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Milano Criminale: Roman (German Edition)

Milano Criminale: Roman (German Edition)

Titel: Milano Criminale: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Roversi
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hingegen ein Hüne: Schultern wie ein Rugbyspieler, raspelkurze Haare, plattgedrückte Nase, ausgeprägte Lippen. Nach zweijähriger Verlobungszeit wollen sie heute heiraten und sind auf dem Weg zur Bank, um einen Kredit aufzunehmen, von dem sie das kaufen wollen, was einmal ihr Liebesnest werden soll.
    Kaum übertreten sie die Schwelle der Credito-Italiano-Bank, merken sie jedoch, dass hier etwas nicht stimmt. Die Situation drinnen mutet surreal an. Ein Dutzend Leute liegt auf dem Boden wie Kreidefiguren, die die Polizei nach einem Massenmord auf die Erde gezeichnet hat. Doch diese hier leben. Das Paar kann keinen klaren Gedanken fassen, als das Mädchen unsanft von einer Hand gepackt wird und sich ein Pistolenlauf bedrohlich auf den Hünen richtet.
    »Hinlegen! Klappe halten und keine Bewegung, sonst gibt’s Ärger. Du auch, King Kong. Los!«
    Der Mann, der sie bedroht, trägt einen Nylonstrumpf über dem Gesicht, dunkle Sonnenbrille und Einweghandschuhe. Er hat einige Komplizen dabei, auch sie maskiert und mit gezückten Waffen. In der Bank herrscht eine unwirkliche Stille. Angestellte und Kunden liegen auf dem Teppichboden und wagen nicht zu atmen.
    Vandelli schwitzt wie ein Schwein unter seinem Strumpf. Der Plan für diesen Überfall war ursprünglich eine Trotzreaktion. Vor ein, zwei Wochen hatte er im ›Corriere‹ eine Erklärung des Comer Polizeipräsidenten gelesen – seines alten Mailänder Bekannten Nicolosi –, der behauptete, seine Stadt sei eine Trutzburg für jede Art von Kriminalität, bei ihm passierten keine schlimmen Dinge wie in Mailand. Keine Überfälle und auch sonst nichts, denn die städtische Polizei könne innerhalb kürzester Zeit alle Ausgänge der Stadt sperren und die Ganoven festsetzen.
    »Das glaubst auch nur du, Großmaul«, war es ihm entfahren, als er die Zeitung zuklappte.
    Dann war er zur Tat geschritten. Übereilt, wahrscheinlich.
    Darüber grübelt er seit zwei Minuten nach, während sie herumstehen und warten, zusammen mit den Geiseln.
    »Wo zum Teufel treibt sich dieser Scheißdirektor rum?«, fragt Esposito schroff. Er ist nervös.
    »Ist nach Hause gegangen, und wir sitzen wie die Maus in der Falle«, setzt Pinto noch eins drauf und fuchtelt dabei mit der Maschinenpistole in der Luft herum.
    »Ganz ruhig, er wird schon noch kommen«, beschwichtigt Vandelli sie. Auch ihm schwant allmählich Böses, doch er versucht, einen klaren Kopf zu bewahren.
    Sie waren heute früh hier, gegen halb eins. Mit der Sonne im Zenit und Hemden, die ihnen am Rücken klebten.
    »Nicht gerade die beste Zeit für einen Banküberfall«, hatte Vito protestiert, doch niemand hörte auf ihn.
    Nachdem sie das Auto am See geparkt hatten, versteckten sich die drei hinter der Tür, die an der Rückseite des Bankhauses ins Kellergeschoss führte, direkt gegenüber vom Personaleingang. Um eins hatten sie die Angestellten herauskommen sehen und gezählt. Dann, nach der Mittagspause, hatten sie gewartet, bis der Erste wieder zurückkam. Sie hatten ihre Masken übergezogen, ihn überwältigt und sich von ihm hineinführen lassen. Seitdem sind fünfundzwanzig Minuten vergangen, eine Ewigkeit für einen Banküberfall.
    »Halb drei«, gibt Pinto durch. Keiner hat nach der Uhrzeit gefragt. Die Geiseln werden unruhig.
    Ein Angestellter muss Vandelli zum dritten Mal erklären, dass nur der Direktor oder der Kassierer die Schlüssel zum Tresorraum hat.
    »Und wo zum Teufel stecken die?«, knurrt er ihn an.
    Er schiebt ihm den Pistolenlauf in den Mund, und der Mann schüttelt angstvoll den Kopf.
    »Wenn er nicht bald kommt, kannst du deine Zähne vergessen«, droht er, »und vielleicht auch den Rest.«
    Dann stößt er ihn brutal weg, und der Mann sinkt mit tränengefüllten Augen zu Boden.
    »Roberto, ich halt das nicht mehr aus!«
    Der Hosenschisser Vito! Vandelli dreht sich wie angestochen um.
    »Du sollst mich nicht beim Namen nennen, Idiot!«
    »’tschuldigung.«
    Unter den Strümpfen ist es stickig, und Vandelli merkt, dass Vito und Pinto allmählich die Nerven verlieren. Er muss etwas unternehmen.
    »Folgt mir«, befiehlt er. »Und ihr«, fügt er an die Liegenden gewandt hinzu, »macht bloß keinen Unsinn. Ich behalte euch im Auge, und eine Kugel kann ich euch auch von hier aus in die Stirn jagen.«
    Die drei Verbrecher versammeln sich hinter dem Bankschalter. Ohne dass die Geiseln es sehen, nimmt Vandelli die Magazine aus Vitos und Nicolas Waffen. Dann gibt er sie ihnen zurück.
    »Damit ihr keinen

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