Milchfieber
Nette Leute?“, fragte sie spöttisch.
„Naja. Sie ist die Frau eines Nachbarn. Aber er war nicht der Nachbar.“
„Das sind vielleicht Leute!“, würde meine Oma sagen“, erwiderte Nina. „Weißt du wie das auf Schwäbisch heißt, wenn man sich von solchen Leuten abgrenzen will?“
Allmers schüttelte den Kopf: „Ich verstehe kein Wort, wenn ihr redet.“
„Meine Oma sagt dazu: Es geit sottene und sottene. Und mir san sottene. Verstanden?“
„Ich kann es mir denken: Es gibt Solche und Solche. Und wir sind Solche.“
Kapitel 14
Dass die Hochzeit von Horst und Lissy in einem Desaster enden würde, ahnte niemand, als das Brautpaar zu Beginn der Feier die Gäste empfing.
Es war üblich, den Hochzeitern anstelle großer Geschenke einen Umschlag in die Hand zu drücken, in dem neben den nichts sagenden Glückwunschkarten ein monetärer Beitrag zu der teuren Hochzeitsfeier steckte. Lissy nahm strahlend jeden Umschlag in Empfang und Allmers musste grinsen, als er bemerkte, wie sie in ruhigen Minuten verstohlen in die Umschläge sah. Sie unterschied sich hier auch nicht von den anderen Bräuten, dachte er, die machen es alle genauso. Horst kümmerte sich nicht um den Inhalt, er war mit dem Empfang der Gäste beschäftigt.
Lissys Familie war in Polen geblieben. Die Reise sei für die alten Leute zu teuer, meinte sie entschuldigend. Horst hatte mit den Schultern gezuckt. Mit seinen Schwiegereltern hätte er ohnehin kein Wort wechseln können.
Alex saß an ihrem Tisch, aber Lissys Cousin war Winkler egal. Alex bestellte Wodka und sah missmutig durch den Saal.
Horst war begeisterter Schlagzeuger, seit er zu seiner Konfirmation ein altes Schlagzeug geschenkt bekommen hatte. Normalerweise war er es, der auf den Bühnen der kleinen Gastwirtschaften hinter seinem Schlagzeug saß und mit zwei oder drei anderen Musikern „Rosamunde“ oder „Tirolerhut“ zum Besten gab. Er spielte auf allen Hochzeiten seiner Schulkameraden. Nur er und Allmers hatten nicht geheiratet. Er spielte gar nicht so schlecht, wie er fand. Natürlich war ihm klar, dass er nie weiter kommen würde als auf den Hochzeiten in den umliegenden Dörfern zu spielen, aber das genügte ihm. Dass er einmal auf seiner eigenen Hochzeit spielen würde, hatte er nicht in seinen kühnsten Träumen erwartet.
Es dauerte nicht lange und der Schlagzeuger, der heute für ihn eingesprungen war, forderte ihn auf, hinter dem Instrument Platz zu nehmen. Winkler fühlte sich geschmeichelt, zierte sich zuerst und ließ sich dann vom Sprechchor der Gäste, die ihn ebenso dazu aufforderten, erweichen.
Lissy saß neben ihrem schweigsamen Cousin und sah ihrem Mann gelangweilt zu. Die Band spielte ein paar einfache Stücke zum Warmwerden, Horst zog sein Jackett aus, drosch auf die Trommel und war glücklich.
Etwas irritiert bemerkte Horst Winkler, dass Alex mit der Tochter des Nachbarn, sie war 16 oder 17, zu tanzen begann. Lissy schien ihnen traurig hinterher zu sehen und Horst war sich unschlüssig, ob er nicht lieber wieder aufhören sollte. Er winkte seinen Bruder Klaus an die Bühne, rief ihm zu, er solle Manfred, den Schlagzeuger suchen, aber der reguläre Schlagzeuger war nicht aufzutreiben und Horst beschlich der Verdacht, dass seinem Vertreter sehr daran gelegen war, dass er spielte. So konnte der andere wohl in Ruhe an der Bar stehen und auf seine Kosten feiern, anstatt für sein Geld zu arbeiten.
Plötzlich schickte Alex das Mädchen von der Tanzfläche und winkte Lissy zu sich her. Lissy gehorchte sofort, so als ob sie nur auf sein Zeichen gewartet hätte.
Verwundert kam Horst aus dem Takt und erst die fragenden Blicke der anderen Musiker ließen ihn sich wieder auf die Musik konzentrieren. Dass Lissy gut tanzen konnte, hatten alle im Saal bemerkt, aber ihr Tanz mit Alex sorgte bei fast allen Gästen für Aufregung. Die beiden schienen nicht zum ersten Mal gemeinsam zu tanzen. Alex führte seine Cousine schwungvoll über den Tanzboden, unterhielt sich mit breitem Lächeln mit ihr und schien wie ausgewechselt. Lissy genoss den hervorragenden Tänzer, der sie fast professionell begleitete und charmant mit ihr zu plaudern schien. Alex schien alle Standardtänze zu beherrschen, egal ob Cha-Cha-Cha, Rumba oder Walzer gespielt wurde.
Irgendwann waren die beiden verschwunden, Horst suchte angestrengt unter den Paaren auf der vollen Tanzfläche, fand sie aber nicht. Als die Musiker eine Pause einlegen wollten, stand Horst Winkler erleichtert auf. Den Beifall
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