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Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Morgenstern
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Fristverlängerung herausbetteln, hoffte er. Horst Winklers Konto war leer, er hatte alles, was er an Bargeld besessen hatte, abheben müssen, um den Wirt davon abzuhalten, ihm den Gerichtsvollzieher auf den Hof zu schicken. Das kleine Guthaben auf dem Sparbuch, ein Erbe von seiner Mutter, wollte er auf keinen Fall anrühren. Das sollte der Not-Notgroschen bleiben und außer ihm wusste nur Lissy von seiner Existenz.
    „Moin“, sagte Winkler leise, als Gerlach in den Stall trat. Klausi Winkler ließ die Heugabel sinken und starrte auf die beiden Kontrahenten. Gerlach hatte einen Anzug an, dessen Stoff ein bisschen zu edel war. Die dicke grüne Krawatte passte nicht zur Farbe seines protzigen Rings, den er am kleinen linken Finger trug.
    „Moin“, erwiderte Gerlach.
    „Ist Lissy nicht da?“, fragte er und Horst schüttelte mit dem Kopf.
    „Was willst du?“ Horst wusste genau, was Peter Gerlach wollte. Er versuchte, mit einem forschen Ton ein wenig Oberwasser zu gewinnen.
    „Du weißt genau, was ich will“, erwiderte Gerlach leichthin und niemand hätte ihm so etwas wie einen drohenden Unterton unterstellen können.
    Horst schwieg.
    „Ich will mein Geld.“ Jetzt wurde Gerlachs Tonlage aggressiver.
    „Du hast ja gesehen, was passiert ist“, erwiderte Horst, „mein ganzes Geld ist bei Reinecke.“
    „Das interessiert mich nicht“, sagte Gerlach, „ich bekomme von dir dreitausend. Unsere Abmachung ist klar. Wenn du nicht zahlst, wird es eng für dich.“
    „Und wenn schon“, erwiderte Horst Winkler und wunderte sich über seinen Mut. „Lissy kannst du mir nicht mehr wegnehmen, wir sind verheiratet.“
    Gerlach schüttelte den Kopf: „Ich meine es ernst, Horst. Das ist kein Spiel. Wenn ich sage, dass es eng für dich wird, dann meine ich das auch so. Ich nehme dir den Laden hier auseinander. Ich hole mir mein Geld, das garantiere ich dir. Noch einmal: Wann zahlst du?“
    „Ich zahle auch Zinsen“, erwiderte Horst eingeschüchtert. Er zweifelte nicht, dass Peter Gerlach es ernst meinte. „Ich brauche mindestens ein Jahr.“
    Gerlach schüttelte ungläubig den Kopf. „Du spinnst. Ich gebe dir noch einem Monat. Wenn das Geld dann nicht da ist, gibt es richtig Ärger. Dann komme ich nicht alleine.“
    Gerlach drehte sich um und ging zu seinem Auto. Er drehte noch einmal die Scheibe herunter, bevor er losfuhr.
    „Ich meine es ernst.“
    Winkler glaubte ihm.

Kapitel 17
    „Kuchen?“
    Allmers nickte: „Zwei, wenn du hast.“
    Hella brühte den Kaffee auf, legte Allmers zwei Tortenstücke auf den Teller und setzte sich ihm gegenüber an den Küchentisch.
    „Wann fangen wir an?“, fragte sie. Allmers musste einen Moment überlegen, dann fiel es ihm wieder ein.
    „Unser Backbuch?“
    Hella Köhler nickte: „Ich will, dass wir bald anfangen, schließlich will ich es auch noch einmal in den Händen halten.“
    „Du redest, als ob du morgen in die Kiste steigen wolltest“, sagte Allmers, „heute Abend?“
    Hella nickte: „Am besten, du kommst nach dem Melken. Ich habe Papier und Bleistift. Ich diktiere und du schreibst.“
    Allmers nickte: „Ich bringe mein Laptop mit.“
    „Was ist mit Horst?“, fragte Hella Köhler nach einer kleinen Pause, in der Allmers überlegte, ob sie darüber gegrübelt haben könnte, was ein Laptop sei.
    Allmers zuckte mit den Schultern: „Was soll mit Horst sein?“
    „Er hat abgesagt. Dabei haben wir alles vorbereitet.“
    „Vielleicht ist er krank“, warf Allmers zaghaft ein und nahm sich ein zweites Stück: „Das ist aber Käsesahne, oder? Kein Käsekuchen! Wenn wir die Rezepte aufschreiben, dürfen wir so etwas nicht verwechseln.“
    Hella nickte und trank ihre Tasse leer: „Immer nur Käsekuchen backen ist langweilig. Das Rezept habe ich von meiner Nichte. Ich glaube nicht, dass er krank ist. Da stimmt was nicht.“
    Allmers schüttelte den Kopf: „Du hast zu viel Phantasie“, meinte er mit vollem Mund. „Dann schlachtet er eben nächste Woche.“
    Schon zu Lebzeiten seines Vaters hatte Horst Winkler sich nebenher zum Hausschlachter ausbilden lassen und ihm diese Arbeit abgenommen. Seitdem war er im Herbst regelmäßig auf den Höfen als Schlachter unterwegs. Mittlerweile brachten die Bauern aber meistens das Vieh zu den kleinen Schlachtereien in der Umgebung, zu mühsam waren die bürokratischen Hindernisse, die nach und nach dazu führten, dass den Bauern die Lust verging am Schlachten auf den Höfen. Die meisten hatten außerdem die Schweine

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