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Milchbart (German Edition)

Milchbart (German Edition)

Titel: Milchbart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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sich auch daran gehalten.
    Fanni stand auf und lief zum Nachttisch hinüber, wo sie es aufbewahrte. Insgeheim hoffte sie, Sprudel würde sich noch einmal melden.
    Kannst es wohl nicht erwarten, ihm die neuesten Neuigkeiten zu berichten? In reißerischen Schlagzeilen womöglich: Tillman Bogner homosexuell! Milchbarts Talisman am Eingang zum Büro des Professors gefunden!
    Ernüchtert registrierte sie auf dem Display die Festnetznummer des Telefonanschlusses Erlenweiler 8.
    Hans Rot klang aufgekratzt.
    Er klingt nach drei Weißbier und einer Runde Schnaps!
    »Fannilein«, rief er, »sagtest du nicht, dass seit gestern deine Vormittagstermine gestrichen sind?«
    »Doch bei Weitem nicht alle …«, begann Fanni vorsichtshalber, aber Hans ließ sie nicht ausreden.
    »Morgen gegen zehn hole ich dich ab, wir fahren in unser Haus nach Erlenweiler, und ich koche für uns.«
    Er kocht? Jesus, seit wann kann Hans Rot kochen?
    Ja, seit wann denn bloß?, dachte Fanni. Früher konnte er sich kaum ein Butterbrot schmieren.
    »Du machst den Salat, und ich bereite die Forelle zu«, sagte Hans. »Lass dich überraschen.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Du freust dich doch?«
    Hans Rot bereitet eine Forelle zu! Er muss komplett besoffen sein! Ich korrigiere mich: fünf Weißbier und drei Runden Schnaps!
    Fanni blieb ihrem Mann die Antwort schuldig.
    »Also dann – ausgemacht«, sagte er und legte auf.
    Fanni beschloss, das Handy abzuschalten. Sie hatte genug für heute, und außerdem wollte sie früh zu Bett gehen.
    Bevor sie das kleine Badezimmer betrat, um zu duschen und sich jenen Verrichtungen zu widmen, die sie allabendlich vornahm, stellte sie den Wecker an ihrem Bett auf fünf Uhr.
    Sie hätte beim besten Willen nicht sagen können, warum, aber der frühe Morgen schien ihr für den geplanten Einbruch am geeignetsten.
    Fanni erwachte noch vor dem Läuten des Weckers, schlüpfte in die schwarze Stretchhose, die sie immer zur Gymnastik trug, und in eine dunkelgraue Fleecejacke, dann verließ sie leise ihr Zimmer.
    In den Fluren brannten winzige grüne Lämpchen, die ein mattes, aber ausreichendes Licht gaben.
    Als Fanni bei Marita Bogners Behandlungsraum ankam, zückte sie ihre Nagelschere und zögerte keine Sekunde, das Klebeband entlang der Türöffnung aufzuritzen. Erst als sie die Hand auf die Klinke legte, kam ihr der Gedanke, es könne abgeschlossen sein.
    In Fernsehkrimis greift man in solchen Fällen zur Scheckkarte, und ruck, zuck ist man drin.
    Doch die Tür gab nach, ließ sich geräuschlos öffnen. Fanni glitt hindurch und drückte sie hinter sich wieder ins Schloss.
    Aufatmend blieb sie stehen. Entgegen ihrer Erwartung zeigte sich der Raum in sanfte Helligkeit getaucht. Durch das vergitterte Fenster drang das Licht der Laternen im Park, die offenbar Tag und Nacht brannten. Unwillkürlich trat Fanni ans Fenster und schaute hinaus. Zwischen vereinzelten Bäumen sah sie das schwarze Wasser des Teichs hindurchschimmern. Davor wand sich die gepflasterte Trasse, die zum Haupteingang führte. Von diesem Weg zweigte auf Höhe des Kräutergärtchens ein schmalerer ab, der direkt unterhalb des Fensters vorbeiging, an dem Fanni stand, und zur Ostseite des Klinikgebäudes verlief, wo sich der Parkplatz des Klinikpersonals befand.
    Fanni ließ den Blick prüfend über das Fenstergitter aus Schmiedeeisen gleiten, suchte nach einem Durchschlupf. Die Stäbe wiesen einen Abstand von höchstens fünf Zentimetern voneinander auf, und obwohl sie sich im unteren Drittel weit nach außen wölbten, waren sie ringsum fest im Mauerwerk verankert.
    Du hattest schon recht, als du zu Milchbart sagtest: Da kommt gerade mal ein Mäuschen durch oder eines jener Haselnüsse sammelnden Eichhörnchen, die man hier überall sieht.
    Fanni nickte bestätigend, drehte sich um und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Behandlungsraum zu.
    Im Licht der Laternen konnte sie den Schreibtisch ausmachen, den Stuhl, in dem Marita Bogner gestorben war, dahinter den Paravent und daneben den Bauernschrank, in den die Therapeutin jeden Morgen ihren Mantel gehängt hatte.
    Wenn du Details erkennen willst, wirst du die Stirnlampe benutzen müssen!
    Fanni entschied sich anders. Zielstrebig ging sie zur Tür und betätigte den Lichtschalter.
    Bist du irre? Was, wenn jemand vorbeikommt und merkt, dass hier drin Licht brennt?
    Das Risiko muss ich eingehen, dachte Fanni. Mit der Stirnlampe kann ich mir nämlich keinen so guten Überblick verschaffen.
    Sie blieb an

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