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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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er in Rom aufgestanden, und nun, während sich die ersten Lichter des Abends auf der ruhigen Fläche des Sees spiegeln und Tony Renis aus dem Radio Quando quando quando fragt, fährt er auf dem Rücksitz eines Alfa 2600 Zagato im Luftkurort Stresa am Lago Maggiore ein, zusammen mit Nicolosi und drei weiteren Kollegen. Sie haben das schnellste Auto genommen, das der Mailänder Polizei zur Verfügung steht, nur für den Fall, dass es zu einer Verfolgungsjagd mit den zwei Verbrechern kommt.
    Sie passieren die Luxushotels an der Uferpromenade und halten auf das Rathaus zu, wo der Bürgermeister sie erwartet. Nicolosi hat ihre Ankunft bereits angekündigt.
    Der erste Bürger der Stadt, mit zerzausten Haaren und einem Bäuchlein, das auf die Gürtelschlaufen drückt, ist nervös. Ihm gefällt die Vorstellung nicht, dass zwei gefährliche Kriminelle in seiner Stadt untergetaucht sind, und er ist zu jeglicher Kooperation bereit. Auf dem Konferenztisch hat er den Stadtplan von Stresa ausgebreitet. Er deutet auf eine kleine Villa außerhalb des Ortes, mit Blick auf den See.
    »Hier wohnen seit einer Woche ein paar Männer: Sie behaupten, Mailänder Unternehmer zu sein.«
    Nicolosi lässt sie sich beschreiben. Der eine lang und hager mit braunen Locken: der Bruder der Signora, die ihnen den unfreiwilligen Tipp gegeben hat. Der andere untersetzt, pechschwarze Augen, energisches Kinn und unüberhörbarer süditalienischer Akzent: der Paesanino.
    »Passt«, kommentiert der Commissario trocken.
    Sie beschließen, mit der Aktion fortzufahren, aber nicht sofort: Es ist zehn Uhr abends, zu früh.
    Das ist nicht die Stunde der Bullen.
    Die Stunde der Bullen kommt um vier Uhr morgens.
    »Dann sind wir sicher, dass sie schlafen«, erklärt Nicolosi.
    Antonio ist aufgeregt. Seine Hände zittern, es ist seine erste Stürmung. Ein wenig hat er auf einem Stuhl gedöst, fühlt sich aber immer noch ganz zerschlagen.
    »Bist du dabei, Junge?«
    Der Commissario mustert ihn prüfend.
    »Sissignore.«
    Sein entschlossener Blick wirkt überzeugend, trotz der dunklen Augenringe.
    Sie parken den Zagato fünfhundert Meter vor der kleinen Villa und gehen zu Fuß weiter. Sie haben den Grundriss des Hauses genau studiert. Es gibt zwei Schlafzimmer und nur eine Eingangstür. Antonio wird davor Wache halten, falls jemand versuchen sollte zu fliehen. Die anderen vier gehen rein und teilen sich auf, um die Verbrecher zu schnappen, zwei pro Zimmer.
    Auf ein Zeichen des Commissario beginnt die Aktion. Die Tür wird mit einem Nachschlüssel geöffnet, den der Hausbesitzer ihnen zur Verfügung gestellt hat. Kein Lärm. Flink schlüpfen die vier Bullen ins Haus.
    Paesanino hat eine P 38 auf dem Nachttisch liegen, doch er kommt nicht dazu, sie zu packen, denn schon ist Nicolosi über ihm und presst ihm die Pistolenmündung an die Stirn.
    »Irgendwie lustig, oder? Du hast dich am Ufer des Wassers verstecken wollen, und dann war es ausgerechnet das Wasser, das dich verraten hat …«
    6
    Antonio sieht immer noch müde aus, als er nach einem Ruhetag wieder zum Dienst antritt. Er hat kein Auge zugetan, so aufgewühlt war er, an einem einzigen Tag unter der Madonnina hat er mehr Adrenalin gepumpt als in all den Monaten in Rom. Eine Esportazione-Kippe hängt ihm im Mundwinkel. Er steht im Korridor der Questura und kramt in seinen Taschen nach einem Feuerzeug, so lange, bis ein mitleidiger Kollege ihm eine Streichholzschachtel reicht.
    »Danke«, murmelt Santi und nimmt einen tiefen Zug.
    »Du bist der Neue, stimmt’s? Der mit Nicolosi arbeitet?«
    »Ja.«
    »Toller Schlag, wie ihr Paesanino geschnappt habt! Der Commissario hat blendende Laune seitdem, ist sonst gar nicht seine Art.«
    »Echt?«
    »Das muss doch selbst dir schon aufgefallen sein: Der Pelz des bärbeißigen Bullen passt ihm viel besser. Er ist ein scheuer Mensch, der unsichtbare Narben mit sich herumträgt. Die Leidenschaft für seine Arbeit und die Trennung von seiner Familie hat er teuer bezahlt. Das war wie ein Teufelskreis: Seine Frau hat ihn verlassen, und seine Kinder wollen nichts mehr von ihm wissen, also bleibt ihm nur eins im Leben, sich rückhaltlos mit Leib und Seele der Arbeit zu verschreiben. Seine Mission.«
    »Kennst du ihn gut?«
    Der andere lacht.
    »So ziemlich, denke ich.«
    Er reicht ihm die Hand.
    »Sovrintendete Pino Catalano.«
    »Agente Antonio Santi.«
    Nachdem das Eis gebrochen ist, rauchen die zwei ein paar Zigaretten miteinander und reden.
    Catalano ist ein großer Mann,

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