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Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas B. Morgenstern
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können. Zuerst steuerte er Hella Köhlers Hof an. Es war nur eine vage Vermutung, als er aber den Hof dunkel vor sich liegen sah, war ihm klar, wie falsch die Idee gewesen war. Nina war zwar von Hellas Kuchen begeistert gewesen, der Rest des Besuches auf dem Hof war aber gründlich schief gegangen. Er fuhr langsam die kleine Straße entlang. Dabei dachte er darüber nach, dass sie vor ein paar Jahren von der Gemeinde passenderweise in „Milchstraße“ umbenannt worden war. Die Anwohner hatten noch andere Vorschläge gemacht, die nicht angenommen worden waren. „Jungfernstieg“ lautete eine der Favoriten der Bauern. In zehn Familien waren innerhalb von ein paar Jahren zwanzig Mädchen aber nur sechs Jungen geboren worden. Allmers hielt sich nicht lange bei diesen Gedanken auf. Er sah in jede Hofeinfahrt, versuchte den Straßengraben im Blick zu behalten und wendete am Ende der Straße. Er fuhr genauso langsam zurück. Schließlich traf er Georg Brokelmann, der misstrauisch den langsam fahrenden Wagen musterte.
    „Ach, du bist es“, sagte Brokelmann. Er hatte den im Schritttempo fahrenden Allmers erkannt. Allmers kurbelte die Scheibe herunter und hielt vor Brokelmann an.
    „Hast du Nina gesehen?“, fragte er ohne Begrüßung.
    „Wen?“, erwiderte Georg Brokelmann verwundert.
    „Meine Nichte. Nina.“
    „Ich wusste gar nicht, dass deine Schwester da ist“, erwiderte Brokelmann.
    „Ist sie auch nicht, Nina ist alleine hier.“
    „Ist sie schon so groß? Mann, wie die Zeit vergeht.“ Die letzten Worte hörte Allmers schon nicht mehr. Er gab Gas und beendete das unergiebige Gespräch so schnell, wie er es begonnen hatte.
    Er fuhr noch ein paar Runden. Er hielt an jedem kleinen Feldweg und ließ das Fernlicht über die Wiesen leuchten. Schließlich fuhr er nach Hause.
    Kurz vor der Einfahrt seines Hofes hätte er fast Nina überfahren, die langsam in Richtung des Hauses radelte.
    Nina tat erstaunt, als Allmers sie zur Rede stellte. Sie zuckte mit den Schultern und meinte nur, es sei ihre Sache.
    „Das sehe ich aber anders“, Allmers war wütend geworden, „so lange du hier bei mir bist, habe ich die Verantwortung.“
    „Du bist genauso wie meine Eltern. Nichts kann man euch recht machen“, ereiferte sie sich. „Ich war bei Ines.“
    „Ach“, jetzt wusste Allmers, wer das Mädchen am Strand gewesen war, „bei Ines. Und was habt ihr da gemacht?“
    Nina schüttelte erstaunt den Kopf: „Du willst doch nicht wirklich wissen, was zwei Mädchen, die weniger als halb so alt sind wie du, an einem Nachmittag machen, oder?“
    „In diesem Fall schon“, sagte Allmers, „Ines hat sich mit Werner unterhalten und daraufhin wurde der Hof von Winklers durchsucht. Ich will nicht, dass du da in etwas hineingezogen wirst.“
    „Darüber haben wir überhaupt nicht geredet“, meinte Nina leichthin, „wir haben uns voneinander verabschiedet. Und das dauert bei jungen Mädchen nun mal etwas länger. Schließlich fahre ich bald wieder nach Hause.“
    Allmers wusste sofort, dass sie log.

Kapitel 23
    Horst Winkler wurde von Lissys Reisevorbereitungen überrascht. Nach dem Melken war er morgens in die Küche gekommen, hatte sich auf seinen Morgenkaffee gefreut und war sehr verwundert gewesen, als Lissy nicht in der Küche war. Er hatte sie im Schlafzimmer gefunden, die Koffer waren praktisch gepackt.
    „Was machst du?“, fragte er.
    „Ach, Horst“, Lissy begann zu weinen, „Ich halte das alles kaum noch aus.“
    Horst schwieg.
    „Das mit Alex, du weißt. Dauernd die Polizei hier.“
    „Die kriegen nichts raus.“
    „Natürlich nicht!“ Lissy nickte. „Das haben wir gut gemacht, das mit Auto. Aber trotzdem: ich muss Wallfahrt machen. Zur Buße.“
    Horst bekam große Augen: „Eine Wallfahrt? Wohin denn? Dann lässt du mich hier alleine?“
    „Nicht lange“, Lissy versuchte ihn zu trösten. „In zwei oder drei Wochen ich wieder da.“
    „Wo willst du denn hinfahren?“, fragte er zweifelnd.
    „Zur Reliquie des Heiligen Trigeminus. In Polen, da ist Tradition, dass man, wenn man Sünde begangen hat, nach Zcewinstok pilgert.“
    Horst sah seine Frau ungläubig an. Dass in Polen viele Wallfahrten stattfanden, wusste er, und daran, dass Lissy dauernd den Rosenkranz betete, hatte er sich schon lange gewöhnt, aber dass sie jetzt, in dieser schwierigen Situation weg wollte, konnte er nicht verstehen.
    „Zur was?“, brachte er kaum heraus, ein Kloß im Hals schien seine Stimme zu verschlucken.
    „Zur

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