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Milchrahmstrudel

Milchrahmstrudel

Titel: Milchrahmstrudel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mehler Jutta
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nachdenken – in aller Ruhe. Geh jetzt nach Hause und komm morgen wieder. Vielleicht geht mir bis dahin ein Licht auf.«
    Fanni zögerte.
    Luise sah sie fragend an.
    »Ich mache mir Sorgen um dich«, bekannte Fanni. »Was, wenn ›der Kerl‹ wiederkommt?«
    Luise lachte. »Er hat ja wohl, was er wollte. Und inzwischen wird er auch wissen, dass ich zum Pflegepersonal kein Wort von einem Überfall gesagt habe. Weshalb also sollte er zurückkommen?«
    Fanni legte ihr die Hand auf den Arm. »Entferne dich keinen Millimeter von der Klingel«, bat sie.
    Luise tätschelte ihr die Finger. »Was soll mir denn passieren? Dass der Kerl wieder auftaucht und mich totschlägt? Das lohnt doch den Aufwand nicht.«
     
    Für den Hinausweg nahm Fanni nun doch wieder die Hintertreppe. Sie öffnete die Stahltür, die auf den Parkplatz führte, und lief unter dem von Betonsäulen gestützten Vordach, wo die Parkplätze für die hauseigenen Fahrzeuge der Katherinenresidenz ausgewiesen waren, auf ihren Wagen zu, den sie auf dem Areal für Besucher abgestellt hatte.
    Hinter einer der Säulen bemerkte sie Bewegungen. Das erschien ihr nicht ungewöhnlich; die Schwestern pflegten ihre Zigarettenpäuschen im Schutz der Säulen zu verbringen. Meist standen sie zu zweit oder dritt an den rauen Beton gelehnt beieinander und pafften.
    Als sie auf Höhe der Säule war, warf Fanni automatisch einen Blick seitwärts. Wer sich wohl heute Nachmittag hier zusammengefunden hatte? Vielleicht Schwester Monika, Schwester Else und die kleine pummelige Angestellte aus der Verwaltung, die immer so hohe Absätze trug, dass Fanni fürchtete, das Mädel würde sich gleich beide Beine brechen. Oder Huber vom sozialen Dienst und Schwester Inge …
    Schwester Inge! Fanni ging langsamer und sah scharf hinüber. Sie hätte sich gern ein wenig mit Schwester Inge unterhalten, war ihr aber heute noch nicht über den Weg gelaufen.
    Verdattert blieb Fanni stehen, als sie entdeckte, wer sich tatsächlich hinter der Säule befand. Hastig gab sie vor, in ihrer Umhängetasche nach den Autoschlüsseln zu kramen, die sie in Wirklichkeit längst in der Hand hielt, und warf dabei forschende Blicke auf die beiden Personen, die eng zusammenstanden und sich gedämpft unterhielten.
    Drei Schritte nach rechts brachten Fanni näher an die Säule, doch längst nicht nah genug, als dass sie etwas von dem Gespräch hätte verstehen können.
    Da nahm sie kurz entschlossen die Hand mit den Autoschlüsseln aus der Umhängtasche, bemühte sich, eine möglichst unbefangene Miene zur Schau zu tragen, und ging auf die beiden zu.
    »Aber ja, meine Hübsche«, hörte sie Heimleiter Müller zu Verena sagen und beobachtete, wie er ihr liebevoll über die Wange strich. »Nur geh jetzt schnell wieder an deine Arbeit, sonst wird Hanno unangenehm«, fügte er hinzu, bevor er sich umdrehte und sich Fanni gegenübersah.
    Verenas Bemerkung »Der Hanno is a bleder oider Grantlhauer« schien er nicht mehr zu registrieren, denn er sagte bereits: »Frau Rot, wie nett. Sie haben wohl wieder Ihre Tante besucht. Geht es ihr gut?«
    Fanni nickte und honorierte seine neuerliche Fürsorge mit einem knappen »Danke«.
    Könnte es sein, dachte sie, dass Müller Verenas Liebhaber ist? Derjenige, von dem niemand etwas wissen darf? Derjenige, der sie neulich versetzt hat?
    Müller, Verenas Brötchengeber? Nennt man so etwas nicht Unzucht mit Abhängigen?
    »Ah, Ihr Wagen steht ja direkt neben dem meinen«, rief Müller, fasste sie sachte am Ellbogen und lenkte sie zu den Parkplätzen außerhalb der Überdachung.
    Ein Blick zurück zeigte Fanni, dass Verena an die Säule gelehnt stehen geblieben war. Der Putzkittel war weit aufgeknöpft und hing wie eine Stola über ihren abgewinkelten Armen.
    Was für ein hübsches Bild. Jeder Modefotograf würde sich die Finger lecken!
    »Sie sieht so traurig aus heute«, sagte Fanni mit einer Geste zu Verena hin.
    »Liebeskummer«, lächelte Müller. »Sie ist so ein armes Schäfchen.« Er entriegelte sein Auto und sagte beim Einsteigen: »Leider bin ich ausgesprochen in Eile. Ein Termin bei Gericht steht an. Aber ich hoffe, dass wir alsbald erneut zusammentreffen. Wie gern würde ich mich mal ein wenig länger mit Ihnen unterhalten.« Plötzlich tippte er sich an die Stirn. »Roland Becker! Ich habe Sie ja noch gar nicht über die weitere Entwicklung informiert. Da sich trotz gründlichster Nachforschungen kein Hinweis ergeben hat, dass Roland Becker vergangenen Mittwoch im Hause war,

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