag. Meine Töchter und Söhne leben über die Republik
verstreut; seit sie weg sind, ist das Haus ein bisschen groß. Aber so oft, wie
meine Kinder hereinschneien, fällt das kaum auf. Ich war noch keine dreißig,
als mein Mann und ich mit drei Kindern aus Polen in die Bundesrepublik
übersiedelten. Das war Ende der fünfziger Jahre. Wir sind deutschstämmige
Schlesier, was uns den Start erleichterte. Einfach war es für uns im Westen
trotzdem nicht - auch wenn wir sehr bald in ein neu gebautes Mietshaus einziehen
konnten und mein Mann schnell Arbeit fand. Anfang der sechziger Jahre bekam ich
kurz hintereinander noch einen Sohn und eine Tochter. Jetzt waren wir eine
richtig große Familie. Schon damals waren fünf Kinder eher ungewöhnlich, was
wir immer mal wieder in unserer Umgebung zu spüren bekamen. Wir brauchten ein
Haus, das war klar. Mit einer so großen Familie ließ sich in einer Mietwohnung
nicht leben. Als meine jüngste Tochterfünf Jahre war, fing ich wieder an zu
arbeiten, sonst hätten wir den Bau nicht finanzieren können.
Ich bekam
eine Stelle in einer großen Privatbank. Im Bankgeschäft kannte ich mich bis
dahin zwar nicht aus, weil ich eigentlich Buchhalterin war. Aber ich habe sehr
schnell sehr viel gelernt. Das Kundengeschäft, die verschiedenen
Abrechnungsarten, die Betreuung der Konten - im Tagesgeschäft einer Bank
herrscht Termindruck, und damals lief alles noch ohne Computer. Ich hatte eine
volle Stelle, alles andere hätte sich finanziell nicht gelohnt. Meine Tage
ratterten ab wie ein Uhrwerk: Um halb sechs klingelte der Wecker, aufstehen,
duschen, anziehen, die Haare machen. Während mein Mann das Frühstück bereitete,
weckte ich die Kinder. Auch die mussten dann mitmachen: Waschen, rein in die
Sachen,frühstücken, Brote einpacken - die Großen mussten den Kleinen helfen.
Um halb acht verließen wir alle das Haus. Meine älteste Tochter brachte die
beiden Jüngsten in den Kindergarten, der lag am Weg zu ihrer Schule.
Wenn ich
nachmittags um fünf in der Bank fertig war, hetzte ich nach Hause. Die älteren
Kinder hatten dann schon die Kleinen vom Kindergarten geholt und das Abendessen
vorbereitet. Ich fing an zu kochen. Nach dem Essen ruhte ich mich eine halbe
Stunde aus, dann ging es weiter. Küche aufräumen, Bäder putzen, Wäsche waschen,
bügeln, die Kleider für die Kinder zurechtlegen - vor Mitternacht war ich nie
fertig. Wie auch, es war einfach zu viel. Dann am Wochenende der Einkauf, der
Hausputz, der Garten und alles, was sonst noch liegen geblieben war. Als meine
Eltern von drüben kamen und zeitweise bei uns im Haus wohnten, wurde es ein
bisschen einfacher.
In der
Bank war ich eine Exotin. In unserer Hauptstelle arbeiteten rund hundertfünfzig
Leute, aber außer mir gab es über viele Jahre keine einzige Kollegin mit
Kindern -
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