Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Morgenstern
Vom Netzwerk:
Reliquie des Heiligen Trigeminus.“ Lissy packte weiter, während sie Horst erklärte: „Das ist Heiliger aus Polen, der wohl in seinem Leben mal was Schlimmes gemacht hat, Verbrecher oder Mörder oder so etwas war. Dann hatte er Erscheinung und hat sich Gericht gestellt, weil Gott es ihm so befohlen hat. Dann haben sie ihn gerädert oder gevierteilt, ich weiß nicht mehr.“
    „Und dafür ist er heilig gesprochen worden?“
    Lissy nickte: „Ja, er hat es wegen Gott gemacht, oder so. Jetzt frag nicht so viel, ich weiß es auch nicht so genau.“
    Horst begann nachzudenken, während er Lissy beim Packen beobachtete.
    „Ich habe noch eine Frage“, Horst ließ nicht locker. Lissy rollte mit den Augen. „Hast du gesagt, du fährst zu seiner Reliquie? Das verstehe ich nicht.“
    Lissy sah hektisch auf die Uhr. „Ich muss bald los. Es ist so: von Heiligen ist nur kleines Teilchen in Kirche. Manche Kirchen habe Knöchelchen, andere habe Haare, die dritten Oberschenkelknochen oder Zeh und diese Kirche hat eben Mittelfinger von Heiligen. In einer Kirche in Italien haben sie Gefäß, da ist sogar Blut von Heiland Jesus Christus drin! Und alle zehn Jahre an Ostern wird flüssig.“ Sie bekreuzigte sich und murmelte ein paar Worte. „In Polen, beim Heiligen Trigeminus ist eben Mittelfinger von Heiligen in Glas. Man kann ansehen und anbeten.“
    Horst schüttelte den Kopf: „Und der streckt sich alle zehn Jahre in die Höhe, oder wie?“
    Lissy wurde ernst: „Das ist Gotteslästerung, was du da machst, das verbiete ich dir!“
    „Wann ist der denn heiliggesprochen worden? Direkt nach seinem Tod?“
    „Mein Gott!“, schrie Lissy. „Lass mich doch endlich in Ruhe mit deinen Fragen, ich habe zu tun. Hundert Jahre später oder so, woher soll ich das so genau wissen?“
    Horst blieb stur: „Dann müssen die den Kerl ja hundert Jahre später wieder ausgegraben und die Finger abgeschnippelt haben. Haben die den dann ganz ausgeweidet und die Reste an die verschiedenen Kirchen verteilt?“
    Lissy zuckte mit den Schultern.
    Horst schüttelte den Kopf. „Ihr Katholiken seid komische Leute. “
    Lissy wurde wütend: „Das kannst du gar nicht beurteilen, das ist Sache von Papst und den darf man nicht kritisieren. Das ist in Polen nicht üblich!“
    „Was macht man denn, wenn man dann vor dem Gefäß steht?“
    „Man betet das Vaterunser, vielleicht ein oder zwei Rosenkränze und bittet Heiligen um Beistand.“
    „Du betest dann den Mittelfinger an?“
    „Ja, von mir aus. Ich bete Mittelfinger an!“
    „Ich dachte immer, so etwas machen nur Eingeborene in Neuguinea.“
    „Sehr witzig“, Lissy sah nervös auf die Uhr.
    „Was ist los?“, fragte Horst ungehalten, „warum erzählst du mir nicht, was du vor hast?“
    „Ich habe dir doch schon gesagt“, erwiderte Lissy scharf, „dass ich nach Polen fahre. Glaubst du mir etwa nicht? Muss ich wie Kleinkind meine Reiseroute genehmigen lassen?“
    „Ich wollte nur wissen“, erwiderte Horst kleinlaut, „ob du mit dem Zug fährst und ich dich vielleicht zum Bahnhof fahren soll.“
    „Ich fahre mit Peter“, wieder sah sie auf die Uhr, „der muss auch nach Polen und ich kann mit ihm mitfahren.“
    Peter Gerlach, dachte Horst und jäh wurde er an seine Schulden erinnert, die er noch bei ihm hatte. Er hatte noch immer kein Geld und wusste nicht, wie er Peter noch einmal dazu bringen sollte, ihm mehr Zeit zu lassen.
    „Ich mache noch einen Kaffee, bis er kommt“, rief er aus der Küche, aber Lissy antwortete nicht.
    Nach ein paar Minuten stand sie in der Tür. „Ist der Kaffee endlich fertig?“, fragte sie nur und Horst nickte. Als er ihr die Tasse auf den Tisch stellte, streifte sie ihn scheinbar zufällig mit der Hand über die Hose und flüsterte: „Es dauert nicht lange…“
    Horsts Eifersucht war verflogen. Er beugte sich über sie und küsste ihre Haare. „Wie soll ich das so lange aushalten?“, fragte er leise.
    Als sein Bruder in die Küche kam, begann Lissy zu lachen:
    „Mach es doch einfach so wie Klausi!“
    Horst verstand nicht, was Lissy meinte.
    „Ich zeige es dir!“ Lissy stand auf, rannte durch das Haus in Klaus’ Schlafzimmer und kam nach ein paar Minuten mit Minnie, Klausis Puppe, im Arm wieder. Sie begann in der Küche zu tanzen, legte ihre Hand auf den Plastikhintern und schlang ihr rechtes Bein um das der Puppe.
    „Ist so richtig, Klausi?“, fragte sie, „so mag sie es am liebsten, oder?“
    Klaus stiegen die Tränen in die Augen. Horst

Weitere Kostenlose Bücher