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Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Milchgeld: Kluftingers erster Fall

Titel: Milchgeld: Kluftingers erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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zahllosen Telefonaten mit dem benachbarten Revier, die er im Laufe seiner Dienstzeit geführt hatte.
    Sein Gegenüber lächelte: »Genau der.«
    »Das freut mich jetzt aber, dass ich Sie endlich mal persönlich kennen lerne«, sagte Kluftinger ehrlich. Es war für ihn immer ein ganz besonderes Vergnügen, Menschen zu sehen, von denen er bislang nur die Stimme kannte. Nicht nur aus Neugierde. Vielmehr, weil er in diesem Bereich nur über eine begrenzte Vorstellungskraft verfügte. Es fiel ihm schwer, von einer Stimme auf das Aussehen eines Menschen zu schließen. Meistens stellte er sich die Menschen wie irgendjemanden vor, den er kannte.
    Genau wie beim Radio. Für den überzeugten Bayern-1-Hörer sahen alle Radiosprecher aus wie Günther Koch. Er wusste eben nicht, wie die Leute beim Radio aussahen, während er Koch schon des öfteren im Fernsehen gesehen hatte. Auch Telefonstimmen belegte er gern mit dem Gesicht der fränkischen Reporter-Legende.
    »Na, enttäuscht?«, fragte Schmied, der Kluftingers musternden Blick bemerkte.
    »Aber nein, ganz im Gegenteil. Also ich meine, nicht im Gegenteil … ich meine, ich freu’ mich einfach«, antwortete der Kommissar etwas verlegen, weil er seinen Kollegen so angestarrt hatte.
    Wie der Koch sieht der nicht aus, dachte er bei sich. Schmied war klein und wenn Kluftinger, der selbst nicht zu den ganz Großen gehörte, so etwas von einem Menschen behauptete, hieß das schon etwas. Zudem trug er einen dichten Schnauzbart und seinen Kopf zierte eine Tonsur, eine Glatze mit dunklem Haarkranz, die ihn eher an Walter Sedlmayer als an Kochs graues kurzes Resthaar erinnerte. Auch die Leibesfülle seines Memminger Kollegen war entsprechend. Sollte er ihn länger nicht mehr sehen, würde er ihn sich von nun an wohl als den bayerischen Schauspieler vorstellen, dachte Kluftinger.
    »Lassen Sie uns gleich fahren«, sagte er und legte eine Hand auf Schmieds Schulter, um ihn zum Wagen zu führen. Er ging normalerweise bei fremden Menschen erstmal auf Distanz, aber bei Schmied war das anders. Er war ihm sofort sympathisch. Er hatte das Gefühl, ihn schon lange zu kennen. Und irgendwie stimmte das ja auch.
    Als Schmied die hintere Tür zu Kluftingers Passat öffnete, stieg er nicht ein, sondern blieb vor dem Wagen stehen und blickte den Kommissar etwas unsicher an.
    »Ist was?«, fragte der, blickte in den Wagen und erkannte das Problem: Die Trommel lag immer noch im Fond, die Sitze waren umgeklappt.
    »Oh, Entschuldigung. Das ist meine Trommel, die wollt ich eigentlich schon lange rausräumen«, erklärte der Kommissar denn für Schmied war nicht erkennbar, was da so Platz raubend unter der Decke im Wagen lag.
    »Steigen Sie doch schon mal vorne ein, ich setze mich nach hinten«, sagte der Kommissar.
    Er schob die Trommel soweit es ging auf die andere Seite, klappte einen der Rücksitze notdürftig nach hinten und zwängte sich in den Wagen. Eigentlich kniete er mehr, als dass er saß.
    »Sollen wir nicht vielleicht doch lieber einen unserer Wagen nehmen?«, fragte Schmied besorgt beim Anblick der anatomisch ungünstigen Haltung seines Kemptener Kollegen.
    »Nein, geht schon«, log Kluftinger und schob schnell nach, um das Thema abzuschließen: »Maier – Herr Schmied, Herr Schmied – Maier.« Maiers Blick, der den Mund verzog, weil er bei der Vorstellung nur den Memminger Kollegen mit »Herr« tituliert hatte, sah er nicht. Dazu hätte er schon freien Blick auf den Rückspiegel haben müssen, in seiner momentanen Stellung war das aber unmöglich.
    Kluftinger war froh, dass sie schon nach wenigen Minuten das Auto in der Nähe des Memminger Rathauses wieder abstellten. Die Hitze hatte seine unbequeme Lage nicht gerade komfortabler gemacht. Er faltete sich aus dem Rücksitz und strich seine Kleidung glatt. Heute abend räum’ ich das Ding endlich raus, nahm er sich fest vor.
    »Wir haben seine Wohnung genau überwacht. Er ist weder | rein- noch rausgekommen«, informierte ihn Schmied. »Wenn Sie mich fragen, ist der gar nicht da. Auch am Fenster hat sich niemand gezeigt.«
    »Wird beim Arbeiten sein«, vermutete Kluftinger.
    »Würde mich wundern«, entgegnete Schmied. »Wo er doch Lehrer ist und wir gerade …«
    »… Sommerferien haben«, vollendete Maier den Satz.
    Schmieds irritierten Blick beantwortete Kluftinger mit einem angedeuteten Kopfschütteln.
    »Wissen Sie irgendwas über Lutzenberg?«
    »Also in unseren Akten taucht er nirgends auf, das haben wir schon

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