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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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erleichtert: Es war keine Platzwunde. Das hätte ihm gerade noch gefehlt.
    Vor seinem zweiten Probelauf besah sich er genau den Türrahmen und ging die Bewegung, die er machen musste, um sich schnellstmöglich aus dem Auto zu winden, wie in Zeitlupe durch. Dann versuchte er es noch einmal. Er griff sich die Pistole, sprang aus dem Wagen und rief »Stehen bleiben, Polizei«.
    Dreimal wiederholte er die Trockenübung, dann ließ er sich zufrieden und erschöpft ins Auto fallen.
    Mit einem einzigen Griff in den Rücken zog er die Kühltasche nach vorne. Jetzt hatte er wirklich Hunger.
     
    ***
     
    »Zefix noch mal, was ….?« Kluftinger erschrak. Der Landjäger fiel ihm aus der Linken und aus der Tube in seiner rechten Hand ergossen sich zwei kleine Tropfen Senfwasser auf seine Hose. War er eben eingenickt? Er sah auf die Uhr: Die Leuchtzeiger zeigten halb vier. Für einen kurzen Moment wurde ihm schlecht. Er war eingeschlafen, soviel stand fest. Das sagte ihm auch der Druck, der sich in seiner Blase aufgebaut hatte. Er legte den Senf weg, rieb sich das Gesicht und stieg aus dem Auto.
    »Du Depp. Du Riesendepp!«, schimpfte er sich selbst, während er schon im Gehen den Reißverschluss seiner Hose öffnete.
    Wie konnte ihm das nur passieren? »Du damischer Depp!« Sein Schimpfen wurde nur von dem ausgedehnten Seufzer unterbrochen, mit dem er die Entledigung seines Blasendrucks begleitete. In dieser eigentümlichen Stimmung zwischen Wut und Entspannung sah er das Licht.
    Es dauerte etwa eine Sekunde, bis die Wahrnehmung gänzlich in sein gerade erwachendes Bewusstsein durchgesickert war. Dann traf ihn die Erkenntnis wie ein Stromschlag. Sein Strahl versiegte augenblicklich. Unwillkürlich ging er in Deckung obwohl er bei dieser Dunkelheit unmöglich zu sehen gewesen wäre.
    Schlagartig trat ihm der Schweiß aus den Poren, sein Atem wurde schnell und flach und ein leichtes Zittern ergriff von seinem Körper Besitz. Kluftinger war in heller Aufregung. In geduckter Haltung machte er sich auf den Weg in Richtung des Lichtscheins. Die Helligkeit der schmalen Mondsichel reichte gerade aus, um die Bodenbeschaffenheit auszumachen, so dass er nicht stürzte. Er ignorierte den aufkeimenden Schmerz in seinem lädierten Knie; eigentlich spürte er ihn gar nicht richtig. Er pirschte sich langsam an das Haus heran, ging dabei nicht den direkten Weg, sondern schlug Haken. Dazwischen machte er immer wieder Halt und lauschte. Dabei hielt er den Atem an, um jedes noch so kleine Geräusch, das er selbst verursachte, zu eliminieren. Wenn er das Gefühl hatte, dass sich außerhalb des Hauses nichts regte, setzte er seinen Weg fort.
    Etwa zwanzig Meter vor dem Bauernhof stoppte er. Er suchte Deckung hinter einem Baum. Der Hof war in L-Form angeordnet. Die Stirnseite war fast vollständig aus Holz und war früher wohl als Scheune genutzt worden. Die Längsseite sah aus wie der Wohntrakt. Der Kommissar stand nur wenige Meter außerhalb der Einfahrt, die auf zwei Seiten vom Haus und auf einer Seite von einem kleinen Gemäuer begrenzt wurde. Darin hatte früher bestimmt der Misthaufen Platz gefunden, vermutete Kluftinger. Er konnte diese Einzelheiten erkennen, weil aus den Fenstern der Scheune genügend Licht fiel, um den Innenhof etwas zu erhellen. Zwar waren die Fenster mit dunklem Stoff oder Folien abgehängt, aber das war nicht sehr gründlich geschehen. Wer immer sich darin auch zu schaffen machte, er musste sich sehr sicher fühlen.
    Kluftinger prägte sich jedes Detail genau ein. Er überlegte fieberhaft, wie er nun weiter vorgehen sollte. Während er nachdachte, fuhr er sich mit der Hand über den Nacken und bemerkte erst jetzt, dass er Schweiß gebadet war. Sein Hemd klebte an seinem Oberkörper und sogar der Bund seiner Hose fühlte sich feucht an. Plötzlich öffnete sich die Tür zur Scheune.
    Kluftingers Herz übersprang einen Schlag. Er duckte sich. Kniff die Augen zusammen. Wenn jetzt jemand den Hof verlassen würde, würde er unweigerlich entdeckt. Er stand praktisch mitten in der Hofausfahrt. Er verfluchte sich innerlich, dass er sich nicht die Zeit genommen hatte, eine bessere Deckung zu suchen. Er blickte sich um. Sollte er schnell nach rechts laufen, hinter dem Wohngebäude Schutz suchen? Nein, jede Regung würde ihn ganz sicher verraten. Seine Hand wanderte wie in Trance an den Bund zu seinem Holster. Es kam ihm vor, als würde ihm die Luft abgeschnürt: Es war leer. Verdammt, seine Waffe lag jetzt in seinem Auto. Und das

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