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Milas Lied

Milas Lied

Titel: Milas Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Keil
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Bühnenrand.
    »Na, du Schöne, was macht ihr zwei heute noch?«, sagte Mila, ohne den Blick von ihrer Gitarre abzuwenden.
    Für einen Moment dachte ich ernsthaft, sie würde mit Werner reden, doch dann klappte sie den Koffer zu, ließ die Verschlüsse zuschnappen und sah mich an.
    »Ic h … wi r … ich hab keine Ahnung«, sagte ich. »Und du?«
    »Für heute habe ich wohl frei«, erwiderte Mila eher geknickt als erleichtert. »Ich habe vergessen, neue Saiten einzupacken. So ein Mist. Dabei habe ich mich gerade erst warmgespielt. Das wäre ein guter Abend geworden.«
    Keine Ahnung, was Mila unter einem guten Abend verstand. Einen Raum voller wildfremder, plappernder Menschen in Staunen zu versetzen, genügte ihr offenbar nicht. An Milas Stelle wäre mein Glück vollkommen gewesen. Mila schüttelte einem Mädchen gedankenverloren die Hand.
    »Bleib doch noch ein bisschen«, sagte ich.
    Mila nickte. »Ja. Auf einen Tee.« Und da kam Theo auch schon zurück. Mit Tee. Dieser Anblick war irgendwie neu für mich. Ich hoffte inständig, dass er sich nicht neben Mila setzen würde, sondern neben mich.
    Er reichte Mila ihre Tasse und setzte sich neben sie. »Machst du Ferien in Berlin oder so?«, fragte er.
    »Ich bin Musikerin«, sagte Mila. »Eigentlich bin ich hier, um zu arbeiten.«
    Ich sah Theo an, dass er unter Arbeit etwas anderes verstand, als nachts singend durch Kreuzberg zu tingeln. Und ehrlich gesag t – ich auch.
    »Und wo kommst du her?«, fragte Theo weiter.
    »Aus Russland.«
    Theo nickte.
    »Aus Rostow. Rostow am Don.«
    Weder Theo noch ich hatten je von dieser Stadt gehört.
    »Das liegt im Süden von Russland«, erklärte Mila. »Am Don. Das ist ein Fluss.«
    Theo nickte. »Seit wann bist du denn in Berlin?«
    »Seit ungefähr zwei Monaten.«
    »Und was hat dich hierher verschlagen?«, fragte Theo weiter all die Fragen, die ich Mila auch gern gefragt hätte.
    »Hallo, ist das ein Verhör oder so?« Mila schüttelte den Kopf und pustete in ihren Tee. Als sie dann in Theos verdutztes Gesicht schaute, lachte sie versöhnlich. »Ich war letztes Jahr im Sommer auf einem Festival in Ungarn. Dort habe ich ein paar Leute aus Berlin getroffen. Schauspieler und Musiker. Sie haben mir von der Stadt vorgeschwärmt und dann haben sie vorgeschlagen, dass ich bei einem Theaterstück mitmachen könnte, das sie mit ihrem Verein gerade auf die Beine stellen. Als Sängerin. Und dann hat der Verein mich eingeladen.«
    »Und jetzt wohnst du bei denen?«, fragte ich schnell.
    »Ja.« Mila lächelte mich an. »Sie hatten ein Zimmer in ihrer WG frei, da kann ich umsonst wohnen. Sonst hätte ich mir das nie im Leben leisten können. Das war Schicksal, schätze ich.«
    »Glaubst du an so was? An Schicksal?«, platzte ich heraus und sah, wie Theo hinter Mila die Augen verdrehte.
    »Na klar«, sagte Mila prompt. »Oder glaubst du etwa, dass das hier alles bloß Zufall ist? Das wäre doch langweilig.«
    »Lasst mich raten, als Nächstes reden wir über unsere Sternzeichen«, meldete sich Theo zu Wort und prostete uns zu.
    Ja, genau, dachte ich. Und du, lieber Theo, wurdest im Sternzeichen Gorilla geboren.
    »Das wäre auch langweilig«, sagte Mila ruhig und Theo wischte sich theatralisch erleichtert über die Stirn. »Hier weiß doch jeder, dass du Skorpion bist.«
    Tja, nun hatte Theo wirklich allen Grund, sich zu fürchten.
    Eigentlich kenne ich mich mit Sternzeichen nicht gut aus, außer bei den Leuten, die am 31 . Oktober Geburtstag haben. Also am selben Tag wie meine beste Freundin Hannah. Also am selben Tag wie Theo. Hannah ist Skorpion aus Überzeugung und der festen Meinung, dass ihr Traummann unbedingt Fisch sein müsse, weil Fische und Skorpione sich so prima ausgleichen. Ich halte nicht besonders viel von dieser Ide e – beim Thema Fische bin ich eben einfach befangen.
    Ich hätte gern Erstaunen in Theos Gesicht gesehen, aber diese Blöße gab er sich nicht.
    »Respekt«, verkündete er sachlich. »Du hast ’ne Menge Talente, wie mir scheint.«
    »Ja«, sagte Mila und blies wieder in ihre Tasse. Dabei hätte ich so gern gewusst, ob sie auch mein Sternzeichen erraten konnte.
    »Wie sieht’s aus, wollen wir noch ’n bisschen rumziehen?«, fragte Theo. »Oder lieber noch ’nen Tee?«
    »Danke, ich werde jetzt nach Hause gehen«, sagte Mila höflich, aber bestimmt. Für Kneipentouren habe ich kein Geld.«
    »Ich lad dich ein«, sagte Theo sofort.
    »Selbst verdienter Wein schmeckt besser«, antwortete Mila und stand

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