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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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heute war anders: Es war nicht nur lange her, dass er an einer Beschattung mitgewirkt hatte, es war auch lange her, dass er einen Fall betreut hatte, der ihn so beschäftigte wie dieser. Eigentlich, dachte er sich nach kurzem Nachdenken, hatte er noch nie einen so brisanten und mysteriösen Fall gehabt. Und dass dieser große Fall auch noch zur Hälfte in seinem Heimatort spielte, machte die Sache nicht eben leichter. Deswegen hatte er diese Nachtschicht freiwillig übernommen. Dennoch wusste er – und das nicht erst seit dem gestrigen Telefongespräch mit seinen Kollegen – dass eine solche Nacht kein Zuckerschlecken war. Er wollte vorbereitet sein. Und die wichtigste Grundlage für alle Aktivitäten war für ihn immer eine gute und vor allem reichliche Brotzeit. Also packte er ein, worauf er möglicherweise in der Nacht Appetit bekommen könnte: Ein Paar Schüblinge mit Semmel, ein Paar Landjäger mit Semmel, Senf für die Schüblinge und die Landjäger, eine Semmel mit geräuchertem Schinken und ein mit einer eineinhalb Zentimeter dicken Schicht aus Bauernsalami belegtes Brot (mit der Wurst sollte man beim belegten Brot nie sparen, das machten seiner Ansicht nach die meisten Menschen falsch), zwei Käsesemmeln, falls er keine Lust auf Wurst haben sollte und außerdem, weil Käse den Magen schließt, eine Banane, um etwas Leichtes für Zwischendurch zu haben und eine Tafel Schokolade für den Nachtisch. Kluftinger breitete die Sachen auf dem Tisch aus und betrachtete sie. Hatte er etwas vergessen? Er schlug sich an die Stirn: Natürlich, die Essiggurken. Als er noch ein Glas Gurken zu seinen Brotzeit-Utensilien stellte, lächelte er zufrieden, packte alles in die Kühltasche die er und seine Frau sonst mit zu ausgedehnten Badetagen nahmen, und machte sich auf den Weg.
     
    ***
    Die Kollegen, die er ablöste, wünschten ihm mit einem schadenfrohen Grinsen einen »Schönen Abend«, bevor sie nach Hause fuhren. Sie wussten nicht, dass er sich auf diesen Abend richtiggehend freute.
    Es war kurz vor sechs Uhr und es kündigte sich eine dieser lauen Sommernächte an, die die Menschen scharenweise ins Freie lockte. Es gab nicht viele Orte, an denen Kluftinger in einer solchen Nacht lieber gewesen wäre als im Herzen des Allgäus, nur von ein paar Einödhöfen umgeben, vor Blicken von ein paar mächtigen Eschen geschützt, zwischen denen er sein Auto geparkt hatte. Kluftinger drehte die Scheibe seines Passats ganz herunter und atmete tief ein. Er lächelte. Er fühlte sich gut, auch wenn er wegen des Grunds seiner Anwesenheit eine gewisse Nervosität verspürte.
    Er nahm das Fernglas zur Hand, das ihm seine Kollegen dagelassen hatten. Sogar aus dem Auto heraus, im Sitzen, hatte er einen guten Blick auf den alten Hof. Er legte das Fernglas auf den Beifahrersitz, zog sein Handy heraus und legte es daneben Er wählte die Nummer vom Präsidium und die seines Kollegen Maier, damit sie sich im Nummernspeicher befanden und er später, falls es ernst werden würde, nur auf die Wiederholtaste würde drücken müssen. Er hatte an alles gedacht.
    Er blickte auf die Uhr: Viertel nach sechs. Er hatte noch etwa 12 Stunden vor sich. Zeit, eine gute Grundlage zu schaffen, dachte er und holte die Kühltasche vom Rücksitz. Seine Wahl fiel auf die Banane. Er würde heute sowieso nur die Banane essen, nahm er sich jetzt auf einmal vor. In letzter Zeit hatte er sich, was die Ernährung betraf, etwas gehen lassen, fand er. Und jetzt war eine gute Gelegenheit, dies zu ändern. Und wie würde seine Frau schauen, wenn sie aus dem Urlaub wiederkam und er ein paar Kilogramm weniger auf den Rippen hätte? Kluftingers erster Biss in die Banane ließ seine Gedanken bereits in Richtung der Schüblinge wandern. Er überlegte sich, dass eine Observation mit leerem Magen möglicherweise nachteilig sein konnte. Und außerdem: Eine Nacht ohne Schlaf würde ihn reichlich Kalorien verbrennen lassen. Wenn er also das eine Paar Schüblinge noch essen würde, dann hätte er immer noch eine für ihn positive Kalorienbilanz. Er wollte sich die Wurst aber noch aufheben.
    Etwa eine Stunde später meldete sich sein Magen bereits. Es war kurz vor halb acht und die Hitze des Tages hatte einem lauen Sommerabend Platz gemacht. Kluftinger stieg aus dem Wagen und besah sich die Landschaft: Bis zum Bauernhof mochten es etwa fünf- bis sechshundert Meter sein. In seinem Rücken, etwa fünfzig Meter entfernt, befand sich ein kleines Waldstück. Die Wiesen zwischen dem

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